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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Böses tun.«
    Plötzlich tauchte Strahl hinter der Biegung des Ganges auf. Auf Gummisohlen näherte er sich lautlos. Die Pistole mit dem Schalldämpfer wirkte in seiner Riesenfaust wie ein Spielzeug. Ohne zu zögern zielte er auf Sunny und drückte ab. Der Laut war dumpf, als würde man mit der flachen Hand auf ein Kopfkissen schlagen. Der Schuß schmetterte Sunny gegen die Wand, die Arme flogen auseinander, die Bratpfanne schepperte zu Boden. Sein Gesicht war keine verschrumpelte Rosine mehr, sondern eine blutige Masse.
    »Gut, Odler, da haben wir jeder einen von dem Pack erledigt. Komm jetzt!«
    Er packte mich am Arm, und ich folgte ihm widerstandslos auf Deck. Natürlich glaubte er, ich hätte Chico getötet, so wie er Sunny erschossen hatte. Das Aas Sunny. Das Pack Sunny. Den wunderbaren Sunny …
    Auf Deck lag einer der Leute aus dem Maschinenraum. Im Herztakt quoll Blut aus einer Wunde in der Brust. Ziegfelt winkte uns zu, und ich trabte wie willenlos hinter Strahl her. Von der Reling hing eine Leiter hinab. Ich konnte ein Boot mit Verdeck und einer Reihe Bullaugen an der Seite erkennen, es ähnelte einem kleinen Vergnügungsdampfer oder einem Fischkutter; was wußte ich, der ich nichts wissen wollte. Ein paar Männer hantierten mit Bootshaken, damit die Bordwände der Schiffe sich nicht berührten. Ich sah, daß Machec uns ein Handzeichen gab. Dann kletterte ich, gefolgt von Strahl, hinunter, und es war wie in einem Traum, den ich bereits geträumt hatte.
    Im Boot saßen Machec, Ortega, Hodinsky und zwei Philippiner, die ich nicht mit Namen kannte. Es waren junge Männer; wie im Gebet hatten sie die Köpfe gesenkt und die Hände gefaltet. Ganz hinten lag das kleine Rettungsboot der »Carla« und sah surrealistisch aus, aber die ganze Szene schien ja eine von Dalis Halluzinationen zu sein.
    »Los!« kommandierte Machec.
    Sie stießen das Boot von der »Carla« ab und ließen den Motor leise tuckern. Es war ein ganz klein wenig heller geworden, aber dennoch war das ständig kabbelige Meer schwarz und drohend in seiner Unendlichkeit. Eine Horizontlinie war nicht zu sehen; alles verwob sich zu einem dunklen Leichentuch. Ein paar hundert Meter von der »Carla« entfernt wurde der Motor wieder abgestellt. Das Boot trieb nun mit den Wellen und Strömungen. Vom Deck der »Carla« winkten und schrien Besatzungsmitglieder zu uns herüber. Machec setzte sich neben mich und schien in bester Stimmung zu sein.
    »Du hast genau so kaltblütig gehandelt, wie ich es von dir erwartet hatte«, lobte er.
    »Mhm.«
    »Kaltblütiger sogar als dein Bruder beim ersten Mal. Sonst ging es schmerzfrei. Du und Strahl, ihr habt jeder einen kaltgemacht, Ortega ein paar. Ein sauberer und ruhiger Job.«
    Er schaute auf die Armbanduhr und pfiff leise durch die Zähne, und weil alles ein absurder, fast vergessener Traum war, lauschte ich der Melodie. War es nicht »Schwarze Augen«?
    »Wo sind wir?« fragte ich. Meine Stimme hatte jeden Klang verloren, doch das merkte er nicht.
    »Im Golf von Biskaya, ein gutes Stück vor der französischen Küste südwestlich von Brest. Hier führt keine der üblichen Routen vorbei.«
    Plötzlich schienen viele der Leute an Deck wie von einer unsichtbaren Riesenhand durch die Luft geschleudert zu werden. Kurz darauf erreichte uns wie aus einem verschlossenen Schrank der dumpfe Laut der Explosion. Die Druckwelle riß meinen Kopf herum und dröhnte in den Ohren wie eine vibrierende Baßsaite. Die zweite Explosion brachte meinen ganzen Körper zum Beben. Gott im Himmel! Aber Gott antwortete nicht; er hatte wohl anderes vor.
    Langsam, als ob das Schiff seinen Todeskampf demonstrieren wollte, hob es das Heck, so daß die Schrauben in der Luft drehten. Ich glaubte, sie surren zu hören, aber das war natürlich eine Illusion unter all den anderen. Der Kiel zeigte sich und drohte mit seiner scharfen Schneide, doch er konnte uns nichts tun; er glich einem zahnlosen Tiger.
    Nun ragte das Schiff wie ein Ausrufezeichen in den grauen Himmel, und es wirkte wie ein wenn auch nicht stolzer so doch würdiger Protest. Die »Carla« vergoß keine Tränen; sie trug ihr Schicksal wie eine Frau. Vielleicht zehn Sekunden, vielleicht eine halbe Minute, Zeit läßt sich oft nicht mit gewöhnlichen Mitteln messen, stand sie so aufgerichtet, wie zu einer Präsentation. Meine Damen und Herren, verehrtes Publikum, sehen, staunen und bewundern Sie heute zum letzten Mal die »Carla« ohne Netz und doppelten Boden, und wenn Sie kräftig

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