Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
nicht, wie mächtig die Hexe ist. Denkt daran, Feuer ist unsere wichtigste Waffe! Natürliches und magisches Feuer. Lasst nicht zu, dass sie sich verwandelt, in Tiergestalt sind sie schwieriger zu fassen. Tötet sie, wenn es sein muss, aber besser ist es, sie lebendig zu fangen, damit wir ihre Absichten aus ihr herausfoltern können. Und nun auf! Wir müssen Roen Orm beschützen, vor der Dunkelheit, vor Verderbnis und Tod! Für Ti!“ Rynwolf riss seine Fackel hoch über den Kopf und brüllte die beiden letzten Worte in den nächtlichen Himmel.
„Gepriesen sei der Herr!“ Alle Priester stießen ihre Fackeln in die Höhe und antworteten auf den rituellen Ruf zum heiligen Kampf für den Sonnengott.
„Für Ti!“
„Wir wandeln im Licht!“
„FÜR TI!“
„Durch Finsternis und Untergang!“
„FÜR TI! FÜR TI! FÜR TI!“
„TIIIIIIII!“
Janiel stimmte in diesen Chorus mit ein, ließ sich fortreißen von der Gewalt der Stimmen, der entfesselten Emotionen. Keine Zweifel, keine hadernden Gedanken hinderten ihn mehr, in diesem Moment wäre er ohne zu zögern auf jedes Schlachtfeld dieser Welt geschritten und hätte gekämpft bis zum letzten Blutstropfen in seinen Adern.
Inani hörte die heranmarschierenden Priester. Es war nicht die Art der Söhne des Lichts, ihr Tun zu verbergen, sie schlichen sich nicht heran oder versuchten, ihren Feind leise zu umzingeln. Nein, die Geweihten beschränkten sich darauf, die Nebelpfade um ganz Roen Orm zu bannen und einige Sucher darauf auszurichten, jede Regung starker Erdmagie aufzuspüren. Es gab nicht viele Ti-Priester, die diese suchende Luftmagie beherrschten, zu sehr verließ man sich auf die Macht des Feuers.
Rynwolf vergeudet das Erbe der Weisheit, das ihm überliefert und anvertraut wurde. Politik, Macht, Gold, daran fesselt er sich, genau wie Garnith vor ihm. Es wird Zeit, die Bruderschaft der Lichtsöhne von Roen Orm zu erneuern. Aber das ist nicht meine Aufgabe.
Inani wartete geduldig. Es dauerte lange, bis ihr großes Anwesen vollständig umstellt war, ein lückenloser Ring aus Fackelträgern schloss sich um das Haus. Bedächtig rückten die Priester näher, intonierten dabei rituelle Gesänge und Gebete. Sie lächelte, als heiße Schauer über ihren Rücken jagten. Die Feuermagie ihrer Feinde war schmerzhaft.
Gut so.
Er war hier. Janiel war dort draußen, er kämpfte gegen sie.
Gut so.
Zeit, ihre Mühen zu belohnen, sie warten …
Inani hatte ihr kostbares Seidenkleid fortgeworfen, es hatte seinen Dienst getan, als sie den Händler fast um den Verstand gebracht hatte. Er war ein nützliches Opfer gewesen, nur allzu bereit, alles zu glauben, was sie ihm vorgaukelte. Auf sein Geheiß hin war fast die gesamte Priesterschaft der Stadt zu ihr geeilt – seit Ylankas Todestanz war Rynwolf vorsichtiger geworden.
Hier im Haus konnten die Priester nicht geeint zuschlagen, und ihre Feuermagie nutzte ihnen weniger, als sie glauben wollten. Wenn sie selbst jede Vorsicht vergaß, könnte sie die Söhne Tis dieser Stadt fast vollständig auslöschen. Sie würde dabei sterben, im Todestanz, aber wie viele würde sie mitnehmen! Vielleicht würde das noch irgendwann geschehen, möglicherweise sogar heute Nacht.
Inani eilte in die große Halle hinunter, ihr hautenges schwarzes Ledergewand raschelte bei jedem Schritt. Sie hatte tagelang an diesem Kleid gearbeitet, bis es sowohl lasziv genug war, um sie wie eine Verkörperung düsterer Sünde aussehen zu lassen als auch praktikabel genug, damit sie ungehindert kämpfen konnte. Wenn sie still stand, umschloss das Leder ihren Körper, sodass es beinahe züchtig wirkte. Bei jeder Bewegung doch enthüllte es ihre sehnigen Beine, gaben raffinierte Einschnitte den Blick frei auf nahezu jeden Flecken Haut, den sie besaß. Ihr Haar floss leuchtend rot über Schultern und Rücken, ein weiteres Schmuckstück ihres kunstvollen Arrangements, mit dem sie Angst und Aberglauben in den Priestern schüren wollte. Die Halle war leer, abgesehen von ein paar hässlichen Ölgemälden und Bronzestatuen von irgendwelchen Vögeln. Die verblichene Gräfin hatte einen scheußlichen Geschmack besessen, zumindest für Inanis Begriffe. Es hatte Inani mühevolle Stunden gekostet, die schweren weißen Möbel zu zerschlagen und hinauszuschaffen, all die lächerlichen Tische, Stühle und Vitrinen, mit denen dieser wunderbare riesige Raum vollgestopft gewesen war. Eine solch ideale Kampfstätte so zu verschandeln, diese Adligen!
Inani summte müßig vor sich hin,
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