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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Herr«, sagte der Korporal.
     
    Susanne betrachtete ihr Abbild kritisch.
    Susanne… das war kein guter Name. Aber es gab bestimmt schlimmere. Zum Beispiel die arme Jod in der vierten Klasse, oder »Nigella«, was soviel bedeutete wie »Oje, wir wollten einen Jungen«. Doch Susanne klang langweilig. Oder Sue. Unter Sue stellte man sich ein Mädchen vor, das Brote schmierte, unter schwierigen Umständen einen kühlen Kopf bewahrte und sich um die Kinder anderer Leute kümmerte.
    Zweifellos hießen Königinnen oder Göttinnen nicht Sue.
    Auch mit anderen Formen des Namens ließ sich kaum etwas anfangen. »Susi« klang, als verdiente man seinen Lebensunterhalt damit, auf Tischen zu tanzen. Und »Suzanne« hörte sich nach »Susi« mit einigen zusätzlichen Buchstaben zur Tarnung an. »Sara« war fast ebenso schlimm – der Name verlangte nach einem stützenden h.
    Nun, wenigstens konnte sie ihr Erscheinungsbild verändern.
    Der Umhang mochte der Tradition entsprechen, aber sie fand ihn scheußlich. Was kam als Alternative in Frage? Die Internatsuniform oder eines der rosaroten Kleider ihrer Mutter? Der weite Kittel des Internats für junge Damen in Quirm hatte eine stolze Vergangenheit und bot (das glaubte jedenfalls Frau Anstand) einen zuverlässigen Schutz vor allen Versuchungen des Fleisches. Doch als Kostüm für die Letzte Realität fehlte es ihm am gewissen Etwas.
    Und die rosaroten Kleider ihrer Mutter kamen absolut nicht in Frage.
    Zum erstenmal in der Geschichte des Universums fragte sich der Tod, was er anziehen sollte.
    »Einen Augenblick«, sagte Susanne zu ihrem Spiegelbild. »Ich kann doch Dinge erschaffen, nicht wahr?«
    Sie streckte die Hand aus und dachte: Tasse. Prompt erschien eine, geschmückt mit einem Totenschädel-und-Knochen-Motiv.
    »Aha«, murmelte Susanne. »Ein Rosenmuster ist wohl unmöglich. Paßt wahrscheinlich nicht zur allgemeinen Atmosphäre.«
    Sie stellte die Tasse auf die Frisierkommode und klopfte dagegen. Ein recht massives Plink erklang.
    »Na schön«, sagte sie. »Etwas Schmachtendes und Aufgedonnertes kommt nicht in Frage. Weder schwarze Spitze noch irgend etwas, das Leute tragen, die in ihren Zimmern hocken und Gedichte schreiben, während sie wie Vampire gekleidet und gleichzeitig Vegetarier sind.«
    Bilder von Kleidung huschten über die Susanne im Spiegel. Schwarz war ganz offensichtlich die einzig mögliche Farbe, doch sie wählte etwas Praktisches, ohne Rüschen. Anschließend neigte sie den Kopf ein wenig und prüfte ihr Erscheinungsbild.
    »Nun, ein bißchen Spitze«, sagte sie. »Und… etwas mehr… Mieder.«
    Sie nickte ihrem Spiegelbild zu. Es zeigte nun ein Kleid, das eine Susanne bestimmt nicht tragen würde. Allerdings befürchtete sie, daß ihr eine elementare Susannenartigkeit anhaftete, die das Gewand früher oder später durchdringen würde.
    »Freut mich, daß du hier bist«, sagte sie. »Andernfalls verlöre ich bestimmt den Verstand. Haha.«
    Dann brach sie auf, um ihren Großva… um Tod zu besuchen.
    Es gab einen Ort, an dem er sein mußte.
     
    Stumm betrat Glod die Unsichtbare Universität. Zwerge respektierten die Gelehrtheit, solange sie diese nicht selbst erfahren mußten.
    Er zupfte am Mantel eines vorbeieilenden jungen Zauberers.
    »Hier treibt sich doch irgendwo ein Affe herum, nicht wahr?« fragte er. »Ein großer, dicker, haariger Affe mit zwei Oktaven breiten Händen.«
    Der Zauberer – ein bläßlicher Student, der seine Studien nach dem ersten akademischen Grad fortsetzte – blickte auf Glod herab und offenbarte dabei jene Art von Geringschätzung, die gewisse Personen für Zwerge reservieren.
    Es war nicht besonders lustig, Student an der Unsichtbaren Universität zu sein. Man mußte jede Gelegenheit für einen Spaß nutzen.
    Die Lippen des Studenten formten ein breites, unschuldiges Lächeln.
    »Oh, ja«, sagte er. »Ich glaube, er ist in seiner Werkstatt unten im Keller. Du solltest darauf achten, ihn auf die richtige Weise anzusprechen.«
    »Ach?« erwiderte Glod.
    »Du darfst auf keinen Fall vergessen zu fragen: ›Möchtest du eine Erdnuß, Herr Tier?‹« Der junge Zauberer winkte zwei Kollegen herbei. »Das stimmt doch, oder? Er muß Herr Tier sagen.«
    »Oh, natürlich«, erwiderte einer der beiden anderen Studenten. »Wenn du ganz sicher gehen willst, den Bibliothekar nicht zu verärgern, solltest du dich unter den Armen kratzen. Das beruhigt ihn.«
    »Und sag ab und zu ›ugh-ugh-ugh‹«, schlug der dritte Student vor. »Das

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