Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rom: Band 1

Rom: Band 1

Titel: Rom: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
Vom Netzwerk:
Via Appia, diese antike Königin der Landstraßen, welche die Campagna in einer langen, geraden Linie mit der Doppelreihe ihrer stolzen Gräber durchschneidet, war für ihn nur die triumphirende Fortsetzung des Palatin! Dasselbe Bedürfnis nach Pracht und Herrschaft, dasselbe Bedürfnis, das Andenken der römischen Größe in Marmor zu verewigen, sprach sich darin aus. Die Vergessenheit war besiegt, die Toten wollten nichts von Ruhe wissen und blieben zu beiden Seiten dieses von Menschen aus der ganzen Welt betretenen Weges für ewig aufrecht zwischen den Lebenden stehen. Und die vergötterten Bilder jener, die nichts mehr als Staub waren, sahen noch heute die Vorübergehenden mit ihren leeren Augen an; die Inschriften reden noch heute und verkünden die Namen und Titel. Vom Grabe der Cäcilia Metella bis zum Grabe Casale Rotondo zog sich die Doppelreihe der Gräber ehemals auf dieser flachen, direkten Straße kilometerlang ununterbrochen hin; es war eine Art Doppelfriedhof, der Länge nach angelegt, wo die Eitelkeit der Reichen und Mächtigen mit einander wetteiferte, wer wohl das größte, mit der luxuriösesten Verschwendung geschmückte Mausoleum hinterlassen würde. Diese Sehnsucht nach Ueberleben, dieser pomphafte Wunsch nach Unsterblichkeit, dies Bedürfnis, den Tod durch die Aufstellung in Tempeln zu vergöttlichen, hat sich in der gegenwärtigen Pracht des Campo Santo von Genua und des Campo Verano von Rom gleichsam fortgeerbt. Welche Vision maßloser Gräber zur Rechten und Linken des glorreichen Pflasters, über das die römischen Legionen bei der Rückkehr von der Eroberung der Welt stampften! Dort das Grab der Cacilia Metella mit seinen enormen Blöcken, den Mauern, die so dick waren, daß das Mittelalter daraus die zinnengekrönte Warte einer Festung machte! Dann alle folgenden modernen Bauten, die errichtet wurden, um die in der Umgegend entdeckten Marmorfragmente wieder an ihrer ursprünglichen Stelle anzubringen, alte, ihrer Skulpturen beraubte Pilaster aus Mörtel und Ziegeln, die gleich halbzerfressenen Felsen aufrecht geblieben sind, entblößte Blöcke, die noch Formen andeuteten, Edicules in Tempelform, Cippen, auf Sockeln ruhende Sarkophage. Eine erstaunliche Reihe von Reliefs stellte die Porträts der Toten in Gruppen zu dreien oder fünfen dar; stehende Statuen ließen die Toten in einer Apotheose neu aufleben; in den Nischen standen Bänke, wo die Wanderer sich niederlassen und die Gastfreundschaft der Toten segnen konnten, und lobpreisende Grabschriften feierten die Toten, die bekannten und die unbekannten – die Kinder des Sextus Pompejus Justus, die Marcus Servilius Quartus, die Hilarius Fuscus, die Rabirius Hermodorus, abgesehen von den Gräbern, die auf gut Glück dem Seneca, den Horatiern und Curiatiern zugeschrieben wurden. Und zuletzt, am Ende lag das außerordentlichste, das riesigste aller dieser Gräber, das sogenannte Casale Rotondo. Es ist so groß, daß ein ganzes Gehöft samt einem Olivengehölz auf den Substruktionen Platz finden konnte. Diese Substruktionen trugen eine doppelte, mit korinthischen Pilastern, großen Kandelabern und Bühnenmasken geschmückte Rotunde.
    Pierre, der zu Wagen bis zum Grabe der Cäcilia Metella gefahren war, setzte dann seinen Spaziergang zu Fuß fort. Er schritt langsam bis zum Casale Rotondo. Stellenweise kam das alte Pflaster zum Vorschein; man sah große, flache Steine, Lavastücke, die sich mit der Zeit geworfen hatten und über die der beste Wagen nur schwer fahren konnte. Rechts und links ziehen sich zwei Streifen Rasen hin, welche die Gräberruinen umgrenzen; es ist vernachlässigtes Kirchhofsgras, von der Sommersonne verbrannt und mit dicken lila Disteln und hohem, gelbem Fenchel bestreut. Eine kleine, ohne Mörtel aufgeführte Mauer, die so hoch ist, daß man sich darauf stützen kann, schließt auf jeder Seite diese rötlichgelbe, von dem Gezirpe der Maden erfüllte Einfassung ab; und jenseits zieht sich unabsehbar, ungeheuer und kahl die römische Campagna hin. Kaum daß man an den Rändern, in großen Zwischenräumen da und dort eine Schirmpinie, einen Eukalyptus, von Staub weiße Oel- und Feigenbäume erblickt. Auf der linken Seite zeichnen sich die Reste der Acqua Claudia mit ihren rostfarbenen Arkaden von den Wiesen ab; magere Felder, Weingärten mit kleinen Gehöften dehnen sich in die Ferne bis zum Sabinergebirge und dem violett-blauen Albanergebirge, wo Frascati, Rocca di Papa, Albano helle Flecken bilden, die immer größer

Weitere Kostenlose Bücher