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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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aus feinem Tuch und feine Stiefel trug.«
    »Du meinst, jemand, der nur den Anschein erwecken will, ein Geistlicher zu sein, jedoch keiner ist?«
    »Oder ein sehr reicher Geistlicher. Auf jeden Fall kamen die beiden in meine Richtung, und ich musste ihnen den Rücken zukehren, um nicht von Rudolfus erkannt zu werden. Rudolfus verließ die Schankstube, und der andere sprach mit der Schankmaid, ging mit ihr in eine Kammer, zu der ich keinen Zutritt hatte.«
    Anna zog die Augenbrauen leicht nach oben, unterbrach seine Ausführung jedoch nicht weiter.
    »Also wartete ich. Beim Schlag der Abendglocke verkündete der Wirt, dass er schließen müsse. Weder die Maid noch der Priester waren wieder aufgetaucht, und als ich draußen nachsah, stand nur noch mein Pferd vor der Schenke.«
    »Dann war der falsche Priester noch drinnen?«
    »Glaub ich nicht. Ich ging um das Haus und entdeckte eine Hintertür und Fußabdrücke von drei Paar Schuhen im Schnee, die nach vorn zum Pferdehalter führten. Ich habe versucht, den Spuren zu folgen, aber bereits bei der nächsten Ecke verloren sie sich in vielen anderen.«
    Aufmerksam hatte Anna zugehört, legte nun nachdenklich die Bürste weg. Wenn dieser Priester echt war und etwas mit dem Mord an ihrem Vater zu tun hatte, dann könnte die Kirche ihre Hände im Spiel haben. Diese Erkenntnis traf Anna, aber sie drängte den Gedanken vorerst beiseite.
    »Sagten die Büttel eigentlich, warum sie noch nicht bei uns waren?«
    »Angeblich zu viel zu tun, und sie wollten in der Trauer nicht stören.«
    »Und die Mörder sind inzwischen über alle Berge? Wenn man allen Mördern so viel Zeit lässt, haben die ein leichtes Leben.«
    »Du kennst doch die Lage in Bremen. Momentan geht alles drunter und drüber, niemand gibt richtige Anweisungen.«
    »Natürlich«, räumte Anna resigniert ein. »Und wann wollen sie endlich zu uns kommen?«
    »Heute.«
    Sie überlegte. »Hm.« Wie sollten sie herausbekommen, mit wem der Büttel sich getroffen hatte? War er einer der Mörder oder jemand, der die Männer angestiftet hatte? Oder hatte dieser Geistliche gar nichts mit der Sache zu tun, und alles war nur ein harmloser Zufall? Angestrengt dachte sie nach und legte frisches Stroh in den Trog. »Wirst du dabei sein?«
    »Wenn du es möchtest.«
    »Ja, dann könntest du fragen, ob die beiden gut heimgekommen sind oder was der Vogt gesagt hat.«
    »Ja, so könnten wir das Gespräch dahin lenken. Wenn Rudolfus etwas zu verbergen hat, wird er jedoch nicht unbedingt verraten, was er in der Schenke gemacht hat«, gab Claas zu bedenken.
    Sinnend strich Anna ihrer Stute über die Flanke. »Waren auch Frauen in der Trinkstube?«
    Claas schöpfte aus einem Fass frisches Wasser in einen Eimer und nickte. »Ein paar habe ich schon gesehen, wieso fragst du?«
    »Ich könnte sagen, ich wäre gestern dort gewesen und hätte ihn gesehen.«
    Er hielt in der Bewegung inne und seine Miene gefror. »Damit man dich für eine Hure hält, die sich in Schenken herumtreibt?«
    Anna erschrak über die Heftigkeit seines Ausbruchs. »Ich meine ja nur, dass es eine Möglichkeit wäre. Ist jede Frau, die eine Schenke besucht, gleich eine Hure?«
    »Die meisten schon. Vor allem die, die ohne ihre Männer dort einkehren.«
    »Du kennst dich gut aus.«
    Claas schwieg.
    »Ich versuche zu helfen, und du beschimpfst mich.«
    »Habe ich nicht! Ich will nur nicht, dass du einen schlechten Ruf bekommst.«
    Beide starrten sich böse an. »Danke für deine Fürsorge!«, sagte sie übertrieben betont.
    »Bitte!«, machte er sie nach, was sich tatsächlich ziemlich albern anhörte. Sie funkelten sich einen Moment an, doch dann musste Anna lachen, und auch Claas verlor seine finstere Miene.
    »Ich gebe zu, es war kein guter Einfall«, lenkte sie ein.
    »Und ich weiß, dass du es gut meinst«, sagte er versöhnlich. »Aber besser ist es, ich gebe zu, dass ich in der Schenke war. Außerdem kann ich Simon später fragen, ob er mir mehr über Rudolfus erzählen kann.«
    Als sie die Wohnküche betraten, war Annas Mutter damit beschäftigt, Thea einen Zopf zu flechten. Beide Frauen hatten glasige Augen und gerötete Wangen. Auf dem Tisch standen zwei halb leere Krüge Bier. Offenbar hatten sie ihren Kummer damit fortgespült.
    »Da seid ihr ja. Schenkt euch von dem guten Bier ein, es ist noch genug da.« Magda Olde lallte leicht. »Anna, hast du ihm deine Antwort mitgeteilt?«
    Claas nahm sich einen Becher aus dem Regal und sah neugierig zu ihnen herüber,

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