Rolf Torring 084 - Der Geisterzug
Er kniff die Augen zusammen. Sein Blick wurde hart. Energisch deutete er auf die her abgestürzten Felstrümmer.
Das sollte wohl bedeuten, daß wir versuchen sollten, sie so schnell wie möglich beiseitezuräumen. Eile tat wirklich not, denn wir konnten nicht wissen, wie weit das Gestein vom Wasser, von dem es viele hundert Jahre lang umspült wurde, zerwaschen war.
Wie ein Akkordarbeiter ging Pongo den herabgestürzten Felsmassen zu Leibe. Unsere Taschenlampen warfen ihren Schein auf den schwarzen Riesen, der mit seinen gewaltigen Händen die schweren Steinblöcke losriß und hinter sich rollte.
Abwechselnd schleppten Rolf und ich die Steine zur Seite und schichteten sie an der linken Wand der Grotte auf. Wir mußten die Trümmer sehr sorgsam legen, um möglichst viel Platz zu behalten. Sollte der ganze Tunnel eingestürzt sein, würden wir kaum genügend Raum behalten, um alle Trümmer hinter uns zu schaffen.
Die Erschütterungen, die Pongos Arbeit hervorrief, ließen das Gestein bedenklich knacken. Wenn ein neuer Zusammenbruch des mürben Gesteins, ein Nachrutschen der neuen Decke erfolgte, war Pongo, waren wir verloren. Zwanzig Meter türmte sich das Gestein über uns. Wenn die ganze Masse ins Rutschen käme — nicht auszudenken! Wir würden kaum gefunden werden!
Plötzlich sprang Pongo, der sich gerade um feinen großen Block bemühte, mit einem Riesensatz zurück. Im Sprunge riß er uns zu Boden. Im gleichen Augenblick dröhnte und polterte es im Tunnel.
Als wir uns aufgerafft hatten und die Lampen in Richtung des einzigen Ausgangs richteten, sahen wir, daß ein schwerer Steinblock herabgefallen war.
Pongo mußte das drohende Verhängnis in der letzten Sekunde bemerkt haben. Seine Bewegung war so schnell und elegant gewesen, daß ich unwillkürlich an den Sprung eines Tigers erinnert worden war.
In meine Freude über das Entkommen aus der Gefahr mischte sich Besorgnis. Unsere Aussichten, aus der Grotte herauszukommen, hatten sich bedeutend verringert. Aber Pongo sprang schon wieder vor und ergriff den Block, der ihn fast erschlagen hätte. Er mußte seine ganze Kraft anwenden, um die Last zu bewegen.
Wir konnten ihm bei seiner Arbeit kaum helfen. Der Tunnel war so eng, daß an den Blöcken nur einer arbeiten konnte. Aber der schwarze Riese schaffte es. Knirschend wich der Block zurück. Pongo kippte ihn um, dann packten Rolf und ich ihn gemeinsam und wälzten ihn zur linken Wand.
Pongo war schon wieder in den gefährlichen Tunnel getreten. Das Gestein war so weit nachgerutscht, daß jetzt die Decke höher lag. Aber es war zum Glück kein Geröll, sondern ein großer Steinblock, der sich fest gequetscht hatte. Die Gefahr eines weiteren Einsturzes war dadurch verringert worden. Pongo strengte seine letzte Kraft an. Wir konnten die Trümmer kaum schnell genug zur Seite schaffen, die er hinter sich warf und rollte.
Endlich wandte er sich langsam um und winkte uns. Mühsam kroch er durch die enge Öffnung, die er in dem Geröllberg durch Herauszerren eines großen Felsstückes geschaffen hatte.
So schnell bin ich nie im Leben durch eine enge Öffnung gekrochen. Ich mußte jeden Augenblick einen neuen Einsturz befürchten.
Auf der anderen Seite des Durchschlupfes lag der Tunnel unversehrt. Schnell eilten wir ihn entlang ins Freie. Als ich das Ende des Ganges und den hellen Mondschein sah, schaltete ich die Lampe aus und ging leise und vorsichtig zur Öffnung. Ich lauschte, aber ich hörte nichts Verdächtiges. Ich blickte, den Kopf möglichst weit vorstreckend, hinaus. Nichts war zu sehen, auch nicht oben am Rande der Schlucht. So trat ich beruhigt hinaus. Rolf und Pongo folgten schnell.
Vor dem Eingang des Stollens blieb Rolf ein paar Sekunden stehen und blickte die Todesschlucht nach beiden Seiten entlang. Er wandte sich nach Süden und schritt weiter in die eigenartige Schlucht hinein.
Wieder kamen wir auf eine Strecke, die weder Risse noch kleine Löcher an den Wänden und auf dem Boden aufwies. Wieder versuchte Rolf mit einem Streichholz, ob hier keine Kohlensäure lagere. Dann nahmen wir die Masken ab.
„Ein eigenartiges Naturgebilde," meinte Rolf, sich den Schweiß aus dem Gesicht wischend. „Die Spukreiter müssen sehr genaue Beobachtungen angestellt haben. Sonst weiß von dem streckenweisen und periodischen Ausströmen der Kohlensäure bestimmt niemand. Früher einmal muß Wasser die Schlucht
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