Rolf Torring 049 ~ Zum Groß-Nama-Land
furchtbaren Verletzung sterben sollte.
Ein Tatzenhieb hatte ihn mit furchtbarer Wucht getroffen, und die vier breiten Rißwunden durchfurchten breit und tief das Fleisch vom Kinn herab die ganze Brust.
Diese Risse mußten vernäht werden, sonst war jede Rettung unmöglich, denn schon begann das Wundfieber durch seinen Körper zu rasen, wie wir aus dem krampfartigen Schüttelfrost sehen konnten, der ihn jetzt ergriff.
Doch das Wasser, das ihm Rolf reichlich eingeflößt hatte, zeigte seine Wirkung. Der Verletzte schlug die Augen auf, große, braune Augen, die ebenfalls ein jugendliches Feuer zeigten. Meine erste Meinung, daß dieser Mann ungefähr fünfzig Jahre alt sein müßte, änderte ich jetzt. Er hatte wohl sehr viel im Leben durchgemacht und dadurch das alte Gesicht erhalten. Seinem Körper und den Augen nach konnte er Ende der Dreißiger Jahre sein.
Einige Sekunden blickte er uns starr an, dann stieß er mühsam hervor:
„Wer sind Sie? Wo haben Sie mich gefunden?"
„Wir sind einfache Wanderer," sagte Rolf, „und haben Sie in einer Höhle in der abfallenden Felswand hier in der Nähe gefunden."
Der Verwundete dachte scharf nach, wie ich an den tiefen Falten sah, die sich in seine Stirn gruben. Dann nickte er und sagte:
„Jetzt weiß ich es wieder. Der Löwe schlug mich nieder und ich rollte den Abhang hinunter. Ich fiel in eine Höhle, dann prasselten schwere Steine herab. Nur dadurch bin ich gerettet worden, dieser Teufel nahm wohl an, ich wäre zerschmettert."
Ich blickte Rolf erstaunt an. Wieder war der Name „Teufel" gefallen, diesmal von den Lippen eines Schwerverletzten. Dann hatte doch dieser Geheimnisvolle, der die drei Löwen auf uns gehetzt hatte, wieder seine Hand dabei im Spiel?
„Meinen Sie den Teufel mit seinen Löwen?" fragte Rolf.
„Ja." Der Verwundete blickte uns lange an, dann sagte er weiter: „Ihnen kann ich trauen, das sehe ich. Wollen Sie mir weiter helfen?"
„Gewiß," nickte Rolf sofort, „uns können Sie sich anvertrauen. Wir haben schon vielen Leuten geholfen. Vielleicht haben Sie auch schon unsere Namen gehört, ich heiße Torring, und hier ist mein Freund Warren."
„Ah, wo ist dann Ihr Pongo?" fragte der Fremde sofort.
„Er bewacht den Teufel, der sich in der Nähe befindet."
„Hat er gesehen, daß Sie mich gerettet haben?" fragte der Verwundete sofort besorgt.
„Nein, ich schoß sofort auf ihn, als sein Kopf hinter einem Felsblock auftauchte."
„Das ist gut. Haben Sie noch etwas Wasser? Ich habe wohl sehr lange in der Höhle gelegen?"
„Ich schätze seit zwei Tagen," sagte Rolf, „denn gestern abend war der Teufel mit seinen Löwen viele Kilometer von hier entfernt an unserem Lagerplatz. Es war in nordöstlicher Richtung."
„An einem dichten Dornengebüsch," fiel der Verletzte sofort ein. „Das muß sein Schlupfwinkel sein, denn bis dorthin habe ich ihn schon oft verfolgt. Doch ich wagte nie einzudringen, denn die Löwen hätten mich wohl sofort zerrissen."
Er trank in langen Zügen aus Rolfs Feldflasche, dann aß er einige Stücke gedörrtes Antilopenfleisch und sagte:
„Das hat gut getan, ich danke Ihnen meine Herren. Ich will Ihnen meine Geschichte erzählen. Ich heiße John King. Mit fünfzehn Jahren kam ich mit meinem Vater nach Afrika, erst ins Betschuanaland, nach dem Kriege habe ich mich in Bethanien angesiedelt. Ich habe viel durchgemacht. Aufstände der Schwarzen, die meine Angehörigen vor meinen Augen gräßlich abschlachteten, Verrat von Freunden, ja selbst von meiner geliebten Frau. Deshalb sehe ich alt aus, aber ich zähle erst siebenunddreißig Jahre."
King machte eine kurze Pause und sann vor sich hin. Sein Gesicht zeigte dabei einen traurigen und verbissenen Ausdruck. Der Mann mochte durch den Verrat seiner Frau am meisten gelitten haben. Dann atmete er tief auf und fuhr fort:
„Als mein Weib mit einem Reichen floh, beschloß ich, auch mir schnell recht viel Geld zu schaffen. Ich hatte erkannt, daß man mit Geld alles auf der Welt erreichen kann." Er lachte bitter auf. „Alles, auch die Liebe einer sogenannten treuen Frau. Ich besitze in Bethanien einen kleinen Store, der mich redlich ernährte. Jetzt aber ließ ich ihn hauptsächlich in den Händen meines Bruders; ich selbst aber zog in die Wildnis hinaus, tage- und wochenlang, und suchte Diamanten. Der Sandgürtel dieses Landes ist
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