Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
Vom Netzwerk:
Einer von denen. Das ist an sich nichts Schlimmes, aber ein
Mann sollte den Finger vom Besitz seines Gastgebers lassen. Mehr
werde ich dazu nicht sagen.« An seiner Miene erkannte ich,
daß es ihm ernst war.
    »Du hast gesagt,
Dios Sklave wäre eines natürlichen Todes gestorben. Woran
denn?«
    »Woher soll ich
das wissen?«
    »Aber ein Tod im
Haus -«
    »Nur der Tod
eines Sklaven, dazu noch eines Sklaven, der nicht einmal mir
gehörte.«
    »Irgendjemand
muß doch die Symptome bemerkt haben.«
    »Glaubst du, ich
würde jedesmal einen teuren, griechischen Arzt rufen, wenn ein
Sklave Bauchschmerzen hat? Täglich werden irgendwo Sklaven
krank, und manchmal sterben sie halt.«
    »Dann kannst du
nicht ausschließen, daß es Gift war. Das glaubte
zumindest Dio.«
    »Dio hat eine
Menge geglaubt. Hatte eine lebhafte Phantasie - auf jeden Fall ein
besserer Philosoph als Historiker.«
    »Wenn mir
trotzdem jemand aus dem Haus schildern könnte, wie der Sklave
genau gestorben ist und worüber er vor seinem Tod geklagt hat

    Der Ausdruck auf
Lucceius’ Gesicht ließ mich innehalten. Er starrte mich
eine Weile an und runzelte die buschigen Brauen über seinen
funkelnden Augen. »Wer hat dich hierher
geschickt?«
    »Das würde
ich lieber für mich behalten.«
    »Es war
jedenfalls nicht Cicero, oder?«
    »Ich komme als
ein Freund Dios.«
    »Willst du damit
sagen, daß ich das nicht war? Hinaus!«
    »Ich will nur
die Wahrheit über Dios Tod herausfinden. Wenn du wirklich sein
Freund wärst -«
    »Hinaus! Los,
geh. Raus! Ab mit dir!« Lucceius ergriff einen Stylus und
schwenkte ihn wie einen Dolch, während er mit wütendem
Blick zusah, wie ich zur Tür ging. Ich ließ ihn,
über seine Pergamentrollen ärgerlich vor sich hin
murmelnd, zurück.
    Der Sklave, der mich
hereingeführt hatte, wartete im Flur, um mich wieder
hinauszugeleiten, doch bevor wir die Halle erreicht hatten, trat
uns eine Frau von wahrhaft gewaltigen Körpermaßen in den
Weg.
    »Geh,
Cleon«, sagte sie zu dem Sklaven. »Ich werde unseren
Gast selbst hinausbegleiten.« Dem Ton ihrer Stimme nach war
sie ganz offensichtlich die Herrin des Hauses, und aus der
unterwürfigen Art, wie der Sklave zurückwich,
schloß ich, daß sie nicht zu dem Typ römischer
Matrone zählte, die ihren Sklaven große Freiheiten
gewährte.
    Lucceius’ Frau
war genauso häßlich wie ihr Mann, obwohl sie ihm
überhaupt nicht ähnlich sah. Statt buschiger Augenbrauen
hatte sie nur zwei dünne gemalte Linien über ihren Augen.
Vielleicht war ihr Haar so weiß wie seines, wenn sie es nicht
mit Henna rot gefärbt hätte. Sie trug eine wallende
grüne Stola und eine Kette aus grünen Glasperlen, dazu
passende Ohrringe. »Du bist also Gordianus der Sucher«,
sagte sie unvermittelt und musterte mich streng. »Ich habe
gehört, wie der Sklave dich meinem Mann gemeldet
hat.«
    »Was hast du
sonst noch gehört?« fragte ich.
    Sie schien meine
Offenheit zu schätzen. »Alles. Wir sollten uns
unterhalten.«
    Ich sah mich
um.
    »Keine
Sorge«, sagte sie, »in diesem Haus gibt es keine
heimlichen Lauscher. Sie würden es nicht
wagen.«
    Ich folgte ihr nur in
einen anderen Flügel des Hauses, doch ich hätte
genausogut eine andere Welt betreten können. Während
Lucceius’ Arbeitszimmer ein karges Museum aus
Kriegstrophäen und verstaubten Dokumenten war, waren die
Gemächer seiner Frau mit kunstvoll bestickten Vorhängen
und kostbaren Objekten aus Glas und Metall extravagant dekoriert.
Eine lange Wand wurde vom Gemälde eines blühenden Gartens
geschmückt, alles in blassen Grün-, Gelbund
Rosetönen gehalten. 
    »Du hast meinen
Mann getäuscht«, meinte sie trocken.
    »Er dachte, ich
käme von Cicero. Ich habe ihm nur nicht
widersprochen.«
    »Das
heißt, du hast ihn lediglich glauben lassen, was er glauben
wollte. Ja, das ist die beste Art, mit Lucius umzugehen. Er hat
dich nicht vorsätzlich angelogen, mußt du wissen. Er ist
fest davon überzeugt, daß sich in diesem Haus nichts
Übles ereignet hat. Lucius hat Schwierigkeiten mit der
Wahrheit. Wie die meisten Männer«, fügte sie leise
hinzu. Sie ging im Zimmer umher, nahm dieses und jenes in die Hand
und stellte es wieder ab.
    »Bitte, sprich
weiter«, sagte ich.
    »Der
äußere Schein ist Lucius wichtiger als die Tatsachen.
Die Vorstellung, daß ein Gast seines Hauses oder auch nur der
Sklave eines Gastes unter seinem Dach vergiftet worden sein
könnte, ist für ihn undenkbar. Also ist es einfach nicht
passiert, verstehst du? Lucius würde nie

Weitere Kostenlose Bücher