Römischer Lorbeer
im Leben etwas
anderes zugeben.«
»Aber ist es
denn nicht passiert?«
Sie trat an einen
kleinen Tisch, auf dem eine Reihe identischer Tonfiguren stand. Sie
ergriff eine von ihnen und spielte damit herum. »Wer hat dich
hergeschickt, um Fragen zu stellen?«
»Wie ich deinem
Mann schon erklärt habe, bin ich ein Freund
Dios.«
Sie schnaubte
verächtlich. »Laß nur. Ich kann auch so erraten,
wer dich geschickt hat.«
»Tatsächlich?«
»Clodia. Habe
ich recht? Mach dir nicht die Mühe zu antworten. Ich kann dein
Gesicht ebensogut lesen wie das von Lucius.«
»Wie konntest du
das nur erraten?«
Sie zuckte mit den
Schultern und ließ die kleine Figur zwischen Daumen und
Zeigefinger kreisen. Es war eine Votivstatue von Attis, dem
Eunuchen und Begleiter der Großen Mutter, Kybele; auf dem
Kopf trug er eine rote phrygische Kappe mit abgerundeter, nach vorn
fallender Spitze, die Hände hatte er auf seinen fülligen
Bauch gelegt. »Wir haben Methoden, unser Wissen zu
teilen.«
»Wir?«
»Wir
Frauen.«
Ich spürte ein
Kribbeln im Rückgrat und hatte das Gefühl, das gleiche
Gespräch schon einmal geführt zu haben - mit Bethesda
nämlich, als sie mir erzählt hatte, daß Clodia und
Caelius kein Paar mehr wären und ich sie gefragt hatte, woher
sie das wissen wollte: Wir haben Methoden, unser Wissen zu teilen.
Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich den Schimmer einer
Erkenntnis, als hätte sich mir eine Tür gerade so weit
aufgetan, daß ich einen Blick in ein unvertrautes Zimmer
werfen konnte. Dann sprach sie weiter, und die Tür fiel wieder
zu.
»Es gibt gar
keinen Zweifel, daß Dios Sklave vergiftet wurde. Du
hättest den armen Kerl sehen sollen. Wenn Lucius die Augen
offengehalten hätte, anstatt wegzusehen, als der Mann starb,
würde ihm seine glatte Erklärung von der
»natürlichen Ursache« nicht so leicht über
die Lippen kommen. Aber Lucius war schon immer feige. Er kann seine
kleinen Berichte darüber schreiben, wie beim Fall von Karthago
Frauen aufgespießt und Kinder in Stücke gehackt wurden,
doch den Anblick eines sich übergebenden Sklaven erträgt
er nicht.«
»War das eines
der Symptome?«
»Ja. Der Mann
wurde weiß wie Marmor, und sein Körper begann heftig zu
zucken.«
»Aber wenn der
Sklave sich vergiftet hat, als er das Essen kostete, das für
Dio bestimmt war, wie ist das Gift dann in das Essen
gelangt?«
»Es wurde
natürlich von Küchensklaven hineingetan. Ich glaube, ich
weiß, von wem.«
»Ja?«
»Von Juba und
Laco. Die beiden Burschen führen ständig etwas im
Schilde; sie sind gerissener, als für sie selbst gut ist.
Haben davon geträumt, sich eines Tages freizukaufen. An jenem
Nachmittag muß Juba sich aus dem Haus geschlichen haben. Ich
habe ihn nämlich beim Zurückkommen erwischt. Als ich ihn
zur Rede stellte, versuchte er, sich dumm zu stellen und mit den
üblichen verlogenen Ausflüchten von Sklaven
herauszureden. Er sagte, er wäre auf dem Markt gewesen, um
etwas zu besorgen, ich weiß nicht mehr was, und hielt zum
Beweis einen kleinen Beutel hoch. Diese Tollkühnheit!
Wahrscheinlich war es das Gift. Später ertappte ich ihn, wie
er Laco in der Küche etwas zuflüsterte, und fragte mich,
was sie vorhatten. Sie waren auch diejenigen, die das Gericht
zubereitet haben, das Dios Sklaven getötet
hat.«
»Dio hat mir
erzählt, daß dein Mann an jenem Tag Besuch
hatte.«
»Von Publius
Asicius. Er wurde später beschuldigt, Dio in Coponius’
Haus erstochen zu haben, obwohl man es beim Prozeß nicht
beweisen konnte. Ja, er kam her, um Lucius zu besuchen, etwa zur
selben Zeit, als Juba sich kurz aus dem Haus geschlichen hat. Aber
ich glaube nicht, daß Asicius das Gift gebracht hat, wenn du
das denkst. Er ist nicht einmal in die Nähe der
Küchensklaven gekommen.«
»Aber vielleicht
sollte er deinen Mann beschäftigen und ablenken, während
Juba aus dem Haus ging und das Gift von jemand anderem erhalten
hat.«
»Welch lebhafte
Phantasie!« meinte sie trocken.
»Wo ist Juba
jetzt? Würdest du mich mit ihm sprechen
lassen?«
»Das würde
ich, aber er ist weg. Juba und Laco sind weg.«
»Wohin?«
»Nach dem Tod
seines Vorkosters war Dio ziemlich aufgebracht. Er hat geschrien
und getobt und verlangt, Lucius solle feststellen, welche Sklaven
versucht hätten, ihn zu vergiften. Ich wies auf das
verdächtige Verhalten von Juba und Laco hin, doch Lucius
wollte von der Andeutung, daß Gift im Spiel gewesen sein
könnte, nichts wissen. Trotzdem entschied er ein
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