Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
Vom Netzwerk:
»Ich weiß, dass es sonderbar klingen mag, doch ich bin diese Ehe mit Claas auch aus ungewöhnlichen Gründen eingegangen.« Anna senkte die Lider. »Und ich habe meinem Mann nicht beigewohnt«, ergänzte sie leise.
    Eine seiner Augenbrauen schnellte in die Höhe. »Möchtest du mir die Gründe erklären, warum ihr diese Ehe eingegangen seid?«
    Sie sah ihn einen Moment an. Nein, überlegte sie, sie durfte ihm nichts vom Roland erzählen. »Es war einfach eine Torheit«, sagte sie stattdessen.
    »Es ist sehr schwierig, das vor seiner Exzellenz, meinem werten Onkel, zu rechtfertigen. Gibt es noch weitere Gründe?«
    »Ja, er war nach der Hochzeit bei einer Bademagd.« Nun sah Anna ihn fest an.
    »Er hat eine Magd dir vorgezogen?«
    Anna nickte resigniert.
    »Gräm dich nicht, meine Liebe. Ich werde versuchen, dir zu helfen, so gut ich kann.« Er nickte aufmunternd. »Also, als Erstes muss dein Mann einverstanden sein. Ist er das?«
    »Ja.«
    Heinrich beugte sich nach vorn und legte seine noch immer gefalteten Hände vor sich auf den Tisch. »Dann will ich versuchen, eine Audienz für euch zu bekommen. Ihr müsst dazu allerdings zusammen erscheinen.«
    »Hab keine Sorge, das werden wir.«
    »Das ist gut. Leider ist seine Exzellenz momentan unpässlich, doch ich bin guter Dinge, dass er bald wieder wohlauf sein wird und ich dein Anliegen vortragen kann.«
    »Danke, Heinrich. Ich bin so froh, dich getroffen zu haben.« Sie lächelte ihn an, und er erwiderte das Lächeln.
    »Versprechen kann ich dir nichts, aber ich werde seiner Exzellenz zureden und dich wissen lassen, wann er euch empfängt.«
    Heinrich brachte sie zum Kirchenportal zurück und versprach, sich so schnell wie möglich zu melden. Dann verabschiedete er sich. Anna ging langsam die Treppe hinunter. Sie hatte erwartet, große Erleichterung zu fühlen, doch sie spürte nur eine Leere in sich.
    Der Blick auf das neue Rathaus rief ihr ins Gedächtnis, dass sie zu Hemeling gehen sollte. Seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, waren einige Wochen vergangen. Weder von den Bütteln noch vom Vogt war eine Nachricht gekommen, und auch die Frage, ob sie den Roland fertigstellen durften oder nicht, stand noch aus. Sie holte tief Luft, dann bahnte sie sich ihren Weg durch die schlammigen Gassen zum alten Rathaus.
    Vor dem Gebäude standen ungewöhnlich viele Menschen in kleinen oder größeren Gruppen zusammen. Überall wurde gemurmelt und gewispert, manche unterhielten sich auch laut. Anna ging langsam durch die Menge und schnappte dabei einige Gesprächsfetzen auf.
    »Wie gut, dass der Stadtsäckel schon leer war …«, lachte ein älterer Mann.
    »… teure Kunstgegenstände soll er da gehabt haben«, wisperte eine Frau einer anderen zu.
    »Und weit und breit war kein Büttel zu sehen«, antwortete diese.
    Ein junger Mann in der schwarzen Arbeitstracht der Zimmerleute stellte sich zu einer kleinen Gruppe Handwerker. »Moin, was ist denn passiert?«
    »Die ham im Rathaus eingebrochen und wohl die meisten Sachen von Hemeling geklaut«, sagte ein breitschultriger Jüngling.
    »Was du nich sachst.«
    »Jo.«
    »Und was hamse dem geklaut?«, wollte der Zimmermann wissen.
    »Weiß man noch nicht. Er und einige andere Ratsherren sind ja nicht in der Stadt.«
    Die umstehenden Männer und eine Frau lachten. Anna blieb stehen und drehte sich der Gruppe zu. »Verzeihung, ich hörte, dass Hemeling nicht da ist. Wisst ihr, wo er ist und wann er zurückkommt?«
    Die Gruppe musterte Anna von oben bis unten.
    »Werte Dame … so nehmt mich statt des Ratsherren.« Einer der Jüngeren verbeugte sich übertrieben, worauf die Umstehenden prustend zu lachen begannen. Anna wollte einfach weitergehen, doch der Mann hielt sie am Arm zurück. »Na, wer wird denn gleich flüchten.«
    »Lass mich los, sonst …«
    In diesem Moment ertönte hinter ihr eine vertraute Stimme: »Nimm deine Finger von meiner Frau!«
    Abrupt ließ der Jüngling sie los, und Anna drehte sich erleichtert um. Claas sprang von der Kutsche, welche mit einem großen Stein beladen war. Drohend kam er auf die Gruppe zu, und der junge Mann wurde blass.
    »Nein, nein«, mischte der Zimmermann sich hastig ein. »Wollten ihr nur ’nen Streich spielen und gerade antworten.«
    »Dann tu es. Wir warten.«
    »Vier Ratsherren, darunter Hemeling, sollen vor ein paar Tagen zum Grafen von Hoya aufgebrochen sein, weil wieder ein paar seiner Bauern weggelaufen sind und in Bremen Unterschlupf gefunden haben. Und der Graf hat jetzt

Weitere Kostenlose Bücher