Rollende Steine
einmischen.«
»Stimmt«, sagte Klatschmaul. »Was würden die Leute denken, wenn sie wüßten, daß wir Assassinen beauftragen?«
»Vermutlich bekämen wir dann mehr Mitglieder«, antwortete Herr Clete in einem Tonfall, der von Vernunft kündete. »Und wir könnten die Mitgliedsbeiträge erhöhen. Hätt-hätt-hätt.«
»Einen Augenblick«, sagte Klatschmaul. »Es macht mir nichts aus, für Leute einzutreten, die auf eine Mitgliedschaft verzichten. Das entspricht der Gildenehre. Aber Assassinen… nun…«
»Nun was?« fragte Herr Clete.
»Sie bringen Leute um.«
»Du möchtest doch keine Gratis-Musik, oder?«
»Nein, natürlich nicht…«
»Solche Bemerkungen hätte ich nicht von jemandem erwartet, der letzten Monat dem Geigenspieler an der Straßenecke auf die Finger gesprungen ist«, sagte Herr Clete.
»Ja, aber das war kein Mord «, verteidigte sich Klatschmaul. »Ich meine, danach konnte er weggehen. Oder zumindest wegkriechen. Und er ist nach wie vor imstande, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn auch nicht mit den Händen…«
»Und der junge Pfeifer? Ich meine den Burschen, der jetzt bei jedem Hicksen eine kurze Melodie pfeift? Hätt-hätt-hätt.«
»Das kann man nicht vergleichen mit…«
»Kennst du den Gitarrenbauer Blert Zupfgut?« fragte Herr Clete.
Der jähe Themenwechsel verwirrte Klatschmaul.
»Sein Geschäft soll in letzter Zeit ziemlich gut gehen«, fuhr Herr Clete fort. »Trotzdem bekommen wir keine neuen Mitglieder, oder?«
»Nun…«
»Wenn die Leute auf den Gedanken kommen, daß sie sich Musik anhören können, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen… Wo soll dann alles enden?«
Er richtete einen durchdringenden Blick auf die beiden Männer vor dem Schreibtisch.
»Weiß nicht, Herr Clete«, murmelte Schlurfer.
» Und der Patrizier ist ironisch zu mir gewesen«, fügte Herr Clete hinzu. »So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Diesmal sind die Assassinen dran.«
»Ich finde es nicht richtig, Leute umzubringen «, sagte Klatschmaul trotzig.
»Ich will nichts mehr davon hören«, erwiderte Herr Clete scharf. »Dies ist eine Angelegenheit der Gilde.«
»Ja, aber unserer Gilde…«
»Genau! Und jetzt sei still! Hätt-hätt-hätt!«
Der Karren rumpelte über die Straße nach Pseudopolis, vorbei an endlosen Kohlfeldern.
»Ich bin schon einmal auf Tournee gewesen«, sagte Glod. »Als ich zu ›Snori Snorivetter & Seine Messingnarren‹ gehörte. Jede Nacht ein anderes Bett. Nach einer Weile vergißt man den Wochentag.«
»Welche Tag heute ist?« fragte Klippe.
»Na bitte, es geht schon los. Und wir sind erst seit… drei Stunden unterwegs.«
»Wo wir heute übernachten?« fragte Klippe.
»In Skrote«, sagte Asphalt.
»Nach einem sehr interessanten Ort klingt«, meinte Klippe.
»Bin schon mal dagewesen, mit dem Zirkus«, entgegnete Asphalt. »Ein Kuhdorf.«
Buddy blickte über die Seite des Karrens, aber es war die Mühe nicht wert. Die weite, fruchtbare Sto-Ebene war die Speisekammer des ganzen Kontinents, doch sie bot nur dann ein interessantes Panorama, wenn man dreiundfünfzig Arten Kohl und einundachtzig Sorten Bohnen aufregend fand.
In Abständen von etwa anderthalb Kilometern brachten kleine Dörfer etwas Abwechslung in das schachbrettartige Muster aus Feldern. Die Städte lagen noch weiter auseinander. Sie hießen Städte, weil sie etwas größer waren als die kleinen Dörfer. Dort gab es zwei Straßen, die sich kreuzten, eine Taverne, einen Saatgutladen, eine Schmiede, einen Mietstall mit einem so einfallsreichen Namen wie JOES MIETSTALL, zwei Scheunen, drei vor der Taverne sitzende alte Männer sowie drei vor dem Mietstall stehende junge Männer, die sich schworen, daß sie den Ort bald verlassen wollten, um es in der großen weiten Welt zu etwas zu bringen. Ja, bald. Vielleicht schon morgen.
»Erinnert dich an zu Hause, was?« wandte sich Klippe an Buddy.
»Wie bitte? Nein! Llamedos besteht nur aus Bergen und Tälern. Und aus Regen. Und aus Nebel. Und aus Nadelbäumen.«
Buddy seufzte.
»Du dort sicher ein prächtiges Haus hattest, nicht wahr?« meinte Klippe.
»Nein, nur einen Schuppen«, lautete die Antwort. »Aus Lehm und Holz. Das heißt: aus Schlamm und Holz.«
Er seufzte erneut.
»So ist das auf der Straße«, sagte Asphalt. »Melancholie. Man kann mit niemandem reden, nur mit den Begleitern. Ich kenne Leute, die total überge…«
»Wie lange wir jetzt unterwegs sind?« fragte Klippe.
»Drei Stunden und zehn Minuten«,
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