Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
Angst davor, was das sein wird.“
„Wir müssen sehr vorsichtig sein. Du passt auf mich auf, ich auf dich, gemeinsam halten wir all unsere Feinde im Blick, und Kythara wird auch da sein.“
Sie umarmten sich, gaben sich gegenseitig Halt und Trost. Sie wussten nur zu genau, was alles auf dem Spiel stand, was sie alles verlieren oder gewinnen konnten, ohne wirklich Einfluss auf den Verlauf zu haben.
~*~
Die Elfe lag still auf ihrem Lager, die Hände auf der Brust gefaltet. Nur die langsamen Atemzüge bewiesen, dass sie noch lebte. Sie war so glücklich in der Zwischenwelt, sie wollte sich nicht der Wirklichkeit stellen.
„Maondny, wach auf, es wird Zeit.“ Fin Marla beugte sich über ihre Tochter, die nun die Augen aufschlug. Tränen liefen über das Gesicht der Königin, und auch Maondny begann zu weinen.
„Ich weiß, es ist soweit. Doch nun, da der Moment gekommen ist, habe ich Angst“, schluchzte sie und klammerte sich an ihre Mutter.
„Fürchte dich, Kind. Solange du noch Angst empfindest, bist du eine Elfe. Möge der Tag niemals kommen, an dem du nichts mehr fürchtest, nicht die Götter, nicht dein Versagen. Aber nun geh. Mein Herz ist bei dir.“
Plötzlich zuckte Maondny zusammen, drehte den Kopf, als hätte sie etwas gesehen.
„Was ist?“, fragte Fin Marla besorgt.
„Schon gut, Mutter, nur ein Windhauch.“ Der vertraute goldene Schimmer legte sich über Maondnys Bewusstsein, sie lächelte in die Richtung, in der sie ihren Geliebten gespürt hatte.
Es hat begonnen.
15.
„Magie ist keine Kraft, die in uns ruht. Es ist die Fähigkeit, Energie aus den Mustern der Welt zu ziehen, sie an sich zu binden und für sich nutzbar zu machen. Je mehr Magie man bindet, desto stärker die Wirkung, aber desto größer die Gefahr, innerlich zu verbrennen. Ein Magier braucht also drei Fähigkeiten: Bindungsfähigkeit, Mut und die Kraft, Schmerz zu ertragen.“
Notiz eines Sonnenpriesters, Verfasser unbekannt
„So allein?“
Osmege erwartete sie bereits, doch damit hatte Ledrea gerechnet. Der Dunkle Orn war nicht selbst anwesend, nicht körperlich, denn sowohl ihr Fluch als auch die Magie der Famár verhinderten dies. Er hatte sie gefunden, und wenn sie zu schwach sein sollte, wenn ihr Fluch nicht bewirkte, was sie sich erhofft hatte, dann würde er sie zu einer Verlorenen machen. Ihre Seele mit in den Abgrund ziehen. In diesem Fall wären auch Pera, Jordre und Chelsa verloren, denn Osmege würde dadurch Ledreas gesamtes Wissen und alle Erinnerungen besitzen.
„Fürchtest du mich?“, fragte er, als Ledrea schwieg. „Du konntest mir einmal entkommen, Elfe. Ich erinnere mich an dich. Deine Familie ist bei mir, willst du dich nicht mit ihnen vereinen?“ Sanft und lockend sprach er, wie zu einem verängstigten Kind.
„Meine Familie wird sich mit mir vereinen, sobald du vernichtet und ihre Seelen befreit sind, Osmege“, erwiderte Ledrea und setzte sich entspannt in die Schlinge einer tödlichen Rankpflanze. Ihre Magie trennte Osmeges Bewusstsein von dieser Pflanze, sorgte dafür, dass aus ihr wieder ein harmloses Gewächs wurde, das schuldlos von einem Baum herabhing. Sie stieß sich vom Boden ab und schaukelte in der Schlinge, nicht wild, wie sie es früher als kleines Elfenmädchen getan hatte, sondern bedächtig, beinahe majestätisch.
„Du forderst mich heraus, Elfe, warum?“ Chimären sammelten sich, Ledrea hatte ihrem Feind gezeigt, wo sie sich genau befand. Keine der wimmelnden, abscheulichen Kreaturen konnte ihr allerdings nahe kommen, Ledreas Macht hielt sie auf Abstand.
„Nun, Osmege, ich kann es, genau deshalb tue ich es auch“, rief sie lachend und schaukelte fröhlich über das Chaos zu ihren Füßen hinweg. Ihr langes Haar streifte offen über den Boden, die Kreaturen versuchten es zu packen, doch keine Klaue, keine Schere, keine einzige Pranke konnte nach ihr haschen.
„Wenn du es kannst, warum erst jetzt? Warum hast du mich nicht schon viel früher herausgefordert? Hattest du Angst, Elfe? Angst, mir zu begegnen?“
„Natürlich hatte ich Angst, Osmege. Ich hatte mehr zu verlieren als mein Leben oder meine Seele, aber davon verstehst du nichts.“
„Oh, ich verstehe sehr gut, Ledrea. Glaube nicht, dass ich Liebe nicht verstehen könnte!“, zischte er wütend. „Es war Liebe, die mich an der Seite meines Bruders hielt, Liebe, die mich ruinierte. Ich verstehe die Liebe, sie ist ein
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