Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
Ilat nicht in Roen Orm angreifen, daran sind wir Elfen viel zu lange gescheitert. Erst wenn dein Bruder den Schutz seiner Stadt verlässt, kannst du gegen ihn antreten.“
„Wir brauchen mehr Informationen“, mischte Inani sich ein, die das geistige Zwiegespräch mit anhören konnte. „Jemand muss herausfinden, wo Ilat beginnen wird, ob Cero wirklich seinem Onkel folgt, welche Allianzen geschlossen, welche Bündnisse gebrochen werden, ob die Provinzfürsten wirklich umgebracht oder gefangen genommen werden sollen, ob Bestechungsgelder fließen, welche Waffen und Truppenstärken Ilat zur Verfügung hat. All so etwas eben. Ohne diese Informationen sind uns die Hände gebunden. Wir brauchen einen fähigen Spion. Jemand, dem Ilat und Rynwolf vertrauen.“
Gleichzeitig starrten sie zu Janiel hinüber, der ahnungslos schlief.
„Es wäre gefährlich für ihn“, flüsterte Inani, stand auf und setzte sich zu ihm auf das Bett. Der sehnsuchtsvolle, schmerzliche Ausdruck in ihrem Gesicht berührte Thamar so sehr, dass er zu ihr ging und sich vor ihr niederkniete. Behutsam ergriff er ihre Handgelenke und drehte sie so, dass Janiels Name in flammenden Lettern zu sehen war.
„Bist du deshalb dabei, dich aufzugeben?“, fragte er leise.
„Er hat den Bund geschlossen, aber nicht zu mir gefunden“, wisperte sie. „Es ist ein uraltes Hexenritual. Wer Feuer und Erde beherrscht – was selten ist –, kann einen Menschen an sich binden. Sein Schicksal mit dem eigenen verschmelzen. Selbst, wenn dieser Mensch die Hexe hasst, die ihm das antut, kann sie ihm das aufzwingen. Doch dafür muss sie einen Teil ihrer Seele geben, ihres eigenen Seins. Wenn ihr Erwählter bereit ist, den Bund zu vollenden, dann gibt er einen Teil seines Selbst zurück, und beide werden eins. Dafür muss er nicht unbedingt eigene Magie besitzen, nur die Bereitschaft, sich seelisch mit ihr zu vereinen. Weigert er sich, muss die Hexe sterben, langsam, qualvoll, denn ihr fehlt ein Stück ihrer Lebenskraft und dazu all das, was sie begehrte … Nur wer bereits Liebe für den erwählten Menschen empfindet, kann ein solches Ritual wirken. Ich habe ihn schon lange geliebt, ohne dass es mir bewusst war … Janiel hat den Bund mit mir geschlossen, aber das bedeutet nicht, dass er mich liebt oder an meiner Seite leben will. Wir folgen demselben Schicksalspfad, solange wir auf dieser Erde wandeln, kann niemand uns trennen, auch die Götter nicht. Doch das bedeutet immer noch keine Gemeinsamkeit.“
Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie Thamar anblickte. „Ich werde ihn zu nichts mehr zwingen, nur noch warten und hoffen. Warten auf die nächste Begegnung. Hoffen, dass sie gut sein wird.“
„Er liebt dich, Inani“, sagte er leise.
„Woher willst du das wissen?“
„Er hat es gesagt. Er war bereit, mit deinem Namen auf den Lippen zu sterben. Du musst nicht mehr hoffen, es ist bereits alles in Ordnung.“ Thamar presste ihre Rechte gegen seine Wange. „Hier, sieh in meine Erinnerung, damit du es glaubst.“ Er schauderte unter der geistigen Berührung, als sie behutsam in sein Bewusstsein eindrang, um die Erinnerung mit ihm gemeinsam zu durchleben.
Sie schloss ihn in die Arme und klammerte sich an ihn, während sie ungehemmt zu weinen begann. Thamar hielt sie fest, tröstete sie, so gut er konnte. Er wunderte sich nicht, als plötzlich das Pantherweibchen zu seinen Füßen hockte und sich gegen Inanis Beine rieb. Corins Taube gesellte sich zu ihnen, als Zeichen, dass auch diese Freundin an ihrer Seite war, sich nur nicht aufdrängen wollte. Wo war die Kyphra?
„Er ist tot“, wisperte Inani schluchzend an seiner Schulter, die wohl seinen suchenden Blick bemerkt hatte. „Hexentiere haben besondere Kräfte und ein langes Leben, aber unsterblich werden sie nicht. Er ist in meinen Armen gestorben, vor acht Tagen. Ich vermisse ihn so sehr …“
Wortlos drückte er sie an sich, streichelte beruhigend über ihren Kopf, bis sie, lange Zeit später, aufhören konnte zu weinen.
„Ich könnte mir einen neuen Kyphra-Gefährten suchen“, flüsterte sie. „Doch ich wage es nicht. Nicht jetzt, wo sich so vieles verändert, die ganze Welt Kopf steht. Wie soll ich einen neuen Seelenbund eingehen, wenn ich nicht weiß, was mich morgen erwartet? Wo ich nächste Woche sein werde? Und mein Herz bereits so gefangen ist …“ Sie drehte sich ein wenig, um Janiels schlafende Gestalt zu betrachten.
„Was ist mir ihr?“, fragte Thamar zögernd, und wies zur Leopardin
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