Roemisches Roulette
dir nicht gedroht. Ich habe dich nur an eine Sache erinnert, von der ich nun mal zufällig weiß.”
In ihren Augen lag etwas Garstiges. Ein Ausdruck, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er machte mir Angst.
Ich nahm das Kleid und meine Handtasche und löste mich von Kits Blick. “Bis morgen hast du es.”
Als wir nach dem Abendessen in der Küche Ordnung machten, war Nick bester Laune. “Die Sprechstundenhilfe hat mir also gesagt, der erste Patient käme um acht und insgesamt wären es zwanzig”, plapperte er munter drauflos. Draußen dämmerte es bereits, aber unser Haus war hell erleuchtet.
“Und?”, fragte ich, während ich die Arbeitsplatte abwischte. Ich wusste, dass es Nick Spaß machte, Klinikgeschichten zu erzählen. Er war glücklich über seinen Erfolg in der Praxis und den fachlichen Respekt, den seine Kollegen ihm zollten.
“Dann hat die OP-Schwester angerufen und gesagt, meine erste Operation sei um Viertel nach acht und insgesamt wären es fünf Operationen.” Wieder lachte er und trocknete dabei eine Bratpfanne ab. “Stell dir das mal vor!”
“Aber du hast es geschafft”, meinte ich und freute mich mit ihm.
“Ich habe Miller angerufen und gesagt: Irgendjemand muss mich unterstützen. Und dann habe ich noch gesagt, dass ich wahrscheinlich noch mehr Rückendeckung brauche, wenn du erst mal schwanger bist.”
“Das hast du nicht gesagt.”
Er legte das Geschirrtuch auf den Tisch und umarmte mich von hinten. “Vielleicht ist es ja schon so weit?”
Seit dem Abendessen bei den Weatherbys Anfang der Woche hatten wir nicht mehr verhütet und jeden Tag miteinander geschlafen. “Könnte sein”, erwiderte ich.
“Wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen.” Nick strich mir das Haar zu Seite und küsste meinen Nacken. Sein Körper drückte meinen gegen die Arbeitsplatte, sodass ich mich leicht nach vorn beugen musste.
Das Telefon auf der Küchenzeile klingelte. Die Anruferkennung verriet:
Katherine Kernaghan, Mobil.
“Wer ist dran?”, raunte mir Nick ins Ohr.
“Kit.” Plötzlich packte mich die Angst, dass er abnehmen würde,
nur um hallo zu sagen
, und sie ihm alles erzählen würde.
“Ich muss kurz mit ihr sprechen”, sagte ich deshalb.
Nick stöhnte und biss mir sanft ins Ohrläppchen. “Aber beeil dich.” Dann machte er sich daran, das nächste Glas abzutrocknen.
“Hi Kit”, sprach ich in den Hörer. Ich gab mir Mühe, fröhlich und unbeschwert zu klingen. Immerhin war Nick im Raum und konnte alles mithören.
“Warum hast du mir heute das Geld nicht gegeben?”
“Es gab im Büro viel zu tun.” Das stimmte, war jedoch nicht der einzige Grund für diese Verzögerung: Immer wieder hatte ich darüber nachgedacht, ob ich Nick von Roberto erzählen und Kit zur Hölle schicken sollte. Doch Nick und ich waren momentan so glücklich. Und hoffentlich bald auch stolze Eltern. Wenn ich unsere Ehe jetzt mit dieser Sache erschütterte, stünden wir wieder am Anfang. Und dieser Anfang könnte für uns schlimmstenfalls das Ende bedeuten.
“Ich brauche das Geld”, insistierte Kit.
“Ja, das sagtest du bereits.”
“Du bist ein kluges Mädchen. Mach mich nur nicht wütend, ich warne dich.”
Am liebsten hätte ich gesagt: So, wie du mich wütend machst? Doch Nick stand immer noch unmittelbar neben mir. Also schwieg ich.
“Sieh mal, Rachel, ich habe nichts und du hast alles. Mein Gott, kapierst du das denn nicht? Du hast ein Traumhaus und einen Traummann, der sogar die Gläser für dich wegräumt.”
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah Nick, der gerade ein funkelndes Weinglas in das obere Fach des Küchenschranks stellte.
“Wo bist du?” Ich blickte aus dem Fenster über der Spüle, das zum Garten raus lag. Draußen war es inzwischen stockfinster. Jeder konnte sich dort ungesehen aufhalten.
“Es ist fast wie Kino.”
Mein Herz pochte laut. Ich hörte, wie Nick hinter mir eine Schublade öffnete und mit lautem Scheppern die Silbergabeln einräumte.
“Ich könnte ja kurz vorbeikommen”, fuhr Kit fort, “und Nick ein paar Schoten aus Italien erzählen.”
“Nein, tu das nicht.”
Ich sprach laut, und Nick lachte. “Was soll sie nicht machen? Will sie sich wieder mit dem Franzosen treffen?”
Ich drehte mich schnell zu ihm um und schenkte ihm ein falsches Lächeln. Belüg ihn nicht, dachte ich. Nicht schon wieder. “Kit will am Goodman Theater vorsprechen. Aber es ist ein öffentliches Vorsprechen, und
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