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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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am
Fluß gesehnt. Also hat sie Chrysis beauftragt, ihren
Sänftenträger zu rufen, ein paar Sachen einzupacken, und
husch, weg waren die beiden, verschwunden in einer Staubwolke. Sie
hat mich gefragt, ob ich mitkommen wolle, doch ich habe ihr
erklärt, daß ich zu verzweifelt sei und dringend Trost
brauchen würde. Ha!« Sie stieß ein gellendes
Lachen aus, was erneut ihre strahlend weißen Zähne zum
Vorschein brachte. »Da ich also im Haus zurückgeblieben
bin, hat Clodia mich gebeten, dir etwas auszurichten, falls du
zufällig vorbeikommen solltest. Ich soll dir und deinen«
- sie bedachte Belbo und mich mit einem gelangweilten Blick, als ob
sie uns erst jetzt bemerken würde - »Freunden sagen,
daß ihr zum Fluß hinunterkommen und sie dort treffen
sollt. Ist das deutlich genug?« 
    »Ja,
danke«, sagte Trygonion höflich. Er drehte sich um und
eilte mit den längsten Schritten, die seine kurzen Beine ihm
erlaubten, davon.
    »Schneide ihnen
die Eier ab, und du siehst, was für eine Plage sie werden«, murmelte
die Frau zwischen zusammengebissenen Zähnen und schlug
achselzuckend die Tür zu.
    »Eine
schreckliche Frau!« sagte Trygonion, als Belbo und ich ihn
eingeholt hatten.
    *
    »Nicht so
schnell«, beschwerte ich mich. »Wer ist
sie?«
    »Nur eine
Nachbarin. Niemand. Eine Base oder so. Ich habe kein Geld für
ein Sänfte, du etwa? Naja, ich nehme an, wir können
genausogut laufen.«     
    Das taten wir denn
auch. Als wir den Hang des Palatins hinabwanderten, über die
Viehmärkte und die Brücke am westlichen Ufer, erwog ich
mehrmals, Trygonion zu erklären, daß ich meine Meinung
geändert hätte und umkehren wollte. Was hatte ich
schließlich hier zu suchen: herbeizitiert von einer Frau,
deren Bekanntschaft ich bisher tunlichst gemieden hatte, um eine
Angelegenheit zu besprechen, von der ich mich ausdrücklich
distanziert hatte! Gib Kybele die Schuld, dachte ich, als ich ihrem
Priester samt seinem entschlossen emporgereckten Sonnenschirm
folgte.
    Es galt als Zeichen
von Wohlstand und gutem Geschmack, einen Flecken Grün am Ufer
des Tibers zu besitzen. Solche Grundstücke sind manchmal wie
eine Kreuzung aus einem Garten und einem Park, die Besitzer selbst
nennen sie horti. Normalerweise gehört irgendein Gebäude
zu dem Grundstück - manchmal nicht mehr als eine schlichte
Unterkunft mit Quartieren für den Gärtner und ein paar
Gästen, manchmal ganze Paläste. Die Anlagen selbst sind
teils verwildert, teils kultiviert, je nach Größe des
Grundstücks, den Vorlieben des Eigentümers und den
Fertigkeiten seines Gärtners; Wiesen mit hohen Gräsern
und waldige Abschnitte wurden immer wieder von Rosengärten,
Fischteichen, Brunnen und gepflasterten, von Statuen gesäumten
Wegen unterbrochen. Clodias horti lagen vergleichsweise nahe am
Zentrum. Vor hundert Jahren war die Umgebung wahrscheinlich noch
ländlich gewesen, doch seitdem hatte sich die Stadt gewaltig
ausgedehnt. Es war ein wirklich beneidenswertes
Flußgrundstück, das sich vermutlich schon seit
Generationen im Besitz der Familie befand.
    Die Aura hohen Alters
wurde durch das Anwesen selbst noch verstärkt, das an diesem
so warmen und windstillen Tag wie ein Ort wirkte, an dem die Zeit
schon seit langem stehengeblieben war. Der direkte Zugang erfolgte
über einen langen, schmalen Weg, der von wuchernden
Berberitzen gesäumt wurde, die über dem Pfad zu einem
schützenden Dach zusammengewachsen waren. Der tunnelartige Weg
mündete auf eine breite Weide, auf der zwei Ziegen grasten,
die bei unserem Erscheinen zu blöken begannen. Auf der anderen
Seite der Weide stand, fast völlig verborgen in einer
Baumgruppe, im rechten Winkel am Fluß ein langes, schmales,
mit roten Ziegeln gedecktes Haus mit einem Säulengang, der
sich über die gesamte Vorderseite erstreckte. Die offene Wiese
strahlte eine genauso private Atmosphäre aus wie ein von
Mauern umgebener Garten in der Stadt, denn sie war nach allen
Seiten durch hohe Zypressen und majestätische Eiben
abgeschirmt.
    »Sie wird nicht
im Haus sein«, sagte Trygonion, »aber wir können
trotzdem einen Blick hineinwerfen.«
    Wir überquerten
die Wiese und traten in den Schatten der Säulenhalle.
Trygonion klopfte an die nächstgelegene Tür, bevor er sie
aufstieß, über die Schwelle trat und mir und Belbo ein
Zeichen machte, ihm zu folgen. Jedes Zimmer des langgestreckten
Hauses ging in das folgende über, gleichzeitig hatte jedes
Zimmer noch eine Außentür, so daß man die
Länge des Hauses entweder

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