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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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kein Wort miteinander wechselnde Eltern, aber wer konnte sich das schon aussuchen? “Das tut mir leid”, fügte ich hinzu. Überflüssige Worte.
    “Wir schaffen das schon.” Kit schüttelte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dieses gewellte rotbraune Haar war eines von Kits Attributen, die die Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen automatisch auf sie lenkte. Nicht nur Männer starrten sie an, sondern auch die Frauen. Kits Haar war zugleich mondän und feurig. Merkmale, auf die viele Frauen neidisch waren.
    “Meine Güte, sieh dir die mal an.” Mit einer Kopfbewegung deutete Kit zu einer extrem schlanken, auffällig gestylten Italienerin, die gerade die Piazza überquerte. Sie trug ein schwarzes Minikleid und dazu ein pinkfarbenes Halstuch. Ihr schwarzes Haar war zu einem festen Knoten geschlungen und sie klackerte in zehn Zentimeter hohen Stilettos im Fischgrät-Look an uns vorbei. Das tückische Kopfsteinpflaster ließ sie völlig unbeeindruckt.
    “Was meinst du?”, fing Kit an. “Die arbeitet bestimmt in der Werbung. Oder in der Modebranche.”
    “Sie könnte auch Sekretärin sein. Hier putzen sich sogar die Staatsdiener raus wie Filmstars.”
    “Okay, aber ihr Mann hat Geld. Sie ist auf jeden Fall verheiratet.”
    Beide spähten wir auf die linke Hand der Frau und sahen einen Diamantring, der selbst aus dieser Entfernung riesig aussah. “Volltreffer”, staunte ich.
    Kit liebte dieses Spiel: das Leben anderer Leute erraten und sich dann so intensiv wie möglich in sie hineinversetzen. Auf diese Weise war sie zur Schauspielerei gekommen.
    Kit wandte sich wieder mir zu. “Wo wir gerade von der Ehe sprechen: Wie geht es Nick?”
    “Gut. Glaube ich.”
    “Glaubst du?” Vor Sorge wurden ihre Augen schmaler.
    Nick hatte im vergangenen Jahr während eines einwöchigen Mediziner-Seminars im kalifornischen Napa eine Affäre gehabt und es mir Monate später gebeichtet. Er legte sein Geständnis an einem Dienstagabend ab. Ich schnitt gerade eine Tomate für den Salat. Es war exakt 20.07 Uhr. Ich weiß das so genau, weil ich das Messer in der einen Hand hielt und die große Tomate in der anderen, als mich der auslaufende Tomatensaft plötzlich an Blut erinnerte und mir der Vergleich widerlich und makaber erschien. Also warf ich einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle und überlegte, ob die Zeit bis zu Nicks Heimkehr noch ausreichen würde, um uns etwas anderes zu zaubern, etwas Freundlicheres wie Spinatsalat.
    Ich hatte zwar nicht die Haustür gehört, dafür jedoch das Knarren einer Bodendiele in unserem alten Haus in der Bloomingdale Avenue. Nick kam in die Küche, verbarg das Gesicht hinter den makellosen Chirurgenhänden und fing so bitterlich an zu weinen, dass ich dachte, jemand sei gestorben. Er habe keine Ahnung, warum er es getan habe, schluchzte er. Er könne nur sagen, dass er etwas Neues gewollt, ja:
gebraucht
habe. Er habe es wie einen hartnäckigen Juckreiz gespürt. Aber nun sei das einzig Neue der Hass, den er für sich selbst empfinde. Während seines Geständnisses stand ich vollkommen reglos da. Als ich die Sprache wiederfand, flehte ich ihn an, es möge nur eine Nacht gewesen sein. Eine Nacht könne ich irgendwie verkraften. Nick schüttelte nur den Kopf und weinte noch mehr.
    Ich warf ihn für drei Monate aus dem Haus. Meine Nerven lagen blank. Die banalsten Dinge brachten mich zum Weinen. Während dieser Zeit wurde mir klar, dass Untreue viel mehr ist als nur der physische Akt. Natürlich kann man das Körperliche nicht ignorieren. Die abstoßende Vorstellung von Nick, zusammen mit einer anderen Frau – ihre sich küssenden Lippen, die miteinander verschmolzenen Körper – verfolgte mich, ließ mich sogar mit vor den Mund gehaltener Hand auf die Toilette laufen, wie in einem schlechten Film. Obwohl ich versuchte, solche Gedanken zu verscheuchen, malte ich mir die Bilder geradezu zwanghaft bis ins Detail aus. Ich stellte mir die Frau als hinreißend vor, mit glänzendem honigfarbenem Haar und einem sportlichen braungebrannten Körper. Seltsamerweise half das, weil es Nicks Verhalten irgendwie Weise verständlich machte. Er war von einer atemberaubenden Schönheit geködert worden – von einer großen blonden Frau, die völlig anders war als ich, die zierliche Dunkelhaarige.
    Sie war nichts Besonderes, versicherte Nick mir mindestens hundertmal. Nur irgendjemand, den er in einem Restaurant in Napa getroffen habe. Er wisse, dass es seine Schuld war, nicht ihre, aber dennoch hasse er sie

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