Roemisches Roulette
hast mit ihr geschlafen.” Ekel stieg in mir auf, und ich hatte das Gefühl, um mich herum bräche alles zusammen. “Du hast mit Kit geschlafen. Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass du das wirklich getan hast.”
Er sagte nichts.
“Und dann hast du sie umgebracht.”
Nick kniff die Augen zusammen. Noch immer schwieg er.
Als ich zu wimmern begann und mich wieder auf seinen Schreibtischstuhl setzte, öffnete er die Augen und kam auf mich zu. Er kniete vor mir nieder. Sein Gesicht war tränenüberströmt.
“Rachel, es tut mir unendlich leid. Ich wollte nicht, dass du jemals von Kit erfährst. Sie war der dümmste Fehler meines Lebens. Ich habe sie angerufen, als ich in Napa war. Ich wollte nur Hallo sagen.”
“Wieso hast du
meine
Freundin angerufen?”
Er zuckte die Achseln. “Ich weiß es nicht. Ich war in Kalifornien, genau wie sie. Ich wollte nur Hallo sagen.”
“Du hast sie schon immer attraktiv gefunden.”
Er schüttelte den Kopf. “Vielleicht, aber ich habe sie ohne Hintergedanken angerufen. Zumindest habe ich mir das eingeredet. Und dann hat sich herausgestellt, dass sie auch in Napa ist. Sie hat dort einen Werbefilm für einen Autohersteller gedreht. Also haben wir uns auf einen Drink verabredet und …”
“Und du hast mit ihr geschlafen. Mit meiner besten Freundin.” Ich lachte bitter. Dann schluckte ich und musste wieder weinen.
Nick schlang die Arme um meine Beine, wie ein Mann, der sich an eine Rettungsboje klammerte. “Rach, hör mich an. Es war nur eine Woche. Eigentlich nur ein paar Nächte. Ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Ich habe mir deswegen die schwersten Vorwürfe gemacht. Und wir, na ja, wir haben doch darüber gesprochen.”
Ich starrte ihn an. “Richtig, mal sehen, ob ich noch zusammenkriege, was du in der Therapie gesagt hast: Du warst ein bisschen gelangweilt, stimmtଁs?”
Er sagte nichts.
“Und du dachtest, du bräuchtest mal wieder etwas Aufregendes. War es nicht so?”
Wieder keine Antwort. Nur ein schmerzerfüllter Ausdruck auf seinem Gesicht. Normalerweise erweichte es mir immer das Herz, wenn ich Nick so sah; selbst wenn er es eigentlich verdient hatte zu leiden. Aber in dem Moment war es eine wahre Genugtuung für mich.
Ich zog meine Beine weg. “Aufregend genug war es ja wohl, oder? Immerhin hast du die beste Freundin deiner Frau gevögelt, musstest sie dafür bezahlen und am Ende sogar umbringen.”
“Herrgott noch mal, Rachel! Wie gesagt: Das war der größte Fehler meines Lebens. Sie hat mich erpresst. Ich habe ihr etwas Geld gegeben. Und dann wurde ich es leid. Ich habe ihr gesagt, sie soll bleiben, wo er Pfeffer wächst, und dann habe ich es dir gebeichtet.”
“Du hast mir eine Affäre gebeichtet! Aber du hast vergessen zu erwähnen, dass sie mit meiner besten Freundin stattfand!”
“Ich weiß. Und es tut mir leid.” Seine Stimme brach fast. Er räusperte sich. “Ich liebe dich über alles, Rach. Ich wollte dich nicht verlieren. Ich wusste, du würdest mich verlassen, wenn du erfährst, dass es Kit war, und den Gedanken konnte ich nicht ertragen.”
Ich musste daran denken, dass ich nach meiner Rückkehr aus Rom genau dieselben rationalen Gründe vorgeschoben hatte – ich liebte Nick so sehr, und unsere Ehe würde nicht auch noch meine Untreue aushalten. Also hatte ich ihm nichts gesagt. Als es am Abend von Kits verhängnisvollem Besuch schließlich herausgekommen war, hatte er mir vergeben. Jedoch nur, weil er noch immer sein eigenes dunkles Geheimnis mit sich herumtrug.
“An jenem Abend”, sagte ich, “hast du sie geschubst.”
Seine Miene verhärtete sich. “Ich bin nicht traurig, dass sie nicht mehr da ist.”
“Du hast sie
ermordet
, Nick.” Natürlich, das hatte ich schon vorher gewusst; ich war immerhin auch auf dem Balkon gewesen. Doch ich hatte es vorgezogen, Nicks Geschichte von der Selbstverteidigung zu glauben. Ich hatte eine alternative Wahrheit erschaffen, die besser in mein Weltbild passte.
Nick zuckte bei meinen Worten nicht zusammen. Er hielt meinem Blick stand, und ich meinte, einen gewissen Stolz in seinen Augen zu sehen.
Dann ließ er den Kopf leicht hängen. “Ich wusste doch gar nicht, dass sie kommen würde. Ich habe sie ja schließlich nicht hergelockt.”
“Dann war es wohl einfach eine gute Gelegenheit?”, sagte ich fassungslos.
“Überleg doch mal: Ich war zu Tode erschrocken, als ich erfahren habe, dass sie dich ebenfalls erpresst. Ich hatte es so satt. Ich habe mich in die Wut
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