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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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getragen wurden, war die
Illusion, daß sie nackt war, bisweilen geradezu unheimlich
real, bis sie sich plötzlich wieder bewegte, woraufhin das
Kleid ein Eigenleben entwickelte, als ob der schimmernde Stoff,
durch ihre Berührung erregt, sie an den verborgenen Stellen
ihres Körpers liebkosen wollte.   
    Die Kabine war so
konstruiert, daß sie eben blieb, auch wenn die Tragestangen
selbst schräg gehalten wurden, doch ich bemerkte trotzdem,
daß wir den steilen Abstieg über den Westhang des
Palatin zum Forum Boarium angetreten hatten. Die
Straßengeräusche wurden lauter, als wir den großen
Viehmarkt überquerten. Die verstopften Straßen zwangen
die Träger zu diversen Stops, und der Geruch von
geröstetem Fleisch und lebenden Tieren mischte sich mit dem
Duft von Clodias Parfüm. Der Bann in der Kabine löste
sich, und ich hatte das Gefühl, aus einem Traum zu
erwachen.
    »Wohin geht die
Fahrt?« fragte ich.
    »Zu einem Ort,
an dem wir uns vertraulich unterhalten
können.«
    »Zu deinen horti
am Tiber?«
    »Du wirst schon
sehen. Erzähl mir, was du heute herausgefunden
hast.«
    Während wir den
Viehmarkt hinter uns ließen und durch ein Tor in der alten
Stadtmauer zum Forum Holitorium, dem großen Gemüsemarkt,
kamen, erzählte ich ihr, was ich in den Häusern von
Lucceius und Coponius erfahren hatte. Mein Bericht war
geschäftsmäßiger und vorsichtiger als der, den ich
Eco gegeben hatte; schließlich bezahlte sie mich nicht
dafür, Dios sexuelle Gewohnheiten zu erkunden.
    »Wie du siehst,
wäre es schwierig, Caelius wegen des Mordes an Dio
anzuklagen«, sagte sie. »Man konnte schon Asicius das
Verbrechen nicht nachweisen, und wahrscheinlich würde es einem
mit Caelius genauso ergehen, obwohl jeder weiß, daß die
beiden Komplizen waren. Der Giftanschlag ist der Schlüssel.
Aber du hast recht, Lucceius würde seinen Sklaven nie erlauben
auszusagen. Eher würde er sie töten lassen, als durch ein
öffentliches Gerichtsverfahren das Gesicht zu verlieren. Was
für ein Heuchler! Ein wahrer Gastgeber würde doch wollen,
daß das Verbrechen an seinem Gast gerächt wird, anstatt
so zu tun, als wäre es nie geschehen.« Sie bewegte sich,
und mir war, als würde ihr Körper noch mehr Wärme
ausstrahlen als vorher. »Ich frage mich, ob wir Lucceius
irgendwie überlisten können, mir die beiden Sklaven zu
verkaufen?«
    »Das wäre
möglich«, sagte ich, »ist aber nicht
wahrscheinlich.«
    »Dann
könnte ich ihnen befehlen auszusagen. Das Gericht würde
natürlich darauf bestehen, daß ihre Aussage durch die
Folter erzwungen wird, womit es meiner Kontrolle entzogen
wäre…«     
    »Bin ich
gekommen, um mögliche Strategien zu erörtern? Trygonion
hat sich gebärdet, als drohe unmittelbare Gefahr. Er sagte
irgendwas von Gift…« Ich schob einen Vorhang beiseite
und warf einen Blick über den Markt. Händler verkauften
gerupfte Hühner und Bündel von frühem
Spargel.
    Clodia legte einen
Finger auf ihre Lippen. »Wir sind fast da.«
    Wenig später
hielt die Sänfte an. Ich dachte, wir würden in einem weiteren Stau
feststecken, bis ich spürte, wie die Sänfte zu Boden
gelassen wurde. Chrysis sprang auf, um die Vorhänge zu
öffnen. Sie zog einen Kapuzenumhang hervor und breitete ihn
schlicht über ihre Herrin. Ich blieb, wo ich war, unsicher, ob
ich folgen sollte. Wir befanden uns offenbar am Fuß des
Südwesthangs vom Capitol, am Rand der Gemüsemärkte
und noch fast im Zentrum der Stadt. Welche Vertraulichkeit konnte
dieser Ort bieten?
    Chrysis lehnte sich in
die Kissen zurück. Sie lächelte und sah mich aufforderd
an. »Nur zu! Nicht so schüchtern. Du bist nicht der
erste Mann, der mit ihr durch dieses Tor geht.«
    Ich stieg aus. Clodia
wartete, in ihren Umhang gehüllt, auf mich. Als sie mich sah,
drehte sie sich um und ging rasch auf eine hohe Backsteinmauer zu,
die ein Stück Land am felsigen Fuß des Capitols zu
umgeben schien. In die Mauer war eine Holztür eingelassen,
für die sie einen Schlüssel hervorzog. Die Scharniere
quietschten, als sie die Tür aufstieß. Ich folgte ihr
hinein, und sie schloß die Tür hinter uns.
    Wir standen inmitten
von Gräbern aus verwittertem Marmor, verziert mit Platten und
Inschriften, gemeißelten Tafeln und Statuen. Zypressen und
Eiben erhoben sich aus dem Marmor. Die hohe Mauer schloß die
geschäftige Stadt hinter uns aus. Der schroffe Hang des
Capitols ragte in den blauen Himmel.
    »Es gibt in der
ganzen Stadt keinen abgeschiedeneren Ort«, sagte
Clodia.
    »Wo

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