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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Haaren in den Ohren spielten und dabei Spuk-
    ke aus ihrer Oboe spritzte… Diese Vorstellung ließ den Patrizier schau-
    dern. Allerdings nur ein wenig, denn er verabscheute al es Extreme.
    »Und was geschah dann?« fragte er.
    »Und dann begann er zu singen, Oiagnaden«, sagte der Gebeugte Mi-
    chael, lizensierter Bettler und inoffizieller Informant. »Ein Lied über
    Große Feurige Bälle.«
    Der Patrizier wölbte eine Braue.
    »Wie bitte?«
    »So was in der Art. Konnte die einzelnen Worte nicht verstehen, weil
    das Piano explodierte.«
    »Ach? Ich schätze, dadurch wurde die Vorstellung unterbrochen,
    oder?«
    »Nein, der Affe spielte auf den Resten weiter«, sagte der Gebeugte Mi-
    chael. »Und die Leute standen auf, jubelten und tanzten und stampften
    mit den Füßen, als wimmelte es überal von Kakerlaken.«
    »Und die Männer von der Musikergilde wurden verletzt?«
    »Eine seltsame Sache. Nachher waren ihre Gesichter so weiß wie Bett-
    laken. Äh«, fügte der Gebeugte Michael hinzu, als er an den Zustand
    seines eigenen Lakens dachte, »zumindest so weiß wie manche Bettlaken…«
    Lord Vetinari sah auf die Berichte, während der Bettler sprach. Das
    war zweifellos ein sehr sonderbarer Zwischenfal . Krawall in der Geflickten Trommel war durchaus normal. Al erdings schien es eine neue Art von Krawall gewesen zu sein, und von tanzenden Zauberern hatte der Patrizier nie zuvor gehört. Er glaubte, die Anzeichen zu erkennen… Jetzt gab
    es nur eines, das al es noch schlimmer machen konnte.
    »Sag mir: Wie hat Herr Schnapper darauf reagiert?«
    »Was, Oiagnaden?«
    »Das war doch eine ganz einfache Frage, oder?«
    Der Gebeugte Michael spürte, wie die Worte Woher weißt du denn, daß
    Schnapper zugegen war? zu seinen Stimmbändern krochen. Es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, sie durch eine Antwort zu ersetzen.
    »Er saß einfach nur da und starrte, Oiagnaden. Mit offenem Mund.
    Und dann lief er nach draußen.«
    »Ich verstehe. Danke, Gebeugter Michael. Du kannst jetzt gehen.«
    Der Bettler zögerte.
    »Der Stinkende Alte Ron meinte, daß du manchmal für Informationen
    bezahlst«, sagte er.
    »Im Ernst? Hat er das wirklich gesagt? Wie interessant.« Der Patrizier
    zog einen Bericht heran und kritzelte eine Notiz an den Rand. »Danke.«
    »Äh…«
    »Ich möchte dich nicht aufhalten.«
    »Äh… nein. Mögen dich die Götter segnen, und zwar al e«, brachte der
    Gebeugte Michael hervor und floh.
    Als das Geräusch der hastigen Bettlerschritte verklang, ging der Patri-
    zier zum Fenster, legte die Hände auf den Rücken und seufzte.
    Vermutlich existierten Stadtstaaten, deren Herrscher sich nur um die
    kleinen Dinge kümmern mußten: Angriffe von Barbaren, Zahlungsbilanzen, Attentate und ausbrechende Vulkane. Dort gab es keine Leute, die
    das Tor der Realität öffneten und metaphorisch sagten: »Hallo, will-
    kommen, tritt ein, was hast du da für eine hübsche Axt, und übrigens, da
    du schon einmal hier bist, können wir ein wenig Geld mit dir verdienen.«
    Manchmal fragte sich Lord Vetinari, was tatsächlich mit Herrn Hong passiert war. In groben Zügen wußten al e darüber Bescheid, doch niemand kannte die Einzelheiten.

    Welch eine Stadt! Im Frühling ging der Fluß in Flammen auf. Ungefähr
    einmal im Monat explodierte das Gebäude der Alchimistengilde.
    Der Patrizier kehrte zum Schreibtisch zurück und kritzelte eine weitere
    Notiz. Er fürchtete, er würde jemanden umbringen lassen müssen.
    Anschließend griff er nach dem dritten Satz von Fondels Präludium in
    G-Dur und lehnte sich zurück, um in aller Ruhe zu lesen.

    Susanne erreichte die Gasse, in der sie Binky zurückgelassen hatte. Sechs
    Männer lagen dort auf dem Kopfsteinpflaster, preßten die Hände auf
    verschiedene Körperstel en und stöhnten hingebungsvol . Sie schenkte
    ihnen keine Beachtung. Wer Tods Pferd zu stehlen versuchte, bekam
    sehr bald Gelegenheit, den Ausdruck »eine Welt voller Schmerzen« zu
    verstehen. Binky zielte gut: Er schuf sehr kleine, private Schmerzwelten.
    »Die Musik hat ihn gespielt, nicht umgekehrt«, sagte Susanne. »Man
    konnte es deutlich sehen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob seine Finger
    die Saiten berührt haben.«
    QUIEK.
    Das Mädchen rieb sich die Hand. Klatschmaul Zitrones Schädel hatte
    sich als recht hart erwiesen.
    »Kann ich die Musik töten, ohne dem Jungen zu schaden?«
    QUIEK.
    »Unmöglich«, übersetzte der Rabe. »Nur durch die Musik bleibt er am
    Leben.«
    QUIEK.
    »Es… sie ist

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