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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hörten sie rhyth-
    misches Stampfen.
    »Danach wird eine neue Vereinbarung geschlossen«, sagte der Zwerg.
    »Unser neues Honorar enthält viele Nul en.«
    »Nul en wir schon jetzt haben«, wandte Klippe ein.
    »Ja, aber ohne irgendwelche Zahlen davor. Äh, Buddy?«
    Sie sahen sich um. Buddy schlief, beide Arme um die Gitarre geschlun-
    gen.
    »Völlig weggetreten«, kommentierte Glod.

    Er drehte den Kopf. Vor dem Karren erstreckte sich die Straße; ein
    blasses Band im Licht der Sterne.
    »Du gesagt hast, daß du nur willst arbeiten«, meinte Klippe. »Du an-
    geblich nicht werden willst berühmt. Wie es dir gefällt, viel Gold zu ha-
    ben und außerdem auch noch junge Frauen, die dir werfen zu ihre Ket-
    tenhemden?«
    »Damit muß ich mich abfinden.«
    »Ich gern hätte einen Steinbruch«, sagte der Trol .
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Und zwar einen herzförmigen.«

    Eine dunkle, stürmische Nacht. Eine Kutsche ohne Pferd saust durch
    einen wackligen, nutzlosen Zaun und stürzt in die Schlucht dahinter. Sie
    pral t nicht einmal gegen einen Felsvorsprung, bevor sie tief unten im
    ausgetrockneten Flußbett zerschellt. Das Öl der Kutschenlampen ent-
    flammt, und es gibt eine Explosion. Selbst Tragisches muß gewisse Tra-
    ditionen beachten, deshalb rol t ein brennendes Rad aus dem lodernden
    Durcheinander.
    Seltsamerweise empfand Susanne überhaupt nichts. Sie konnte Trauri-
    ges denken, weil die Umstände so etwas verlangten. Immerhin wußte sie, wer sich in der Kutsche befand. Andererseits… es war bereits al es geschehen. Sie konnte es nicht verhindern. Wenn sie in der Lage gewesen
    wäre, etwas dagegen zu unternehmen, hätten sich diese Ereignisse nie
    zugetragen. Aber sie stand hier und beobachtete es. Also war es geschehen, was bedeutete, daß sie es nicht verhindert hatte… Susanne spürte, wie die Logik der Situation mehreren schweren Bleiplatten gleich herab-fiel.
    Vielleicht gab es eine andere Welt, in der es nicht zu dem Unfall ge-
    kommen war. Eine Welt, in der die Kutsche vom Zaun abpral te oder
    gegen einen Felsen stieß, der sie vor einem Sturz in die Tiefe bewahrte.
    Eine Welt, in der sich der Kutscher an die Kurve erinnerte. Doch jene
    Möglichkeiten konnten nur existieren, wenn es auch diese Wirklichkeit gab.

    Das Wissen kam nicht aus ihrem Innern, sondern von einem viel, viel
    älteren Selbst.
    Manchmal kann man den Leuten nur helfen, indem man da ist.
    Sie wartete mit Binky in dem Schatten am Rand der Klippenstraße.
    Nach ein oder zwei Minuten klapperten Hufe. Ein Reiter näherte sich
    über den fast vertikalen Pfad, der vom Fluß nach oben führte.
    Binky schnaubte leise. In der Parapsychologie gibt es keinen geeigneten
    Ausdruck für jenes Unbehagen, das man in der Präsenz des eigenen Ichs
    spürt.*
    Susanne beobachtete, wie Tod abstieg und in die Schlucht sah, sich da-
    bei auf die Sense stützte.
    Sie dachte: Er hätte etwas unternehmen können.
    Oder?
    Tod straffte die Gestalt, drehte sich jedoch nicht um.
    JA. ICH HÄTTE ETWAS UNTERNEHMEN KÖNNEN.
    »Woher… wußtest du, daß ich hier bin?«
    Tod gestikulierte verärgert.
    ICH ERINNERE MICH AN DICH. DIR SOLLTE FOLGENDES
    KLAR SEIN: DEINE ELTERN BEGRIFFEN, DASS GEWISSE
    DINGE GESCHEHEN MÜSSEN. ALLES MUSS IRGENDWO
    GESCHEHEN. GLAUBST DU ETWA, ICH HÄTTE NICHT MIT
    IHNEN DARÜBER GESPROCHEN? WIE DEM AUCH SEI, ICH
    KANN KEIN LEBEN GEBEN. ICH BIN NUR IN DER LAGE, ES
    ZU… VERLÄNGERN. MIT VERÄNDERUNGSLOSIGKEIT. NUR
    MENSCHEN SIND IMSTANDE, LEBEN ZU GEBEN. UND
    DEINE ELTERN WOLLTEN MENSCHEN SEIN, NICHT
    UNSTERBLICH. WENN DIR DIESE AUSKUNFT HILFT: SIE
    WAREN SOFORT TOT. SOFORT.
    Ich muß ihn fragen, dachte Susanne. Ich muß die Worte aussprechen.
    Sonst fehlt es mir an Menschlichkeit.

    * Obgleich Menschen eigentlich immer in einer solchen Situation sind.

    »Könnte ich zurückkehren und sie retten…?« Nur ein leichtes Vibrie-
    ren in der Stimme wies auf ihre Anspannung hin.
    RETTEN? WARUM? EIN GELEBTES LEBEN? MANCHE
    DINGE MÜSSEN ENDEN. DAS WEISS ICH JETZT.
    GELEGENTLICH HIELT ICH ETWAS ANDERES FÜR
    MÖGLICH. ABER… WAS BIN ICH OHNE DIE PFLICHT? ES
    MUSS EIN GESETZ GEBEN.
    Tod schwang sich auf den Rücken des Pferds und ritt mit Binky über
    die Schlucht, ohne sich noch einmal umzudrehen.

    Hinter einem Mietstal in der Fleißigen Straße lag ein Heuhaufen. Er
    wölbte sich plötzlich nach oben, und ein gedämpfter Fluch erklang.
    Eine Sekunde später hustete jemand in einem Getreidespeicher beim
    Viehmarkt, und es folgte ein noch

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