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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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ein Mann in Ridenmanns Alter trat ein. Er hängte seinen dunklen Mantel mit Pelzkragen auf einen Kleiderbügel und ging zu dem telefonierenden Truthahn. Der Hörer wurde aufgelegt, und dann hörte ich ihre murmelnden Stimmen. AGA war um sieben Punkte gefallen. Bloß gut, daß ich dort keine zwei Millionen Aktien besaß, was hätte mich das gekostet!
    Der junge Mann und Ridenmann kamen auf mich zu. Auf den ersten Blick wirkte Intell wie ein smarter Jüngling; bei genauerer Betrachtung erkannte ich an dem gelichteten blonden Haar und der schlaffen, grauen Haut, daß er sich wohl bereits den mittleren Jahren näherte. Die kleinen Augen waren hellblau und starrten mich abschätzend an. Eine schmale Nase, die aussah wie ein Geierschnabel, ein schmallippiger Mund, der in arrogantem Grinsen erstarrt war, und ein kleines Kinn mit einem Grübchen, das eine närrische Mutter vielleicht als süß bezeichnet hätte, vervollständigten das Bild. Der diskret dunkelblaue Anzug zeigte in Material und Schnitt, daß er aus einem bedeutenden italienischen Modehaus stammte. Intell wollte wie ein großer Geschäftsmann wirken; möglicherweise war er einer. Einer von denen, die eine Million ABB-Aktien besaßen.
    »Wer sind Sie?« erkundigte er sich.
    Aha, einer von den Yuppies, die das »Sie« benutzten, um Distanz zu markieren. Keine Silbe klingt spitzer, erinnert mehr an ein Freibad auf Grönland als dieses »Sie«. Mir gefiel es gar nicht.
    »Und wer bist du?« fragte ich zurück.
    Er glaubte wohl, daß ich aufspringen und mich verbeugen würde, aber da konnte er lange warten. Ich hatte mich bequem zurückgelehnt und die Beine übereinandergeschlagen.
    »Bill Intell. Kennen wir uns? Ich kann mich nicht erinnern, und ich achte sehr darauf, mit wem ich verkehre.«
    Diese Stimme kannte ich zur Genüge vom Band, und ich hatte sie in jeder Beziehung satt. Ridenmann nickte eifrig zu den weisen Worten seines Chefs oder meinetwegen auch Geschäftspartners. Langsam erhob ich mich.
    »Okay, Bill, dann werden wir uns jetzt kennenlernen. Wo können wir miteinander plaudern?«
    Laut Dienstvorschrift hätte ich mich zuerst vorstellen und ausweisen müssen, bevor ich höflich Fragen stellte, deren Beantwortung den weiteren Verlauf des Gesprächs bestimmten. Aber irgendwie fühlte ich mich wie ein Interpol-Mann und hatte Lust, in diesem Stil zu agieren. Ich nutzte mein Talent, intuitiv eine Rolle zu spielen, einen anderen Charakter zu verkörpern.
    »Wer sind Sie? Worum handelt es sich?«
    »Das solltest du wissen.«
    »Ich habe absolut keine Lust, hier Rätsel zu raten und mir von einem … Flegel wie Ihnen Vorschriften machen …«
    »Brauchst du Referenzen?«
    »Wen kann einer wie Sie schon als Referenz angeben?«
    Mein Lächeln war schräg und eine Spur überlegen; was er konnte, konnte ich schon lange.
    »Tolly zum Beispiel. Ansonsten bin ich ja dagegen, Namen zu nennen.«
    Das war wie ein Schlag auf den Solarplexus. Jetzt war ich nicht mehr irgendein Gauner, sondern einer, der sich auf Tolly berufen konnte. Er wußte nicht, was er davon halten sollte, aber ignorieren konnte er mich auf keinen Fall. Er nickte in Richtung einer Tür an der anderen Seite des Korridors:
    »Gehen wir doch da hinein. Aber meine Zeit für Spontanbesuche ist begrenzt.«
    Wir betraten einen kleineren Konferenzraum. Die Möbel, schwer, dunkel und mächtig, waren garantiert nicht bei IKEA gekauft. Offenbar versuchte er auf jede Weise, sich durch Statussymbole aufzuwerten. Hinter mir versuchte auch Ridenmann, in das Zimmer zu schlüpfen, doch ich drehte mich um und wies ihn zurück:
    »Du nicht, Bürschchen.«
    »Hör mal, ich bin faktisch …«
    »Wenn ich über Geschäfte rede, gibt es keine Zeugen.«
    Ich knallte ihm die Tür vor der Nase zu, setzte mein schiefes Grinsen auf und wies auf einen Stuhl:
    »Nimm Platz.«
    Instinktiv setzte er sich. Erst dann begriff er, daß ich in seinem eigenen Haus das Kommando übernommen hatte. Nun war es zu spät, noch zu reagieren, denn ich hatte bereits ihm gegenüber Platz genommen und die Ellenbogen auf die Mahagonitischplatte gestützt. Er wurde wütend, und genau das hatte ich beabsichtigt. Wer leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen ist, liefert erfahrungsgemäß unfreiwillig Informationen.
    »Woher kennen Sie Tolly?« kläffte er.
    »Tja, Billy-Boy, man kennt sich eben. Wir trafen uns kürzlich auf Gibraltar.«
    »Tolly ist nicht auf Gibraltar!«
    »Zur Zeit nicht, nein. Wir sind doch alle fahrende Gesellen. Er sagte, er wolle

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