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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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Vater ist gerade beerdigt, meine Mutter ist krank.« Sie las abermals die Enttäuschung in seinem Blick, und es schmerzte sie, aber sie wollte ihm jetzt keine andere Antwort geben, war selbst viel zu verwirrt.
    »Ich verstehe. Denk darüber nach, so lange du willst, ich werde warten.« Damit küsste er sie flüchtig und ließ sie los. »Und nun sollten wir gehen. Komm.«
    Die Schneeflocken waren größer geworden und klatschten ihr unangenehm ins Gesicht, doch sie blieben noch immer nicht liegen. Von Ferne vernahmen sie die Glocke eines Handelsschiffes, das vermutlich mit Waren beladen an der Schlachte anlegte.
    Anfangs gingen sie stumm nebeneinander her, und Claas sah sich immer wieder um, ob ihnen jemand folgte, doch es war niemand zu sehen, und da sie den Weg über das offene Feld nahmen, gab es auch keine Möglichkeit für einen Hinterhalt.
    Er brach schließlich das drückende Schweigen zwischen ihnen. »Hemeling sagte mir, dass du bei ihm vorgesprochen hast.«
    »Ja, darüber wollte ich mit dir reden. Ich dachte erst, ich hätte damit eine Eselei begangen, als ich ihn nach einem Aufschub fragte, aber es wendete sich am Ende zum Guten für uns.«
    »Hättest du nur etwas gesagt, wäre ich mit dir gegangen.«
    »Sicher hast du recht, aber ich war so durcheinander.«
    Claas hatte noch immer die Holzlatte in der Hand, die er jetzt wie einen Gehstock benutzte. »Ich verstehe.«
    »Er sagte etwas von einem Streit zwischen Friedrichs und Vater wegen dieser Statue, und jetzt, nachdem Vater nicht mehr da ist, würde Friedrichs die Arbeit weiterführen.«
    »Das ist nicht ungewöhnlich, denn jeder von ihnen will immer den besten Auftrag haben.«
    »Was ist Meister Friedrichs für ein Mensch, würde er einen Mord begehen oder andere dazu anhalten?«
    Ihre Frage ließ ihn aufhorchen, und er fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. »Eigentlich verstanden er und dein Vater sich gut. Es ist schwerlich vorstellbar, dass er hinter alledem steckt.«
    »Kannst du bei der Zunft die anderen über ihn befragen?«
    »Ich werde es versuchen, doch ich glaube nicht, dass einer etwas gegen den anderen sagt.«
    Schwer sog Anna die kühle Luft ein.
    »Was noch?« Seine Augenbrauen zogen sich düster zusammen.
    Er kannte sie zu gut und wusste, wenn sie etwas auf dem Herzen hatte. »Erkläre mir, welche Schuld meinen Vater betreffend auf dir lastet.« Sie glaubte nicht, dass es nur seine Lehrzeit war, die er darunter verstand.
    Er sah sie eindringlich an. »Ich will es dir gern erzählen, aber mach dir kein falsches Bild von mir.«
    Eine dunkle Vorahnung beschlich sie, doch sie nickte langsam.
    »Zuallererst, du weißt, dass deine Eltern mich wie einen Sohn bei sich aufnahmen. Dein Vater bildete mich aus, obwohl meine Mutter diese Ausbildung damals nicht bezahlen konnte.«
    »Aber du hast es abgearbeitet, zumindest einen großen Teil.«
    »Ja.«
    »Noch etwas?«
    »Ja, noch etwas. Drei Tage vor dem Überfall habe ich mit Karl das Badehaus besucht, und danach saßen wir im ›Spitzen Giebel‹ zusammen.«
    Anna blieb verwundert stehen, denn sie kannte Badehäuser aus den Erzählungen und wusste in etwa, was sich dort abspielte. Bader und Huren bedienten Männer und Frauen in jeglicher Form, und das hatte nicht immer nur etwas mit Körperreinigung zu tun. Sie mochte sich nicht vorstellen, dass die Lippen, die ihre noch eben berührten, zuvor eine dieser Huren geküsst hatten.
    »Hast du mit einer …?«
    Als er sich nach ihr umsah, ging sie rasch weiter.
    »Hm ja, aber das war vor uns, Anna. Ich hätte dir nichts davon erzählen müssen.«
    Unbewusst wischte sie sich den Mund ab und erntete dafür seinen missbilligenden Blick.
    »Hast du aber.«
    »Und ich bereue es in diesem Moment.«
    Nach einem längeren Schweigen hatte Anna ihre Gefühle wieder im Griff. »Sag mir, was das mit Vaters Tod zu tun hat.«
    Er gab ein ungehaltenes Schnaufen von sich, und Anna dachte, er würde nicht weitersprechen, doch sie gab nicht nach, sah ihm fest in die Augen, und so besann er sich, wenn auch widerwillig.
    »Wenn du nicht wieder wie eine Furie reagierst.«
    »Werde ich nicht.«
    »Na gut.« Er schnaufte abermals. »Also«, begann er, sah sie aber noch einmal an, als erwartete er noch etwas von ihr, doch Anna schwieg.
    »Wir haben dem Wein an diesem Abend sehr zugesprochen, und ich erinnere mich noch dunkel, dass wir von unserer Arbeit sprachen. Nun fürchte ich, dass ich zu viel geredet habe und einer der anderen etwas gehört haben könnte.« Er machte

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