Rolf Torring 104 - Zum Tode verurteilt
an der Küste entlang und erreichten nach einer Stunde die tief ins Land einschneidende Bucht, in die der Lalang mündet. Rolf steuerte die Jacht in die Bucht hinein, und als wir nach einer weiteren Stunde die Mündung des Lalang erreichten, suchte er nach einem geeigneten Ankerplatz für die Jacht.
Das Mündungsgebiet war sumpfig. Wir fuhren in einen Seitenarm ein und fanden schließlich einen sehr versteckt liegenden Ankerplatz, der weder von der Wasser- noch von der Landseite aus leicht entdeckt werden konnte.
Der Boden war einigermaßen fest und ermöglichte ein Vordringen ins Innere. Die Karte, die Rolf nach dem Mittagessen studierte, zeigte uns, daß wir bis zum Sokatti-See keine übermäßig große Strecke zurückzulegen hatten.
„Etwa fünfzehn Kilometer, Hans. Die können wir in vier Stunden bequem schaffen. Am besten wird es sein, die Dunkelheit abzuwarten. Ich vermute, daß noch Wächter auf der Insel im Sokatti-See sind, die sicher davon unterrichtet worden sind, daß wir in Palembang waren."
„Wenn Tinna nicht zuverlässig sein sollte, werden sie auch bald wissen, was in dem Briefe stand, den du an den Kommissar geschrieben hast."
„Tinna wird meiner Ansicht nach glauben, daß wir uns nicht weiter mit der Sache beschäftigen wollen. Trotzdem halte ich es für richtiger, die Nacht abzuwarten. Wir werden gegen Mitternacht dort sein, wenn wir bei Einbruch der Dunkelheit aufbrechen."
„Legen wir uns den Nachmittag hin, Rolf, um nachts recht frisch zu sein."
„Ein guter Vorschlag, Hans. John mag uns gegen 19 Uhr wecken."
„Nehmen wir Pongo und Maha mit, Rolf?"
„Nur Pongo, Hans. Wir müssen zur Insel hinüber. Wenn wirklich noch Tiger dort sein sollten, würde Maha uns nur hinderlich sein. Pongo soll auch ein paar Stunden schlafen."
Pünktlich 19 Uhr weckte uns John. Wir aßen noch einmal gründlich und verließen schon vor 20 Uhr die Jacht, die wir John anvertrauten. Rolf gab ihm ein paar Verhaltungsmaßregeln, falls wir binnen vierundzwanzig Stunden nicht zurückgekehrt sein sollten.
Auf der nächtlichen Wanderung trafen wir auf manches Hindernis. Alle Hemmnisse konnte Pongo mit seiner Kraft beseitigen. Der Weg führte durch einen dichten Urwaldgürtel.
Pongos Orientierungssinn war ausgezeichnet. Als wir nach einem Marsch von vier Stunden am Rande des Urwaldgürtels standen, dehnte sich vor uns ein See, der nur der Sokatti-See sein konnte.
Wir durften uns dem See nicht offen nähern, da überall Posten und Späher versteckt sein konnten. Mit den Nachtgläsern beobachteten wir die Insel, die verlassen und friedlich dalag.
„Wir wollen nach den Polizeibooten suchen, Hans, und das kleinste für die Überfahrt wählen. Hoffentlich zeigen sich heute die Krokodile nicht!"
Der Mond trat in diesem Augenblicke hinter den Wolken hervor und tauchte den See in fahles Licht. Wie als Antwort auf Rolfs Worte sahen wir auf dem See vier Köpfe — die Krokodile. Sie lagen ganz still da.
Pongo hatte sich lautlos entfernt, um die Polizeiboote zu suchen. Kommissar Rollow hatte uns auf der Karte die Stelle gezeigt, wo sie versteckt liegen sollten.
„Ein Krokodil hat sich gerade bewegt, Hans," flüsterte mein Freund mir zu. „Ich dachte zuerst, die Leute von der Insel hätten Attrappen ausgesetzt, um Neugierige vom Befahren des Sees abzuhalten."
„Wenn Labuta wieder oder noch auf der Insel ist, Rolf, wird er uns keinen freundlichen Empfang bereiten."
Ein dunkle Wolke schob sich vor den Mond. Um uns war rabenschwarze Nacht. Lauschend warteten wir auf Pongo und vernahmen nach einiger Zeit leichte Ruderschläge, die sich rasch unserem Standort näherten.
Pongo kam in einem schmalen Kanu angefahren. Wir hatten darin gerade Platz, konnten aber sehr schnell vorwärtskommen und einem Angriff der Krokodile auf jeden Fall entgehen.
Pongo zog das leichte Boot ans Ufer und flüsterte uns zu:
„Massers, drüben auf Baum sitzt ein Mann. Pongo sehr leise gewesen. Mann nichts hören können. Jetzt warten, bis Mond scheint und wieder verschwindet, dann sehr lange finster."
Ich schaute zum Himmel und mußte Pongo recht geben. Der Mond würde bald wieder hervorkommen und nach einer Weile verschwinden. Die Wolkenwand, hinter die er kriechen würde, war lang. Die Zeit mußten wir geschickt ausnutzen, um im Dunkeln zur Insel hinüber zukommen.
Als der Mond den See
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