Röslein stach - Die Arena-Thriller
bleibt uns denn anderes übrig? Wenn wir an die Öffentlichkeit gehen und bekanntgeben, dass möglicherweise ein Serienkiller in Hannover und Umgebung herumläuft, dann gibt es nur einen Mordsaufruhr und Panik und wir haben die Boulevardpresse auf dem Hals. Das bringt uns nicht voran. Die Zeitungen haben schon ganz von alleine gelegentlich in diese Richtung spekuliert. Nach den drei verschwundenen Mädchen wurde bereits mithilfe von Aktenzeichen XY und ähnlichen Sendungen gesucht. Und es gibt nun mal keinen Beweis, dass diese Mädchen alle demselben Täter zum Opfer gefallen sind. Das Ganze ist nur eine Theorie. Es ist noch dazu vollkommen unklar, ob es noch mehr Fälle gibt.«
»Glaubst du es?«, fragte Petra.
Er zuckte die Schultern. »Ja. Vielleicht auch ganz woanders. Vielleicht ist es einer, der viel rumkommt. Ein Vertreter oder so.«
»Wegen der Anhalterinnen«, kombinierte Petra.
»Ja, genau.«
»Und wie geht es jetzt weiter?«
»Es klingt makaber, aber man kann eigentlich nur hoffen, dass dieser Täter – falls es wirklich diesen einen Täter gibt – das nächste Mal einen Fehler macht.«
Petra nickte.
»Aber wie du auf einen Zusammenhang mit dem Fall Steinhauer kommst, ist mir schleierhaft. Keines dieser Opfer ist in der eigenen Wohnung umgebracht worden wie Sonja Kluge. Und es ist auch kein Bild aufgetaucht, das mit ihrem Blut gemalt wurde.«
Petra rutschte auf ihrem Stuhl nach vorne und wiederholte, was Steinhauer zu ihr gesagt hatte: »Möglicherweise war Sonja so eine Art Initialzündung, eine spontane Tat. Das mit dem Bild kann ein Ablenkungsmanöver gewesen sein.« Je länger sie sich mit den Fällen beschäftigte, desto wahrscheinlicher klang Steinhauers Vermutung für sie.
»Hm.« Peter Bornholm blieb skeptisch.
»Angenommen, es wäre so«, hakte Petra nach, »wenn Sonja Kluge das erste Opfer unseres Mörders gewesen ist, dann wäre es doch möglich, dass er beim ersten Mal einen Fehler gemacht hat. Dass er zum Beispiel DNA-Material am Tatort hinterlassen hat. Oder er hat das Mädchen gekannt! Viele Serientäter wählen ihre ersten Opfer in ihrem Umfeld aus. Erst später, wenn sie zu Wiederholungstätern werden und ihre Taten besser planen, suchen sie sich fremde Opfer und perfektionieren ihre Methode.« Was erzähle ich ihm da, das weiß er doch besser als ich.
»Aber es wurden doch damals jede Menge Zeugen befragt…«
»Das stimmt nicht ganz«, unterbrach Petra. »Ja, es wurden die Leute befragt, die Gäste bei dieser Party damals waren, aber das war es dann auch schon. Man hat sich für meine Begriffe ein bisschen sehr schnell auf Steinhauer eingeschossen. Komm, du weißt doch selbst, wie das ist. Man denkt, man hat einen Täter oder eine heiße Spur, also ermittelt man nur noch in diese Richtung, sucht Beweise für die Schuld dieses Hauptverdächtigen, damit alle zufrieden sind, die Staatsanwälte, die Öffentlichkeit, die Presse, dein Chef. In so einem aufsehenerregenden Fall wie diesem war der Druck auf die Ermittler entsprechend groß. Sogar ich kann mich noch erinnern, wie sich meine Eltern tagelang darüber unterhalten haben. Da legt man sich schnell auf einen vermeintlich überführten Täter fest, anstatt über den Tellerrand zu schauen.«
»Wenn du den damaligen Ermittlern ans Bein pinkeln willst, viel Vergnügen«, unterbrach sie Bornholm. »Dann solltest du dich aber nicht wundern, wenn du bald ins Emsland versetzt wirst.«
Petra runzelte unwillig die Stirn. »Ich will niemandem ans Bein pinkeln – das machen doch nur Rüden. Ich möchte nur Klarheit haben. Für mich passt in der Sache Steinhauer einfach viel zu viel nicht zusammen. Stell dir vor, man fände bei den Asservaten des Falles Sonja Kluge eine DNA-Spur, die nicht von Steinhauer stammt…«
»Okay, okay!« Bornholm hob abwehrend die Hände. »Du bist aber auch wie ein Terrier, weißt du das?«
Petra lächelte unschuldig.
»Ich werde dem Leiter der Soko mal ins Gewissen reden. Vielleicht lässt sich da was machen.«
»Fein«, strahlte die Kommissarin. »Und wer ist der Leiter der Soko?«
»Du hast Glück. Das bin zufällig ich.«
21.
12. April 1991
Wir haben einen Neuen in der WG. Vorige Woche ist er in das leere Zimmer gezogen. Er ist schon fast vierzig und Professor für bildende Kunst an der FH, Fachgebiet moderne Malerei. Er hat auch jede Menge Staffeleien angeschleppt. Er malt – klar! Ich meine, er ist zwar Prof, aber er ist auch Kunstmaler und seine Bilder sollen angeblich sauteuer sein. Das
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