Ro'ha: Teil 1 - Vernichtung (German Edition)
dessen Ende nun eine zweite Kanüle kam, während sich die erste wieder in den Innenraum zurückzog, schwebte einen Moment vor ihr. Der Xhar gab etwas ein, woraufhin Bewegung in das Gerät kam. Lillja wurde mehrfach an unterschiedlichen Stellen gestochen, Blut und Gewebeproben wurden entnommen, dann war es auch schon vorbei.
" Sie sieht wie ein Pestopfer aus", meinte Lillja mit einem Blick auf die reglos liegende Frau. Das medizinische Instrument fuhr zu seinem Platz hinter der Wandverkleidung zurück und rastete mit einem hörbaren Klicken ein.
" Die Pest wäre kein Problem", winkte der Fremde ab. "Alle primitiven Krankheiten sind heilbar. Sie reagiert auf eine Gentherapie. Die Beulen entstehen durch eine krankhafte Veränderung des Lymphsystems. Innere Blutungen in den Lymphknoten führen zu der Verfärbung - ähnlich der Pest. Es ist unerwartet und unerfreulich."
Er schaltete das Bedienfeld ab und maß Lillja mit einem langen Blick. "Commander Mon hatte wohl die Hoffnung, dass Sie über fundiertes Wissen verfügen und hier Hilfe leisten können. Ich denke, er lag falsch. Sie können gehen."
Voller Mitgefühl sah sie noch einmal zu der Sterbenden. Es war seltsam. Die Frau hatte auf den ersten Blick wie eine Spanierin oder Griechin gewirkt, doch bei genauerer Betrachtung fiel ihr auf, dass ein paar Details nicht ganz in dieses Bild zu passen schienen: ihr kurzes Haar kringelte sich in krause Löckchen, die geschlossenen Augen waren leicht schräg, die Wangenknochen sehr hoch, die Hüfte schmal und zierlich . Es sah aus, als hätte sie einen sehr bunten Stammbaum, der von Afrikanern bis Asiaten alles aufweisen mochte.
Vielleicht war es aber auch nur die Krankheit, die sie so seltsam erschienen ließ.
"Was für einer Gentherapie haben Sie sie unterzogen?", fragte Lillja schließlich, obwohl sie bereits ahnte, dass sie keine Antwort darauf bekommen würde.
" Ich bin nicht befugt, Auskunft darüber zu erteilen - und Sie sicher nicht, Informationen zu erhalten", antwortete der dunkelhäutige Xhar erwartungsgemäß.
" Hat sie dem freiwillig zugestimmt?"
" Sie sollten jetzt gehen."
" Sie war doch sicher keine der Freiwilligen, die sich dem Militär angeschlossen haben - Mon selbst wusste ja nicht einmal, was mit der Erde passiert ist!" Die Ungeheuerlichkeit dieser ganzen Situation wurde ihr immer deutlicher bewusst. Nicht nur der Feind machte irgendetwas mit ihrem Volk - hielt Menschen gefangen und experimentierte mit ihnen - ihre Verbündeten taten das auch!
" Sie können sich hier aufregen und laut werden - ändern wird das nichts", meinte der Xhar mit mäßigem Interesse und wandte sich wieder der Konsole zu. Hätte Lillja noch ihre Waffe gehabt, hätte sie ihn jetzt vielleicht erschossen, so sehr kochte es in ihr.
Sie packte den Xhar mit der Linken an der Schulter und drehte ihn wieder zu sich um.
"Was machen Sie hier mit meinen Leuten?", fuhr sie ihn wütend an.
Der Xhar senkte den Blick betont langsam auf ihre Hand an seiner Schulter und sah ihr dann fest ins Gesicht.
"Sie lassen mich jetzt los und verlassen mein Labor - falls nicht, werde ich die Sicherheit rufen, die Sie notfalls hier raus schleifen wird." Er machte eine kurze Pause und atmete durch. "Ich nehme an, dass Sie an Bord eines Xhar-Schiffes dienen? Dann würde dieser Vorfall in Ihrer Akte vermerkt werden, wahrscheinlich würde es auch disziplinarische Maßnahmen geben - aber Antworten werden Sie mit diesem Verhalten sicher nicht bekommen, nur jede Menge Probleme. Und ich muss mich dann mit bürokratischen Feinheiten auseinandersetzen, für die ich keine Zeit habe. Also - lassen Sie mich los und verschwinden Sie."
Sie fühlte sich hilf- und machtlos und schließlich blieb ihr keine Wahl, als stumm zu nicken und sich niedergeschlagen auf den Weg zum Krankenhaus zu machen…
15
Ihre Gedanken waren voller Fragen, Mutmaßungen und Ängste, während Lillja durch die Anlage schritt. Die Straßen waren größtenteils leer und auch viele der Gebäude schienen ungenutzt. H'Rega hatte erwähnt, dass dieser Posten für eine weit größere Besatzung errichtet worden war - dennoch hatte Lillja es sich nicht so leer vorgestellt.
Je tiefer sie in den Komplex eindrang, desto deutlicher wurde, dass er für eine dauerhafte Besiedlung angelegt worden war. Wohn- und Arbeitshäuser, freie Plätze , die durchaus nett gestaltet waren, wechselten sich ab. Hätten die Bewohner mehr Zeit auf die Pflege und Instanthaltung verwendet, wäre dies vielleicht
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