Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
fährt in seine Richtung. Uncle späht um die Ecke des halb fertigen Hauses, wo April Bollens Blut durch den Stoff suppt und Flecken auf dem Beton hinterlässt. Die Polizei kommt näher. Uncle lässt die Axt fallen, springt in den Volvo und tritt das Gaspedal durch.
Während er davonjagt, sieht Uncle, wie der Streifenwagen in die Zufahrt zu dem halb fertigen Haus einbiegt. Die Wörter ›Fingerabdrücke‹, ›aktenkundig‹, ›Identifizierung‹ schießen ihm durch den Kopf. Schreiend und fluchend fährt er durch die im Bau befindliche Traumhaussiedlung zurück in die Stadt. Säubert den Wagen, verbrennt seine Klamotten, scheuert das Lenkrad, bis es von der Reibung heiß wird. Dann liest er mich in der City auf, und wir fahren durch die Gegend.
Später wird Uncle der Strafvereitelung und der Beihilfe zum Mord angeklagt sowie des Fahrens eines gestohlenen Fahrzeugs, mit dem er auch noch die Stufen des Bahnhofs gerammt hat. Dazu kommen Anklagen wegen Drogenvergehen und Körperverletzung. Sie sagen Uncle, seine Finger würden nie mehr richtig zusammenwachsen, immer komisch abstehen, und dass er im Knast nur ein dummer Wichser sein werde.
Sehr viel später fallen die Preise der neuen Traumhaussiedlung, als bekannt wird, dass in dem halb fertigen
Haus eine Leiche gefunden wurde. In dem Haus auf dem Hügel, das über der gesamten Siedlung dräut.
Noch später begeht Harris in seiner Zelle Selbstmord. Harris, der, wie jeder hören konnte, immer nur geweint und geschrien hat.
Ihr habt einen Fehler gemacht.
Ihr habt einen Fehler gemacht.
Ihr habt einen Fehler gemacht.
Harris schluckt zuerst Glas, danach schlitzt er sich mit einer Rasierklinge die Kehle auf. Fetzt so lange über Luftröhre und die Halsschlagader, bis Blut spritzt. Was offenbar bedeutet, dass er wirklich sterben wollte. Anscheinend ist es gar nicht so einfach, sich die eigene Kehle durchzuschneiden, da die Halsschlagadern durch die Luftröhre geschützt sind. Taste mal mit den Fingerspitzen nach deinen Arterien, dann spürst du die Knorpel und Röhren, die du durchtrennen musst.
Harris Mutter arbeitet jetzt für eine Gruppe zur Verhinderung von Teenager-Selbstmorden, spricht auf Veranstaltungen und an Schulen.
Diese Feiglinge gehören an den Pranger. Sie müssen die Konsequenzen ihrer Taten zu spüren bekommen. Ihre Eltern sollten vor Scham in den Boden versinken.
J. LOCKE, ESSENDON
Mein Vater sitzt auf der anderen Seite des Vernehmungstisches, er hat sein bestes Hemd angezogen und seine Haare zurückgekämmt. »Ich weiß nicht, was ich dir noch sagen soll.« Dann: »Mein Sohn«, als würde er die Worte am liebsten auslassen. Meine Mutter hat meinen Vater gefragt, ob sie vielleicht den Namen ändern könnten. Aus der Stadt wegziehen.
»Es geht auch um meine Firma«, sagt Dad. »Das ist nicht gut für uns.«
Ich sage ihm, dass ich das verstehe.
Thorley ist längst über alle Berge. Offenbar hat er am Abend, bevor sie uns festgenommen haben, einen Flieger genommen und ist abgehauen. Offenbar war Thorley praktisch schon auf dem Weg zum Flughafen, als er uns an jenem Abend in sein Apartment gelassen hat. Thorley hat uns noch kurz reingelassen und sich dann so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht, einen Flieger nach Europa genommen. Oder nach Südamerika. Und jetzt ist er über alle Berge. Vielleicht vermute ich aber auch nur, dass er es so gemacht hat. Vielleicht habe ich das einfach nur beschlossen.
Dass so etwas in unserer Gesellschaft möglich ist, ist ein bodenloser Skandal. Diese Ungeheuer sollte man
mitsamt ihren Familien in ein Land abschieben, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird.
J. PHELAN, VIA E-MAIL
Mein Vater meint, es sei am besten, wenn wir etwas auf Abstand blieben. Er sagt, es werde für alles bezahlt.
Unter seiner Brille rinnt eine Träne hervor.
»Du hast mein Herz gebrochen«, sagt er. »Mein Sohn.«
E s gibt noch eine neunte Regel«, sagt Thorley und klopft auf den Couchtisch, auf den er seine acht Regeln gemalt hat. »Die neunte Regel lautet: ›Immer eine Option offenhalten.‹
Eine Option ist, jemanden zu haben, dem du es anhängen kannst. Immer jemanden im Hinterkopf haben, dem du die Schuld zuschieben kannst. Du weißt nie, ob du nicht plötzlich Geld brauchst oder ein Auto oder eine dringende Information. Oder jemanden, dem du es anhängen kannst. Jemanden, den man loswerden kann, den man zum Schweigen bringen kann.
Eine Option kann eine reiche Person sein, die du
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