Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
ihn. Alle Priester, die auf sie eindringen wollten, erstarrten in der Bewegung.
„DU GEHÖRST MIR!“ Inani sprang über die Köpfe all derer hinweg, die ihr im Weg standen und landete katzengleich vor dem jungen Geweihten. Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Rynwolf alle anderen zurück befahl. Ein dichter Ring aus Fackelträgern schloss sich um sie und Janiel.
Die Falle war vollendet.
Fauchend hob sie den Stab, sah zufrieden, wie Janiels Hände entschlossen den Schwertgriff packten, wie er es schaffte, Hass und Angst zurückzudrängen.
„Ich habe dich gesucht“, flüsterte sie in sein Bewusstsein, während Holz und Metall aufeinander schlugen.
„Du wirst sterben, Hexe!“
„Das liegt allein in deiner Hand. Ich habe dich gesucht.“
„Um mich zu vernichten? Willst du mich mit in den Untergang reißen?“
Wie müde er klang. Es schien, als wäre der Tod kein Schrecken mehr für diesen von Zweifeln zerrissenen Mann.
„Ich wollte nie deinen Tod, sonst hätte ich ihn dir gebracht. Ich will dich leuchten sehen, Sohn des Lichts, sonst nichts.“
Inani musste sich doppelt anstrengen, um sich von dem zögernden Geweihten in die Defensive drängen zu lassen und dabei auszusehen, als würde sie mit aller Kraft gegen ihn kämpfen.
Fluchend riss sie den Stab zur Seite, um nicht versehentlich seine Nase zu zertrümmern.
„Nun kämpf doch endlich! SCHLAG ZU! Wenn du mich besiegen willst, hör auf wie ein kleines Mädchen mit deinem Zahnstocher herumzufuchteln!“, brüllte sie ihn geistig an.
„Wehre dich gegen ihre Stimme! Ich spüre, dass sie versucht dich mit ihrem Gift zu besiegen, schlag sie nieder, Janiel!“, rief Rynwolf in diesem Moment.
Gereizt, ohne nachzudenken schleuderte Inani einen Wurfdolch in Richtung des Erzpriesters, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er traf einen anderen Geweihten, der röchelnd zu Boden sank. Ob es der Anblick des sterbenden Priesters oder irgendetwas anderes war: Janiels Wut erwachte und erstickte alle Zweifel. Endlich begann er zu kämpfen, und er war gut. Schnell fand sich Inani in tatsächlicher Bedrängnis, kraftvoll und geschickt nutzte er die Vorzüge seiner Waffe, die zwar kürzer als ihr Kampfstab war, doch dafür kontrollierter geschlagen werden konnte. Sie vergaß die Priester, die Fackeln, die bannenden Zauber, sie vergaß die Nähe ihrer Freundinnen und alle Pläne dieser Nacht. Es gab nur noch sie und Janiel, die Waffen, die wie Teile ihrer Körper waren, sein Wille, der sich gegen sie
richtete, ihr Wille, der den seinen verschlingen wollte. Vor, zurück, vor, blitzende Klinge, singendes Holz, einatmen, ausatmen.
Endlich kam, worauf sie gewartet hatte: Janiel schlug eine brillante Attacke, der sie sich freudig ergeben konnte. Gerade noch verhinderte sie, dass sein Schwert sich in ihre Flanke versenkte, die scharfe Schneide biss lediglich in ihren Arm und ritzte über ihre Hüfte. Der Stab fiel zu Boden. Gewandt sprang sie zurück, außer Reichweite seines sofort folgenden tödlichen Schlags, stolperte dann gezielt in Rynwolfs Arme. Ihr Plan ging auf: Der Erzmagier griff nach ihr, schnürte mit Luftmagie ihre Kehle zu. Noch während sie der dunklen Umarmung der Ohnmacht entgegenstürzte, suchte sie Janiels Blick.
„Ich bin dein …“
14.
„Besser, das Richtige und Gute zu versuchen, zu scheitern und Übel in die Welt zu bringen als nichts zu tun und das Übel, das bereits in der Welt ist, zu tolerieren.“
Zitat aus: „Hinter dem Thron“, von Arelt von Roen Orm, Erzpriester des Ti
„Tu es!“, befahl Rynwolf. Seine Stimme war ruhig, doch unter der dünnen Schicht Selbstbeherrschung war sein Zorn, seine Ungeduld deutlich fühlbar.
„Du hast es geschworen, Janiel. Geschworen, die Bestien der Dunkelheit zu bekämpfen, mit allen Mitteln. Geschworen, die Menschen zu beschützen, egal, was es kostet. Erfülle diesen Schwur. Wenn du mir beweisen willst, dass du ein wahrhaftiger Sohn des Lichts bist, ein würdiger Priester und Diener Tis, dann tue es.“
Mit Nachdruck legte er den Eisenstab in Janiels Hände und trat zurück, die Arme vor der Brust verschränkt.
Janiel schluckte hart, griff aber gehorsam zu seiner Magie und brachte die Spitze des Stabes zum Glühen.
Ich kann das nicht!, dachte er verzweifelt. Er wusste, was von ihm erwartet wurde, er hatte es bereits gesehen. Auf Bildern, in detailliert beschriebenen Büchern, und auch mit seinen eigenen Augen. Er sollte das glühende Eisenstück zwischen Inanis Schenkel stoßen.
„Verbrenne die Grotte der
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