Rolf Torring 083 - Der rosa Diamant
die Inder unser Näherkommen auf die Weise gewahr wurden. Sanka schien mir klug genug, den Lärm, der sich dem Dorfe näherte, richtig zu deuten.
Als wir den Rand des Waldes erreicht hatten, machten wir zunächst halt und lauschten zum Dorf hinüber, das kaum dreihundert Meter entfernt lag. Lebhaftes Stimmengewirr drang durch die klare Nachtluft. Hinter uns verstummte bald der Lärm der Vögel und Affen. Nur die zahllosen Insekten vollführten die uns aus anderen Nachtwanderungen gut bekannten Urwaldkonzerte.
„Schade, daß sie unser Kommen bemerkt haben," flüsterte Rolf. „Jetzt können wir uns auf einen Kampf gefaßt machen. Es hilft aber nichts. Wir warten wohl besser noch eine Viertelstunde."
„Mitten durch die Hütten können wir kaum schleichen," sagte ich. "Das Dorf gleicht noch immer einem Bienenschwarm. Ich schlage vor, daß wir außerhalb des Dorfes einen Weg zur Anlegestelle der Sampans suchen."
„Ja," nickte Rolf, „laß uns noch bis zum Rand der Büsche vordringen und von da einen Weg zum Fluß wählen. Wenn Posten aufgestellt sind, muß sie Pongo geräuschlos überwältigen."
Wir schlichen bis zum Rand der Büsche vor. Im Dorf brannten helle Lagerfeuer, in deren Schein wir dunkle Gestalten umher laufen sahen.
„Sanka scheint etwas Besonderes mit uns vorzuhaben, Hans," meinte Rolf. "Paß auf, so leicht werden wir nicht zu einem Sampan kommen. Die Dorfbewohner halte ich zwar für nicht besonders mutig. Vielleicht hat Sanka aber von den Europäern Mittel in die Hand bekommen, mit denen er hofft, uns beseitigen zu können, ohne sich in einen offenen Kampf einzulassen. Ich denke an vergiftete Pfeile und ähnliche Mittel."
„Glaubst du, ihn an der Verwendung solcher Mittel hindern zu können?" fragte ich.
Rolf überlegte kurz, dann sagte er:
„Mir ist eine gute Idee gekommen, Hans. Laß uns bis zur ersten Hütte vorkriechen! Nein, ich werde allein vorgehen. Paßt ihr scharf auf.
„Was hast du denn vor, Rolf?" fragte ich besorgt und erstaunt. "Du mußt über den freien Platz, der vom Mond hell beleuchtet wird. Da kannst du gesehen werden."
„Das schon! Wenn wirklich ein Posten Wache halten und mich überraschen sollte, mußt du eingreifen."
Rolf legte sich flach auf die Erde und robbte zwischen den Büschen hindurch auf die Lichtung. Sein graugrüner Anzug verschwamm im silbernen Licht des Mondes mit dem hohen Gras. Um ihn zu entdecken, mußte ein Posten schon ganz gute Augen haben. Hören konnte man ihn nicht, denn Rolf kroch ganz geräuschlos vor.
Das beruhigte mich ein wenig. Trotzdem beobachtete ich scharf den Rand des Dorfes. Nichts zeigte sich dort. Sanka hatte wohl nur Posten am Ufer aufgestellt, da er uns dort erwartete, wenn er nicht das für ihn Näherliegende annahm, daß wir bis zum nächsten Dorfe marschiert seien.
Rolf war schneller, als ich es geglaubt hatte, bis zur ersten Hütte des Dorfes vorgekrochen. Er lauschte einige Augenblicke und erhob sich langsam in knieende Lage. Ich sah ein winziges Licht aufflammen, das sich rasch vergrößerte.
Rolf warf sich herum und kroch rasch zurück.
An der Hütte aber griff die Flamme mit großer Geschwindigkeit um sich. An dem ausgetrockneten Bambus und den dürren Palmblättern fand es die beste Nahrung.
Rolfs Trick war einfach und wirksam. Durch das Feuer wurde die Aufmerksamkeit der Dorfbewohner abgelenkt. An sich war weder Rolf noch ich für so vandalische Mittel. Hier aber glaubte er mit Recht, sich einen solchen Eingriff in das Eigentum der Dorfbewohner erlauben zu können, nachdem der Dorfälteste einen — man muß es schon so nennen — Mordanschlag auf uns versucht hatte, dem wir nur durch Rolfs Aufmerksamkeit entgangen waren.
Jetzt durften wir damit rechnen, daß wir ungehindert zu einem Sampan kamen.
„Schnell ans Ufer," flüsterte Rolf, als er uns erreicht hatte. „Ich vermute, daß die Inder uns hier bald suchen werden. Sie haben den Feuerschein schon bemerkt. Hoffentlich verlassen die Posten am Ufer, die wir vermuten, durch das Feuer angelockt, auch ihre Stellungen."
Im Dorfe erhob sich allgemeines Geschrei. Ich warf schnell noch einen Blick auf die jetzt lichterloh brennende Hütte. Wie aufgestörte Ameisen strömten die Dorfbewohner der Brandstätte zu. Sie mußten befürchten, daß die Flammen auch auf die anderen Hütten übergreifen könnten. Der brennende Bambus sprühte im weiten
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