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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Anschließend war ich mit einem Taxi nach Vasastan gefahren und hatte ein Haus betreten, das nur Polizisten und Taxifahrer kannten. Man konnte nämlich durch eine Haustür hineingehen und es durch eine ganz andere wieder verlassen. Dann nahm ich die U-Bahn bis zum St. Eriksplan, lief durch den Vasapark und erreichte die Torsgatan.
    Es war nicht das erstemal in meiner gewundenen Polizeikarriere, daß man mich verfolgte, aber das absolut unbehaglichste. Bisher hatte ich immer wenigstens ungefähr gewußt, wer meine Feinde waren, aber diesmal handelte es sich um namen- und konturenlose Wesen, die immer und überall waren. Und daß sie es ernst meinten, war wohl durch das Beispiel Karsten Lunds überdeutlich geworden.
    Wiedergänger! Tote, die umgingen und den Lebenden den baldigen Tod verkündeten. In diesem Falle waren es gewiß höchst lebendige Personen, die mich jagten, um etwas zu bekommen, das ich nicht kannte. Sie waren bereit, dafür über meine Leiche zu gehen. Ich war das gesamte Gespräch mit Karsten Lund in Gedanken noch einmal durchgegangen, um irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, aber Fehlanzeige.
    Jedes Wort, jedes kleine Zittern der Stimme war protokolliert und mit acht Durchschlägen abgeheftet worden. Er hatte gesagt, was er gesagt hatte, und nicht mehr. Aber das würde mir Traktor-Martensson niemals abnehmen.
    Atlas ist für den richtigen Stockholmer eine unbekannte Gegend, irgendein Nest am Rande der Stadt, wo nichts geschieht und scheinbar nichts geschehen kann. Eine kleine Welt für sich, im Schatten der St. Eriksbron, zwischen See und Eisenbahngleis. Atlas wird zum See hin von einer niedrigen Mauer begrenzt, die vielleicht verhindern soll, daß die Häuser in den alten, schlammigen Fluten versinken.
    Hier hatten sich einst die Atlas-Fabriken befunden, die, wie man seinerzeit behauptete, den Arbeitern vorbildliche Bedingungen boten. Man produzierte unter anderem Material für die Eisenbahn.
    In den zwanziger Jahren wurden die Werkhallen zu eng, und man zog nach Nacka, wo es mehr Platz für Erweiterungsbauten gab. Die alten Fabriken wurden abgerissen und dafür Wohnblöcke gebaut, die sich wohl seitdem kaum nennenswert verändert haben. In die Ein- und Zweiraumwohnungen zogen vor allem junge Leute ein, und bald gehörte Atlas zu den kinderreichsten Stadtteilen. Die Kinder wuchsen heran, wie es Kinder zu tun pflegen, und verließen bald Ma und Pa, um eigene Familien zu gründen. Die Eltern blieben zurück.
    Heute ist Atlas die Gegend der Rentner. Denen gefällt es dort, weil sie alles noch aus ihrer Kindheit kennen, und außerdem riecht es so schön nach Kleinstadt, was man in reiferen Jahren durchaus als wohltuend empfinden kann. Während ich die Atlasgatan entlangschlenderte, erinnerte ich mich an die ein, zwei Besuche, die ich diesem Teil der Stadt bisher gemacht hatte. Hier war nichts gewesen, das mich hätte locken können. Kein Kino, um nach Karten für Humphrey-Bogart-Filme anzustehen, kein Theater, um am Bühneneingang nach Autogrammen zu jagen, kein Tanzboden, um Links-Rechts-Wechselschritt-und-halbe-Drehung zu praktizieren, keine kleine Kneipe, um sich den ersten Rausch anzutrinken, kein Park, um darin Küsse zu stehlen, keine Treffpunkte, wo man herumhängen und nichts tun konnte. Hatten hier einmal Mädchen in meinem Alter gewohnt? Sicher, aber wenn ich mich recht erinnerte, flatterten die hübschesten Schmetterlinge an anderen Stellen.
    Das wahre Leben spielte sich auf der dynamischen St. Eriksgatan und in den Häuservierteln rundherum ab, zwanzig Meter über Atlas. Unten in der Senke am See war es still wie in einer Kapelle. Aber dort oben brauste das Leben.
    Ich kam zur Völundsgatan. Drei massive Häuserblöcke bildeten zur Atlasgatan hin einen halboffenen Hof. An den Flanken standen zwei anonyme Fünfgeschosser ohne Balkons, dafür aber mit eingezogenen Balustraden im obersten Stockwerk. Sie waren mit den ängstlich-dumpfen Farben verputzt, die man früher wählte, um ja niemanden zu verärgern.
    Das querstehende Haus war ganz anders. Eine schräge Fassade zur Rechten war frisch verputzt, mit tiefroter Farbe, die wie eine Fanfare wirkte. Die Wohnungen erhoben sich neun Stockwerke hoch bis zur St. Eriksgatan hinauf. Hinter dem Haus befand sich eine der drei überdachten Treppen, die Atlas mit der tosenden Großstadt verbanden. Die Treppe wirkte mit ihren Pfeilern und der dekorativen, mäanderhaften Windung irgendwie griechisch-antik.
    Ganz rechts auf dem Dach sah man eines jener

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