Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
Vom Netzwerk:
willkommen. Sie wollten viel vom Leben – ein erträgliches Dasein ohne Furcht bei ihren Familien und mit Verwandten in Reichweite.
    Mich betrachteten sie als einen sorglosen Bohemien, der einen Fehler gemacht hatte, als er auf der »Carla« anmusterte. Aber bei meiner Herkunft konnte ich den Fehler schnell korrigieren und zu meinem Märchenvolk zurückkehren. Sie gaben mir Fotografien und Adressen, und sollte ich je zu ihren Familien auf die Philippinen kommen, würde ein Hinweis auf unsere gemeinsame Reise genügen, und ein Bett zum Schlafen und ein Teller zu jeder Mahlzeit wären garantiert. Natürlich lud ich sie alle zu den selben Exzessen in Odlers Wohnung in Norsborg ein. Nur Chico wollte nichts von mir wissen; wenn er mich sah, ballte er die Fäuste und spuckte mich an, als hätte ich etwas Widerwärtiges oder Beleidigendes getan.
    Mitten am Tag passierten wir die Meerenge von Gibraltar, die ein Nadelöhr ist, aber kein so enges, wie manche glauben. Wie Hiller vorausgesagt hatte, machten die unter Nationalflagge fahrenden Schiffe einen großen Bogen um die ausgeflaggten, weil sie wußten, daß das Personal dort großenteils inkompetent war und sich nicht an geltende Regeln hielt. Der Verkehr war ziemlich dicht, sowohl zwischen den beiden Meeren als auch zwischen den Kontinenten. Bis London waren es noch 1300 Seemeilen.
    Hodinsky stand gemeinsam mit dem Ausguckposten auf der Brücke; wer von der Besatzung frei hatte, lehnte an der Reling und schaute zu den Küsten hinüber. Auf halbem Wege schien es eine Luftbarriere zu geben; der Atlantik grüßte mit kühlerem Wind. Hinter uns lag das Mittelmeer mit einem klaren blauen Himmel darüber, vor uns der Ozean, der von einer grauen Wolkendecke überspannt war.
    Die »Carla« setzte ihre Fahrt nach Golgatha längs der spanischen Küste fort und visierte die Südwestspitze Portugals an. Der Atlantik präsentierte sich ganz anders als das Mittelmeer; er war kabbelig, und die Wellen hieben gegen den Schiffsrumpf, als wollten sie ihn bestrafen. Auch die Farbe des Wassers hatte sich geändert; die graubraungrünen, schaumgekrönten Wogen wirkten wie eine kompakte Masse. Im Vergleich dazu war das Mittelmeer ein Swimmingpool; der Wind konnte zwar die Wasseroberfläche kräuseln und auch ein Boot zum Kentern bringen, wenn man nicht aufpaßte, aber eigentlich war man sicher, den Beckenrand zu erreichen, wo der Kellner mit einem kühlen Drink wartete.
    Der Atlantik war wie eine ständige Bedrohung der Existenz. Dieses Meer konnte nicht zum Freund, nicht einmal zum Bekannten werden; dieses Wasser duldete nicht, von Kielen zerschnitten zu werden, es wehrte sich, es stellte sich zum Kampf, mochte er noch so viele Runden dauern. Auch wenn man den Hafen unbeschadet erreichte – der Gegner ermüdete nicht, er hatte die Zeit auf seiner Seite. Früher oder später werde ich gewinnen, sagte der Atlantik zu seinem Trainer, und wenn nicht durch k.o., dann nach Punkten. Der Sieg gehört in jedem Falle mir. So ein Ozean gibt niemals wieder her, was er einmal genommen hat; er bewahrt seine Geheimnisse, und das Seufzen von Millionen Toten auf seinem Grund berührt ihn nicht. Ein schreckliches Meer, ein Gewässer, dem man gern opferte, um die blind rasenden Kräfte, die unter den wie Muskeln schwellenden Wellenbergen schlummerten, gnädig zu stimmen.
    Sunny wußte wahrscheinlich nicht einmal, daß wir jetzt ein anderes Meer befuhren. Seine große Sorge war, jeden Tag etwas Eßbares auf den Tisch zu bringen. Das ewige Hammelfleisch war nicht mehr lange zu variieren; er mußte zu den ersten Rezepten zurückkehren und versuchen, sie mit anderen Soßen zu kombinieren. Sogar sein ganzer Stolz, die hohe, gestärkte Kochmütze, knickte zusammen und glich einem angeknabberten Baiser.
    »Was hat Chico eigentlich gegen mich?« erkundigte ich mich, als ich an dem kleinen Tisch saß und einen einfachen Lunch zu mir nahm.
    Sunny drehte sich zu mir, ohne die Kelle loszulassen, mit der er in seinem riesigen Topf herumrührte. Die Mütze hing auf den Segelohren, und die kleinen Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
    »Er hat nichts gegen dich«, antwortete er ausdruckslos.
    »Doch, Sunny. Jedesmal, wenn er mich sieht, ballt er die Fäuste und spuckt aus.«
    Sunny rührte und rührte, kostete und würzte kräftig nach.
    »Sunny? Bist du noch da?«
    Wieder kostete er, und diesmal nickte er zufriedener.
    »Die Philippinen sind seit vielen Jahren eine starke und entwickelte Demokratie. Wenn man niemals eine

Weitere Kostenlose Bücher