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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Wahlsystem. Nicht alle durften wählen, zum Beispiel war ausgeschlossen, wer Steuerschulden hatte. Das galt auch für Leute, die aus der Armenkasse unterstützt werden mußten. Da man erst mit 23 Jahren wahlberechtigt war, hatte die Jugend also nichts zu sagen. Es gibt somit viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Wenn es in Schweden charismatische Führer gegeben hätte, wer weiß, ob nicht mehr Menschen dieser Ideologie verfallen wären.«
    Ich konnte mit den Namen Lindholm und Furugard nichts verbinden, aber ich erinnerte mich, daß es zahlreiche nazistische Splittergruppen gegeben hatte und viele darum kämpften, ein schwedischer Quisling zu werden.
    »In Deutschland haben die Nazis allerdings die meisten Stimmen erhalten«, sagte Simon. »Was zum Teufel hat die Leute so verblendet?«
    »Die Stärke. Die Entschlossenheit. Die rücksichtslose Kraft. Revanchegelüste. Der Nationalsozialismus wurde als eine ungemein vitale Bewegung empfunden. Hitler und die anderen Nazigrößen verschwiegen wahrlich nicht, wie sie sich die Zukunft vorstellten, aber die Leute zogen es vor, die Augen zu verschließen und sich Großmachtträumen hinzugeben. Nun, das wissen wir alle, daran läßt sich auch nichts mehr ändern. Wichtig ist, darauf zu achten, daß sich das nicht wiederholen kann. Deshalb müssen wir uns immer vor Augen halten, daß unsere zerbrechliche Demokratie die einzig richtige Regierungsform ist. Wir werden alle entlarven, die sie beseitigen und durch die Lehre der Gewalt ersetzen wollen.«
    Er hatte vorher einmal von Leidenschaft gesprochen, und jetzt, da er Sätze sprach, die aus dem Munde eines anderen pathetisch geklungen hätten, verstanden wir, was er meinte. Seine Stimme bekam einen volleren Klang, seine Gesten wurden intensiver. Sogar Sandra, die ihn oft so reden gehört haben mußte, unterbrach ihre Arbeit und warf ihm einen bewundernden Blick zu.
    »Ist unser Land wirklich in Gefahr?« fragte Simon. »Wir haben die Sache doch eigentlich im Griff. Sicher, es gibt viele rassistische Erscheinungen, da bin ich der letzte, der das abstreiten will, aber …«
    »Es gibt verschiedene Arten des Rassismus, die man unterscheiden muß. Da gibt es zuerst einmal den rassenbiologischen Rassismus, der davon ausgeht, daß die eigene Rasse biologisch und kulturell überlegen ist und die anderen Rassen bekämpft werden müssen, um die eigene ›rein‹ zu erhalten. Das ist der Kern der nationalsozialistischen, also nazistischen Ideologie.«
    Meine Mutter erzählte immer, wie aufgebracht Vater darüber war, daß Schweden keine jüdischen Flüchtlinge in das Land ließ, und daß wir, damit nicht doch jemand durch die Maschen rutschte, die deutschen Behörden baten, ein großes / in die Pässe zu stempeln, aber sie sagte auch, daß andere es nicht so genau nahmen. Waren wir nur ahnungslos, oder gab es Gründe für unsere Haltung?
    »Dann gibt es den religiösen Rassismus. Man verachtet Menschen, die eine andere Religion haben. Viele Hindus zum Beispiel essen keine Speisen, auf die auch nur der Schatten eines Angehörigen einer anderen Glaubensgemeinschaft gefallen ist. Und dann gibt es noch etwas, was man positiven Rassismus nennen könnte. Diese Leute meinen, daß alle Rassen zwar an und für sich gleichwertig sein mögen, daß man sie aber trotzdem geographisch und kulturell getrennt halten sollte. Wie in Südafrika. Viele unserer Rassisten sind Anhänger des Apartheidsystems. Im Grunde genommen läuft das natürlich wieder auf die Überlegenheit der eigenen Rasse hinaus.«
    »Das ist mir zu akademisch«, meinte Simon. »Mein Job ist es, Karsten Lunds Mörder zu finden. Nun weiß ich, daß Neonazis dahinterstecken. Aber wer tötete ihn?«
    »Um das zu erfahren, mußt du mehr wissen. Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Sandra und ich sind Vegetarier und Gesundheitsfanatiker, wir trinken weder Kaffee noch Tee, aber wir haben einen sehr guten Fruchtsaft.«
    Wir nahmen an, und Kalster schaute lächelnd zu Sandra hinüber.
    »Würdest du für uns die unterdrückte Sekretärin spielen und servieren?«
    Sie lächelte schwach zurück und stieg die Treppe zur Küche hinunter. Kalster setzte sich nicht, sondern lief auf und ab, während er sprach. Seine Gesten waren bestimmt und sehr ausdrucksstark.
    »Viele der rechtsextremistischen Gruppen können rassistische Auffassungen in ihrem Programm haben, ohne daß diese tragende Elemente ihrer Ideologie wären. Sie geben sich national und sehr moralisch und sehen den

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