Roland Hassel - 14 - Piraten

Besonderes.«
    Der andere teilte mit, daß der Kontakt wieder in Ordnung sei, und sie riefen zur Probe bei der »Zentrale« an. Der Gesprächige hielt mir einen Zettel hin und bat um eine Unterschrift.
    »Was ist das?« maulte ich.
    »Die Bestätigung, daß wir den Auftrag ausgeführt haben. Beim Televerket muß man nachweisen, daß man jede Minute am Tag gearbeitet hat.«
    »Aha.«
    Ohne Protest schrieb ich Johnny Odler in das gekennzeichnete Feld. Es gelang mir recht gut, die kindlich runde Schrift und den kleinen Schlußkringel, auf den Johnny sicher besonders stolz gewesen war, nachzuahmen. Die beiden trollten sich, und ich stürzte mich sofort auf das Telefon, um es zu untersuchen. Im Hörer saß eine Wanze, die wahrscheinlich durch die Stimme aktiviert wurde. Was ich sagte und was andere mir antworteten, würde von nun an mitgeschnitten und abgehört werden.
    Das erste fingierte Gespräch kam abends gegen sieben. Die Stimme war rauh und ungehobelt. Ich fragte mich, wo Hiller diesen Typen aufgetrieben hatte.
    »Hej, hier ist Kodde. Hörte, daß du mal wieder im Lande bist.«
    »Von wem?«
    »Ein Vogel hat es mir ins Ohr geflüstert. Wäre doch schön, wenn man sich mal wieder trifft, um über die alten Zeiten zu reden. Erinnerst du dich an Rio vor zwei Jahren?«
    »Mhm.«
    Der Mann, der sich Kodde nannte, lachte anzüglich.
    »Die Braut mit den Riesentitten hat dich ja bis aufs Schiff verfolgt. Was hast du eigentlich mit ihr angestellt? Los, verrate es einem alten Kumpel!«
    »War wohl ein wenig angetrunken.«
    »Ein wenig? Du warst so voll, daß du dich kaum auf den Beinen halten konntest. Aber ich habe es für dich gedeichselt. Erinnerst du dich?«
    »Mhm.« 
    »Und was war vor fünf Jahren auf der ›Galathea‹, wer hat dich da rausgehauen? Na? Auch ich! Fällt es dir wieder ein?«
    »Mhm.«
    »Beinahe wärst du dran gewesen, und du wärst nicht mit einem blauen Augen davongekommen. Aber der gute alte Kodde, der hat die Sache hingebogen. Man ist ja auch mal jung gewesen, ha ha.«
    »Mhm.«
    Die Stimme wurde drängender.
    »Wenn du in Lissabon nicht gekniffen hättest, wäre ich um fünftausend reicher gewesen. Das ist dir doch wohl klar?«
    »Ich auch.«
    »Was – du auch?«
    »Hätte auch fünftausend bekommen.«
    »Ja, aber du warst es schließlich, der gekniffen hat, so daß die Sache platzen mußte. Kurz und gut, ich bin blank; ich brauche die fünftausend, und ich will, daß du sie ausspuckst.«
    »Ich habe nichts auszuspucken.«
    »Junge, du solltest nicht versuchen, Kodde zu leimen. Wie du es hinkriegst, ist mir egal, aber ich will meine fünftausend. Ich hasse es, ohne Geld in der Tasche herumzulaufen. Du weißt, Kodde kann ungemütlich werden, und das will ich einem alten Kumpel ersparen. Ich rufe dich bald wieder an.«
    Jetzt war Johnnys Rolle umrissen – ein kleiner Querulant, der sich vielleicht an einer Schmuggelei oder ähnlichem beteiligt hatte und gescheitert war. Mit anderen Worten: einer, der offen für Vorschläge sein konnte. Am folgenden Tag kamen noch ein paar ähnliche Anrufe, während ich einfache Gerichte nach Junggesellenart zubereitete und in der interessanten Fachzeitung »Der Seemann« las, die beide Brüder Odler abonniert hatten. Am Nachmittag trottete ich wieder ins Zentrum und hatte das sichere Gefühl, beobachtet zu werden. Am Kiosk kaufte ich die Abendzeitungen und ein Krimitaschenbuch der billigsten Sorte. Das Titelbild zeigte eine erschrockene junge Dame, die von einem finsteren Schatten mit Pistole bedroht wurde. Solche Lektüre mochte Johnny sicher.
    Gegen fünf rief ein Mann an, dessen Stimme kühler klang und der seine Worte wohl zu setzen wußte. Er erinnerte mich an einen meiner Lehrer in grauer Vorzeit, der mich nach einer meiner unzähligen Dummheiten wissen ließ, was er von mir hielt.
    »Hier ist Arnold Lindberg. Erster Steuermann auf der ›Andrea Gota‹. Erinnerst du dich?«
    »Mhm, hej.«
    »Du hast dich als Hausmeister bei der Wohnungsbaugesellschaft Arsenalen beworben, nicht wahr?«
    »Woher weißt du das?«
    Eine Spur von Verbitterung schwang jetzt in der Stimme des Steuermannes mit.
    »Weil du die Unverschämtheit besessen hast, mich als Referenz anzugeben. Du wärst der letzte, den ich empfehlen würde. Du hast natürlich damit gerechnet, daß ich außer Reichweite wäre, falls sich jemand nach deinem Charakter und deinem Arbeitsvermögen erkundigt hätte, aber du hast Pech gehabt.«
    »Ach ja?«
    »Ja, und ich betrachte es als eine Frechheit