Rolf Torring 035 - Kampf um Macht
Pongos sei, also zu unseren erbitterten Gegnern gehörte, da durchbrach er plötzlich einen dichten Busch und setzte dann in weiten Sprüngen über eine Lichtung.
Ringsum gellten Warnungs- und Schreckensrufe auf, ich sah Neger aus den Büschen hervorbrechen und hinter uns herrennen, aber gleichzeitig erscholl auch vor uns ein lautes, triumphierendes Geschrei, und plötzlich sausten an beiden Seiten Speere vorbei, den nachrennenden Negern entgegen.
Dann sah ich blitzschnell dicht vor meinem Gesicht die Dornenhecke des Dorfes, durch deren Tor der Neger rannte, dann warf er mich wie ein Stück Holz auf den Boden.
Halbbetäubt von dem harten Sturz, hörte ich noch das frenetische Jubelgeschrei aus vielen Negerkehlen. Sie konnten ja jetzt auch triumphieren, hatten sie doch in mir eine sehr wertvolle Geisel.
Bald wurde ich wieder emporgerissen und stand nun taumelnd einem großen, breitschultrigen Neger gegenüber, dessen Gesicht von Verschlagenheit und Grausamkeit zeugte. Er redete mich in Pidgin-Englisch an.
»Masser dumm, Masser sterben müssen, wenn Pongo Dorf angreift. Maku Häuptling bleiben."
Das war also Maku, der Bruder des versehentlich ermordeten Kanda. Ich hatte gewiß in der Gewalt dieses Negers nichts zu lachen, denn seine Miene drückte jetzt eine derartig boshafte Freude aus, daß ich tatsächlich auf alles gefaßt war.
Er rief den umstehenden Negern einige Worte zu, und sofort wurde ich gepackt und ins Dorf hineingerissen. Trotz meiner schlimmen Lage sah ich doch, daß die Hütten dieses Dorfes besser und größer gearbeitet waren als sonst in afrikanischen Dörfern; auch herrschte eine größere Sauberkeit. Und wohl nicht mit Unrecht führte ich das auf Pongos Einfluß zurück.
In der Mitte des Dorfes befand sich ein großer Platz, der Versammlungsort, auf dem sich der im Kongogebiet übliche »heilige Baum" erhob. Und an diesen Baum wurde ich jetzt fest angebunden, so brutal und raffiniert, daß eine Befreiung für mich völlig ausgeschlossen war.
Auch beorderte Maku drei Neger, die sich dicht vor mir, auf ihre Speere gestützt, aufstellten und keinen Blick von mir abwandten.
Jetzt erst kam ich so recht dazu, meine Lage völlig zu überdenken. Ich hatte damit, daß ich die verborgene Lichtung im Urwald so eigenmächtig verließ, einen ganz abscheulichen Fehler begangen, der auch Pongo schwer traf, denn der treue Riese würde jetzt nichts gegen seine feindlichen Stammesgenossen unternehmen können, da er mich ja in ihrer Gewalt wußte.
Eine Änderung wäre nur eingetreten, wenn ich mich hätte befreien können, aber das war völlig ausgeschlossen. Mein Kopf brummte noch immer, als hauste ein starker Bienenschwarm in ihm, d er Schlag mit dem Speerende und der Anprall an den Baum machten mir sehr zu schaffen.
Es war nur ein Glück, daß ich unter dem Laubdach des Baumes stand, denn meinen Tropenhelm hatte ich ja verloren, und mit ungeschütztem Kopf wäre ich der brennenden Sonne wohl bald erlegen.
Im Augenblick bestand diese Gefahr allerdings nicht, denn die Sonne neigte sich schon dem westlichen Horizont entgegen, und die Nacht mußte bald hereinbrechen.
Ziemlich trübe lag die Zukunft vor mir, und zu den körperlichen Schmerzen gesellten sich noch die schweren Vorwürfe, die ich mir machen mußte.
Gerade in dieser Nacht hatte Pongo das Dorf angreifen wollen, um eine Entscheidung herbeizuführen, denn da waren die Neger noch durch den Tod ihres Anführers Kanda erschüttert. Jetzt aber, da sie mich als Geisel hatten, war ihre Zuversicht natürlich wieder gestiegen.
Langsam beruhigte ich mich, und dann probierte ich sehr vorsichtig, meine Fesseln zu lockern. Hin und her drehte ich meine Handgelenke, denn vor allen Dingen wollte ich erst meine Hände frei haben. Zwar hatten mir die Neger noch ein starkes Seil um die Brust geschlungen und um den Baum verknotet; hätte ich aber erst die Hände frei, könnte ich vielleicht mein Messer ziehen und mich vollends von meinen Banden befreien.
In ihrem Triumphgefühl hatten es die Neger versäumt, mir meine Waffen zu nehmen, nur meine Büchse hatte Maku an sich genommen. Aber mit meinen beiden Pistolen konnte ich schon hoffen, mir einen Weg durch die Feinde zu bahnen.
Zwar waren meine Hände sehr fest zusammengeschnürt, aber die Stricke, offenbar aus Kokosfasern gefertigt, dehnten sich doch durch meine dauernden Bewegungen. Es war eine Arbeit, die mir den Schweiß auf die Stirn trieb, denn abgesehen von der Anstrengung, mußte ich auch noch darauf
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