Roemisches Roulette
wisst schon: Tuuut, tuuut!”
Es herrschte betretenes Schweigen, das glücklicherweise von Valeries weicher, kultivierter Stimme durchbrochen wurde. “Was Trev in seiner wenig subtilen Art fragen will, ist: Werden wir bald das Getrippel kleiner Füßchen hören?”
Nick und ich lächelten einander zu. Getrippel war genau das, was wir uns immer gewünscht hatten. Sogar doppeltes Getrippel. Doch Nicks Affäre und unser anschließender Drahtseilakt über dem Abgrund der Untreue hatten die Planungen einschlafen lassen. Seitdem sprachen wir nicht mehr darüber. Aber ich wollte nach wie vor Kinder. Und nicht nur das: Ich wollte sie mit Nick. Einen kleinen Jungen, der sein liebevolles Wesen, und ein kleines Mädchen, das seinen wachen Verstand erben würde. Meine Kinder sollten unbedingt Nicks lockiges Haar und seine Sommersprossen haben.
Unter dem Tisch drückte Nick meine Hand und ich erwiderte den Druck. Damit besiegelten wir eine unausgesprochene Entscheidung.
“Ja”, antwortete Nick. “Wir hoffen, schon bald Kinder zu bekommen.”
“Auf viele kleine Engel”, sagte Valerie und hob ihr Glas auf ein Neues.
“Auf kleine Engel!”, stimmten die anderen mit ein.
Nick und ich prosteten uns zu. Noch immer hielten wir einander bei der Hand, und in mir stieg diese freudige Erwartung auf, die man immer verspürt, wenn man unmittelbar vor einem neuen und wunderbaren Lebensabschnitt steht.
Meine Stimmung wurde allein durch einen Blick in meine Handtasche gedämpft. Denn da sah ich das rot blinkende Display meines Telefons:
Kit ruft an.
* * *
Ich werde bald schwanger sein.
Am Tag nach der Dinnerparty konnte ich an nichts anderes denken. Hoffentlich wäre es bald so weit. Wer wusste das schon? Nach der vergangenen Nacht standen die Chancen, bereits schwanger zu sein, gar nicht mal schlecht.
Bei dem Gedanken musste ich lächeln. Geistesabwesend bestrich ich die Hähnchenbrustfilets mit Olivenöl. Das war Nicks Lieblingsspeise beim Grillen. Im Kühlschrank standen schon eine Pfanne mit gefüllten Pilzen und ein Salat bereit, die nur darauf warteten verzehrt zu werden. Nick käme bald nach Hause. Dann würden wir den Einbruch in der diesjährigen Hitzekurve nutzen, den Augustabend gemütlich in unserem Gärtchen verbringen und uns über passende Vornamen unterhalten.
Das Telefon klingelte. Wahrscheinlich Nick. Doch irgendetwas veranlasste mich, vor dem Abnehmen aufs Display zu sehen.
Kit.
Ich deckte das Hühnchen ab und nahm den Anruf entgegen. “He Kit”, begrüßte ich sie.
“Mit Alain und mir ist es aus.”
“Oh nein.” Die Vermutung lag nahe, dass seine Unzuverlässigkeit der Grund für den Bruch war. Aber ich behielt diesen Gedanken für mich.
“Oh doch.”
“Das tut mir leid. Ehrlich.”
“Tja, er ist abgesprungen, als es ernst wurde. Wie so viele andere Leute auch. Wo wir gerade beim Thema sind: Warum hast du mich eigentlich nicht zurückgerufen?” Ihr Tonfall war genauso feindselig wie gestern auf der Mailbox.
Ich holte Luft und sah durchs Küchenfenster, hinüber zu dem kleinen Weidenbaum in unserem Garten, unter dem ein Tisch stand. Einen Moment war ich versucht zu sagen, ich sei beschäftigt gewesen, doch ich wollte Kit nichts vorgaukeln. “Ehrlich gesagt hatte ich nach deinen Nachrichten keine Lust mehr mit dir zu sprechen.”
Schweigen.
“Ich weiß, wie viel du durchmachst”, fuhr ich fort, “aber du brauchst trotzdem nicht so mit mir zu reden.”
“Willst du mich veralbern?”
“Nein, warum? Kit, ich bitte dich doch nur, etwas freundlicher zu sein. Ich möchte ja für dich da sein, aber du machst es mir nicht gerade leicht.”
Sie lachte. Ein Außenstehender hätte darin das melodische Lachen einer schönen Frau gehört, aber ich kannte Kit zu genau. Es war voller Hohn, und sie sparte es sich normalerweise für Leute auf, die sie für erbärmliche Schauspieler hielt.
“Du bittest mich freundlicher zu sein?”, sagte sie.
“Ja, ich …”
“Du bittest
mich?”
, unterbrach sie mich. “Dann sag ich dir jetzt mal was: Ich bin diejenige, die von deiner Affäre in Rom weiß.”
Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich hörte das Rumpeln der Garagentür. Nick war zu Hause. “Was hast du gesagt?”
“Du hast mich genau verstanden.”
Ich sah, wie Nick den BMW in die Garage fuhr. Das Herz schlug mir bis zum Hals.
“Vergiss das lieber nicht”, fügte Kit noch hinzu. Dann legte sie auf.
Es dauerte zwei Tage, bis ich die Wut und den Schrecken verarbeiten konnte, die Kits
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