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Rom: Band 1

Rom: Band 1

Titel: Rom: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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zusammenbrechenden Ruinen der Vergangenheit noch aufrecht standen. Auch sie hatten zwei Päpste in der Familie gehabt, was den Fürsten Matteo nicht hinderte, sich dem Quirinal anzuschließen, ohne sich mit dem Vatikan zu überwerfen. In seinen Adern floß, da er selbst der Sohn einer Amerikanerin war, nicht mehr das reine römische Blut; seine Politik war geschmeidiger; auch hieß es, daß er geizig sei. Er kämpfte, um als einer der letzten den einstigen Reichtum und die einstige Allmacht zu bewahren, die, wie er fühlte, unvermeidlich zur Vernichtung verurteilt waren In dieser stolzen Familie nun, deren Glanz noch immer die Stadt erfüllte, hatte sich eben etwas begeben, was endloses Geschwätz aufwirbelte. Es war die plötzliche Liebe Celias zu einem jungen Lieutenant, mit dem sie noch nie gesprochen hatte, das leidenschaftliche Einverständnis der zwei Liebenden, die sich täglich auf dem Corso sahen und sich mit nichts als durch Blicke verständigen konnten, die zähe Energie des jungen Mädchens, das dem Vater erklärt hatte, sie werde nie einen andern Gatten haben, und nun unerschütterlich wartete, fest überzeugt, daß man ihr den Mann ihrer Wahl geben werde Das Schlimmste dabei war, daß dieser Lieutenant, Attilio Sacco, gerade der Sohn des Deputirten Sacco war, eines Emporkömmlings, den die schwarze Gesellschaft verachtete, weil er sich dem Quirinal verkauft hatte und zu den schmutzigsten Geschäften fähig war.
    »Morano hat das vorhin nur meinetwegen gesagt.« flüsterte Celia Benedetta ms Ohr »Ja, ja, vorhin, als er dem Vater Attilios wegen des geplanten Ministeriums so übel mitspielte ... Er wollte nur eine Lektion erteilen.«
    Die beiden halten sich noch im Sacré-Coeur ewige Freundschaft geschworen. Benedetta, um fünf Jahre älter als Celia, nahm eine mütterliche Haltung an
    »Du bist also noch nicht vernünftig geworden? Denkst Du noch immer an diesen jungen Mann?« »O Liebe! Willst Du mich denn auch kränken. Du auch? ... Attilio gefällt mir, ich will ihn haben. Er, hörst Du? Er und kein anderer! Ich will ihn haben und werde ihn bekommen, denn ich liebe ihn und er liebt mich ... Das ist doch ganz einfach.«
    Pierre sah sie betroffen an. Mit ihrem sanften, jungfräulichen Gesicht glich sie einer weißen, geschlossenen Lilie. Stirn und Nase von blumenhafter Reinheit, ein Unschuldsmund, dessen Lippen sich fest über den weißen Zähnen schlössen, Augen, klar wie Quellwasser und grundlos. Und kein Schauer lief über die wie Atlas glänzenden Wangen, nicht die leiseste Unruhe oder Neugierde zuckte in dem naiven Blick. Dachte sie? Wußte sie? Wer hätte das zu sagen vermocht? Sie war die Jungfrau in ihrer ganzen beängstigenden Unerkanntheit.
    »Ach, Liebe,« fuhr Benedetta fort, »fang nicht meine traurige Geschichte von neuem an. Es geht nicht, Papst und König lassen sich nicht vermählen.«
    »Aber Du hast Prada nicht geliebt,« sagte Celia ruhig. »Ich aber liebe Attilio. Das Leben ist da, man muß lieben.«
    Dieses Wort aus dem Munde dieses unwissenden Kindes regte Pierre derart auf, daß er fühlte, wie ihm die Thränen in die Augen stiegen. Die Liebe! Ja, sie war die Lösung aller Streitigkeiten; sie würde den Bund zwischen den Völkern, Friede und Freude in der ganzen Welt bewirken. Aber Donna Serasina hatte sich erhoben; sie schien kein rechtes Vertrauen zu dem Gesprächsgegenstande zu haben, der die beiden Freundinnen so lebhaft beschäftigte. Dabei warf sie Don Vigilio einen Blick zu, den dieser verstand; denn er trat auf Pierre zu und sagte ihm ganz leise, daß es Zeit sei, sich zurückzuziehen. Es schlug elf Uhr. Celia entfernte sich mit ihrer Tante. Zweifellos wollte der Advokat Morano den Kardinal Sarno und Nani noch einen Augenblick zurückbehalten, um im, Familienkreise irgend eine auftauchende, die Scheidungsangelegenheit betreffende Schwierigkeit zu besprechen. Als Benedetta Celia auf beide Wangen geküßt hatte, verabschiedete sie sich im ersten Salon mit großer Liebenswürdigkeit von Pierre.
    »Morgen vormittag antworte ich dem Vicomte und werde ihm schreiben, wie glücklich wir sind, Sie bei uns zu haben. Und Sie werden viel langer bleiben, als Sie glauben ... Vergessen Sie nur nicht, morgen um zehn Uhr meinen Oheim, den Kardinal, zu besuchen.«
    Als Pierre und Don Vigilio, ein jeder den ihm vom Diener gereichten Leuchter in der Hand, oben im dritten Stock sich vor ihren Thüren trennen wollten, konnte der erstere sich nicht enthalten, an den letzteren eine Frage zu

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