Rolf Torring 084 - Der Geisterzug
bot, schaltete ich die Taschenlampe ein. Überall im Boden und an der Wand feine Risse, Sprünge und Löcher. Hier mußte besonders viel Kohlensäure entströmen. Ohne Masken wäre uns das Betreten des Stollens gar nicht möglich gewesen.
Der Gang des Bodens trug eine Staubschicht, in der sich deutlich die Spuren vieler Füße ausprägten.
Vielleicht war es auch hier so, daß zu bestimmten Stunden der Kohlensäuredruck nachließ oder ganz aufhörte. Dann betraten sie wohl die Höhle und verließen sie wieder, wenn der Kohlensäuredruck begann.
Ich war gespannt, ob wir etwas entdecken würden. Wenn ein Schatz hier versteckt war, hatten die Spukreiter ja genügend Zeit gehabt, ihn zu suchen, zu finden und aufzudecken. Sie hatten, wenn unsere Annahme allgemein stimmte, aber wohl noch nicht alle Reichtümer wegschleppen können. Sonst würden sie kaum wiedergekommen sein.
Ich erwartete, daß wir vielleicht eine Grotte finden würden, in der der Schatz gelagert war.
Im Vorwärtsschreiten fiel mir ein, wie die Reiter wohl in die Schlucht kämen. Das Problem stand noch zur Lösung offen. Sie waren so oft und von so vielen Menschen beobachtet worden, wenn sie die Schlucht verließen, aber niemand hatte sie noch die Schluckt betreten sehen.
Wenn sie fortritten, strebten sie, wie wir selbst gesehen hatten, dem Vindhya-Gebirge zu. Wie kamen sie also zurück? Ich war so in meine Überlegungen vertieft, daß ich plötzlich gegen Pongo stieß, der stehengeblieben war.
Der Gang hatte sich erweitert. Wir befanden uns wirklich in einer Art Grotte, wie ich es erwartet hatte. Der mäßig große Raum war leer, also anscheinend schon ausgeraubt.
Uns gegenüber waren die Spuren der Schatzsucher zu sehen. Dort hatten sie damit begonnen, große Felstrümmer, die den weiten Gang wohl versperrt hatten, zur Seite zu räumen. Diese Arbeit war nicht leicht und erklärte die regelmäßigen Besuche. Ein Naturereignis mußte den Gang verschüttet haben, die Felstrümmer mußten in mühevoller Arbeit erst beiseite geräumt werden, ehe man weitersehen konnte.
Durch den Boden der Grotte zogen sich vielverzweigte Risse hin. Hier mußte die Kohlensäure aus dem Erdinnern mit ziemlicher Heftigkeit herausgepresst werden.
Wir hatten also gefunden, weshalb die Geisterreiter die verrufene Schlucht aufsuchten. Unsere Annahme, daß hier einst ein Schatz versteckt worden war, konnte als erwiesen gelten. Weshalb sollten sich die Reiter sonst die tägliche Mühe machen?!
Jetzt hieß es, den Weg zu entdecken, den sie nahmen, um die Schlucht zu betreten. Ein Geheimnis mußte mit dem Weg verknüpft sein, abgesehen von der Tatsache, daß er es ihnen möglich machte, die Schlucht unbemerkt zu erreichen. Warum aber benutzten sie den geheimen Zugang nicht auch für den Rückweg zum Vindhya-Gebirge?
Mit dem Lichtkegel der Taschenlampe suchte Rolf genau jede Stelle der Grotte ab. Wir bemerkten nichts Auffälliges, obwohl unsere Augen im Auffinden von Geheimtüren und versteckten Anzeichen der verschiedensten Art durch viele Erlebnisse und Erfahrungen geschult waren.
Sollte es doch irgendwo eine Tür geben, die wir übersehen hatten, eine Tür, die vielleicht den Weg zur eigentlichen Schatzkammer freigab?
Rolf machte kehrt und winkte mir zu, die Höhlengrotte zu verlassen. Hier war unsere Arbeit so erfolgreich gewesen, wie sie nur sein konnte. Aber hier konnten wir mit der Lösung der Aufgabe nicht zu Ende kommen. Es handelte sich darum, im Vindhya-Gebirge den Schlupfwinkel der Bande zu finden. Wo die vierzehn Reiter sich aufhielten, wenn sie nicht in der Todesschlucht waren, würden sich auch die fünf Detektive befinden, die sicher von den Geisterreitern überrascht, gefangengenommen und verschleppt worden waren.
Wir waren gerade dabei, uns dem Ausgang zuzuwenden, da knisterte und dröhnte es im Gestein. Mit Riesensprüngen, soweit der Gang und die Höhle es zuließen, suchten wir den Eingang des Tunnels zu erreichen, der in die Todesschlucht zurückführte. Aber es war schon zu spät.
Mit donnerndem Getöse stürzte dicht vor mir die Decke des Tunnels ein. Ich taumelte zurück und prallte gegen Rolf, der sich noch im Sprunge befand. Ich wandte mich um und blickte meinen Freund an.
Da er die Gasmaske trug wie ich, konnte ich sein Gesicht nicht sehen. Aber Rolf hielt plötzlich die Lampe so, daß die großen runden Augengläser der Maske beleuchtet waren.
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