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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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diesem Gebiet hat, denkt niemals daran, daß ein routinierter Verfolger stets die gegenüberliegende Seite wählt. Sie tauchte in die Gänge von Slussen ein, ging zum Södermalmstorg hinauf und dann die Hornsgatan entlang.
    Ich hatte nichts dagegen. Unterwegs warf ich schnelle Blicke in die Schaufenster der vielen Galerien, die diesen Teil der Straße zu einem schwedischen Montmartre machen. Spannend, kurios, überraschend, aber ich mußte ein genaueres Studium der Angebote auf später verschieben. Jetzt hatte ich mich auf Madame Valerie und ihre schlurfende Wanderung mit gesenktem Kopf zu konzentrieren.
    Sie überquerte die Straße und ich glaubte einen Moment, daß sie zu Gamla Bysis wollte, aber sie bog in die Ludvigsbergsgatan ein, und ich folgte in einigem Abstand. An der höchsten Stelle macht die Straße einen scharfen Linksknick, und man hat einen beinahe komischen Kontrast von Alt und Neu vor sich. Auf der einen Seite erhebt sich ein Riesenkomplex aus siebengeschossigen grauen Wohnhäusern im Stil der 60er Jahre. Der Rohbeton des Parkplatzes verstärkt noch den Eindruck, vor einem besonders ungemütlichen Gefängnis zu stehen.
    Auf der anderen Seite, zum Wasser hin, sieht man zuerst ein niedliches kleines gelb verputztes Steinhaus und dann ein- und zweistöckige rote Holzhäuser, die durch einen Zaun miteinander verbunden sind. Die städtischen Kulturhäuser werden mit aller nostalgischer Liebe gepflegt. Man ahnt Anderssonskans Kalle, der neue Streiche plant, hört die Alten lügen, daß sich die Balken biegen und die Flunkereien mit Pilsner hinunterspülen. Man erwartet, daß jeden Moment würdevolle Frauen mit Kaffeetabletts und selbstgebackenem Kuchen auftauchen. Hier trifft ein Stockholm, das es gegeben hat und von dem es mehr geben sollte, auf die grauen Mastodonten eines Stockholm, von dem es eindeutig zuviel gibt.
    Daß Valerie diese Stimmung ebenfalls empfand, war eher unwahrscheinlich, denn sie starrte meistens zu Boden. Wir kamen an der seltsamen Villa Ludvigsberg vorbei, einem kleinen Märchenschloß mit Zinnen, einem spitzen und einem achtkantigen Turm, der nach oben offen war wie ein kleines Lusthaus. Da das Gebäude nun als Kurs- und Konferenzzentrum diente und dort auch Feste gefeiert wurden, vermutete ich, daß man sich im Turm zum Aperitif versammelt und die Aussicht genießt.
    Die Straße führt direkt auf das Gelände der alten Münchenbrauerei. Eine Gruppe rüstiger Senioren überholte mich, wahrscheinlich, um im Mälarsaal tanzen zu gehen, und ich mischte mich darunter, damit ich nicht auffiel, falls Valerie sich umdrehte. Die Brauerei besteht aus mehreren enorm großen, kompakten Ziegelbauten. Zur Linken steht ein Fabrikschornstein, und an einer Fassade ist eine Uhr angebracht, die fünf Minuten vor halb elf stehengeblieben ist. Hatte man um diese Zeit das letzte Bier vor der Stillegung abgefüllt?
    In die leerstehenden Gebäude waren verschiedene Schulen, Institutionen und Unternehmen eingezogen. Die Frau sah sich noch einmal verstohlen um und eilte dann auf eines der Tore zu. Wenige Sekunden später schlich ich ihr nach. Drinnen streifte ich mir die Schuhe ab und tappte lautlos die Treppe hinauf. Ich kam ihr so nahe, daß ich durch das Geländer ihren Mantelsaum hätte berühren können. Sie klopfte an eine rote Holztür, und es klang wie ein Signal. Die Tür wurde geöffnet und geschlossen. Es ging so schnell, daß der Zipfel ihres Mantels eingeklemmt wurde.
    Als ich den Treppenabsatz erreicht hatte, öffnete jemand die Tür, um den Mantel zu befreien. Unsere Augen trafen sich, und wir erstarrten. Er kannte mich, und ich kannte ihn, denn er wurde seit über einem Jahr gesucht – Bernt Ahlbäck, geflohen aus Norrköping. Ich war dabeigewesen, als er nach einem Feuergefecht in einer Villa auf Munsön verhaftete wurde, und er war der Typ, der so etwas nicht vergaß. Verurteilt wegen zweier Morde und einiger weiterer verdächtig.
    »Hassel!« knurrte er. »Nach dir habe ich mich gesehnt!«
    Dann griff er nach seiner Waffe.

19.
    Mit der rechten Faust schlug ich mit aller Kraft auf die wirksamste Stelle, die man treffen kann, direkt auf die Nase. Er stöhnte auf und wankte. Ich versetzte ihm einen Stoß vor die Brust, so daß er nach hinten wegtaumelte. Er fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen, stolperte aber über eine Teppichkante und setzte sich unsanft auf den Hosenboden. In der nächsten Sekunde war ich über ihm. Wie die meisten Fahnder auch, trug er seine

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