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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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gar nichts sagen. Sie sind nur …”
    “Ich sage die Wahrheit.”
    “So wie Sie glauben, sie gesehen zu haben.”
    “Ja, genau.”
    “Und genau das sollten Sie auch tun.”
    “Tja. Schauen Sie, ich hätte mich gern aus dem ganzen Mist rausgehalten. Aber die sind zu mir gekommen.”
    Ich verspürte den Drang, mich zu entschuldigen. Doch ich nickte nur.
    Sag ihm, dass er sich irrt, dachte ich. Überzeug ihn davon, dass er nicht gesehen hat, wie Nick Kit gestoßen hat. Aber da öffneten sich bereits die Fahrstuhltüren auf seiner Etage, und Sawyer Beckman stieg schnell aus.
    “Bis dann”, rief er mir flüchtig über die Schulter zu.
    Zuvor war ich Sawyer in diesem Gebäude noch nie begegnet. Der Komplex war so riesig, und es lebten so viele Menschen mit so unterschiedlichen Tagesrhythmen dort, dass es neben dem Wachmann nur eine Handvoll anderer Leute gab, die ich regelmäßig traf. Das nächste Mal würde ich Sawyer Beckman möglicherweise erst im Zeugenstand sehen.
    “Ja”, sagte ich, als sich die Türen wieder schlossen. “Bis dann.”
    An einem Dienstagmorgen, genau eine Woche nach unserer Verhaftung, bestätigte die Grand Jury die Mordanklage der Staatsanwaltschaft. Weder wir noch unsere Anwältin durften dabei sein – eine Vorschrift, die mir absurd erschien. Aber die einst so klaren Grenzen zwischen Richtig und Falsch waren während der vergangenen Wochen mehr und mehr verschwommen. Noch nie zuvor waren diese Begriffe so schwer für mich zu fassen gewesen.
    “Und was nun?”, wollte ich von Sharon wissen, als sie uns die Nachricht am Telefon überbrachte.
    “Der Termin für die Eröffnung des Hauptverfahrens steht fest. Da müssen Sie beide auftauchen und nur zwei Worte sagen: Nicht schuldig. Das Ganze findet nächste Woche Donnerstag statt. Klingt doch gut, oder?” Sie sagte das in einem so lockeren, aufmunternden Tonfall, als wollte sie mich an meinen Zahnarzttermin erinnern.
    “Ja, danke.” Ich versuchte, durch ihre Fröhlichkeit nicht verletzt zu sein.
    “Normalerweise sage ich meinen Mandanten, sie sollen schon mal den Anzug ausbürsten, aber bei Ihnen ist das ja nicht nötig”, kicherte sie. “Ihnen und Ihrem Mann braucht man nicht zu erklären, wie man sich angemessen kleidet.”
    Unsicher, wie diese Bemerkung gemeint war, dankte ich ihr einfach für das Kompliment und legte auf. Dann fragte ich mich, in welches Kostüm ich wohl noch reinpasste. Entschlossen stand ich auf. Ich wollte endlich mal wieder aus dem Haus gehen und mir etwas Neues zum Anziehen kaufen.
    Ich hätte mir gewünscht, eine Freundin zu haben, die ich anrufen könnte. Sollte ich vielleicht Valerie Renworth fragen? Vor nicht allzu langer Zeit war sie immerhin der Mensch gewesen, mit dem ich gerne einkaufen ging; die Frau, mit der ich Was-soll-ich-nur-anziehen-Debatten geführt hatte. Ich hatte Nick zwar gesagt, die Renworths seien keine wahren Freunde, doch ich hoffte trotzdem mich zu irren. Sie verhielt sich auf ihrer Party etwas eigenartig, aber womöglich hatte Nick recht, als er sagte, sie sei wahrscheinlich von unserem Kommen überrascht gewesen. Und jetzt sehnte ich mich nach weiblicher Gesellschaft. Nach jemandem, mit dem ich Klamotten anprobieren konnte, jemand, der sich meine Gerede über Ultraschalluntersuchungen, Kindersitze und Kinderwagen anhörte.
    Mindestens eine Minuten starrte ich das Telefon an, ehe ich mich dazu durchrang, es einfach zu riskieren. Ich wählte Valeries Nummer. Das Kindermädchen hob ab. “Ich glaube, sie ist hier irgendwo”, sagte die Frau.
    Kurz darauf war eine atemlose Valerie am Hörer. “Hallo?”
    “Valerie, hier ist Rachel Blakely.”
    Stille. Absolute Stille. Dann endlich: “Oh, Rachel. Hallo.” Kein
Wie geht es dir?
, kein
Schön von dir zu hören.
Mir war sogleich klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte.
    Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich musste etwas sagen. “Wie geht es euch?”
    “Ach, das Übliche. Du weißt ja, wie das ist. Ich räume die Kinderzimmer auf, und dann ist da ja noch die Weihnachtsfeier des Ausschusses. Du glaubst gar nicht, wie aufwändig die Vorbereitungen sind.”
    Ich konnte mich nicht daran erinnern, eine Einladung zu dieser Party erhalten zu haben. Nicht, dass es mich interessiert hätte. Nicht die Spur. Das war Nicks Kuschelprojekt. Warum also fühlte ich mich so angegriffen?
    “Da hast du sicherlich viel um die Ohren”, erwiderte ich. “Ich war nur gerade auf dem Weg zu Bloomie’s, um mir ein neues Kostüm zu kaufen, und habe

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