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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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dem Finger über die Kehle fuhr. Heinrich bedeutete ihm zu schweigen, und Georg verstummte.
    »Dann steht deinem neuen Leben nichts mehr im Wege. Wir wollen unseren Abschied mit einem teuren Wein begießen. Du magst doch guten Wein?« Er zog seine Augenbrauen hoch und wartete auf Georgs Antwort. Der bejahte und rieb sich in Vorfreude die Hände.
    Heinrich nickte zufrieden, goss zwei Krüge voll und gab unbemerkt eine Prise Pulver aus seinem Lederbeutel in Georgs Becher. Als sie ihre Getränke geleert hatten, schlug die Glocke zur Media Nox, und Georgs Kopf fiel schwer auf den Tisch.
    ***
    Ärgerlich betrachtete Claas am nächsten Morgen, was er in seiner Wut mit dem Sockelstein angestellt hatte. Die Furchen, die er geschlagen hatte, waren tief, zu tief, als dass er jetzt noch zu den anderen Steinen passte. Plötzlich ließ ihn eine Hand auf seiner Schulter herumfahren.
    »Da hast du ja was Schönes angerichtet.« Franziskus stand mit einer Scheibe Brot in der Hand kauend hinter ihm und deutete auf den Sockel.
    »Ich weiß, und nicht nur mit dem Stein. Wo ist mein kleiner Bruder?« Claas wusste, dass er einiges gutzumachen hatte.
    »Der kommt gleich, aber mach dir um ihn keine Gedanken, er hat das dicke Fell von Vater geerbt.«
    »Ich weiß. Aber ich war sehr schroff zu ihm und muss mich entschuldigen.«
    Franziskus nickte. »Und wenn wir nur zwei Stufen machen, anstatt drei?«
    Claas war dankbar über den Themenwechsel, auch wenn diese Frage nicht angenehmer war. »Sicher würde das gehen, aber es wäre nicht im Sinn von Hemeling.«
    »Tja, noch ist Zeit, und du könntest es zum Schluss machen. Wenn es dir nicht gelingt, dann gibt es eben nur zwei Stufen.«
    »Nein!« Claas sah wieder nachdenklich auf die schadhafte Stufe, als Stephan die Werkstatt betrat. Mit einem Lächeln kam er auf ihn zu.
    »Guten Morgen.«
    »Tut mir leid, dass ich gestern so harte Worte gebraucht habe. Irgendwie war ich nicht Herr meiner Sinne.«
    Sein Bruder machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Schon vergessen. Aber das hier …«, er zeigte ebenfalls auf den Stein, »… können wir nicht so leicht beseitigen.«
    »Ich weiß.« Claas seufzte und starrte abermals auf die Stufe.
    Schweigend betrachteten sie die Furchen und Rillen. Plötzlich hatte Claas vor Augen, was er machen musste. Ganz deutlich sah er ein Gesicht in dem Sockel, das er nur noch herauszuhauen brauchte. Nun wusste er, wie er vielleicht wiedergutmachen konnte, was er gestern angerichtet hatte.
    »Was wirst du jetzt machen?«, fragte Stephan.
    »Umziehen.«
    Verwundert sahen seine Brüder zu ihm auf und entlockten Claas ein Lächeln.
    »Was meinst du damit?«, hakte Franziskus nach.
    »Vorerst werden wir wohl packen und nach Bremen ziehen müssen. Dort wird sich alles zeigen.«
    »Ich sprach eigentlich von dem Sockel.« Stephan zog eine Augenbraue nach oben und sah in diesem Moment wie ihre Mutter aus.
    Claas lachte. »Ich weiß, aber das findet sich.«
    »Na dann, lasst uns packen.«

13
    Simon liebte den Winter, denn die meisten lichtscheuen Gestalten wie Gauner, Diebe und Mörder verkrochen sich bei der Kälte lieber an einem warmen Platz, statt ihr Unwesen zu treiben. Seine Kollegen begrüßten ihn träge, als er die Wachstube betrat, und er grüßte gut gelaunt zurück. Immerhin hatte Barbara ihm gestattet, um sie zu werben, und so konnte ihm nichts seine Laune verderben.
    Er legte seinen schweren Umhang ab und wärmte sich seine immer kalten Finger am kleinen Feuer des Kohlebeckens. Einen Kamin hatte der Raum nicht, und so wurde es nie richtig warm. Sein Amtsgenosse Konrad putzte gelangweilt sein Messer, Christian hatte die Augen geschlossen, die Beine auf einen zweiten Stuhl gelegt und döste vor sich hin. Die anderen hatten entweder frei oder waren draußen in der kalten Stadt unterwegs. In der Wachstube versammelte sich nur eine kleine Truppe, welche die Order des Vogts entgegennahm und Bürgern zu Hilfe kam, wenn diese durch ein Verbrechen in Not gerieten oder es zu Streitigkeiten kam.
    Simon goss sich etwas Wasser ein und ging seufzend die Treppe zum Kerker hinunter. Mit jeder Stufe stank es mehr nach Pisse und anderen Exkrementen, doch er wollte wissen, ob es neue Gefangene gab. Er nahm die kleine Fackel, die im Gang hing, und inspizierte die Zellen. In der ersten saß Langfinger Hannes, der wieder einmal bei einem kleinen Diebstahl erwischt worden war. Nun wartete er darauf, dass sein Opfer ins Wachhaus kam, wo es ihn verprügeln durfte. Hannes fehlten

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