Rom: Band 1
kaiserlichem Purpur rot aufleuchtet. Es ist das Blut des Augustus, des göttlichen, triumphirenden, unumschränkten Herrschers über die Leiber und die Seelen, das Blut eines Mannes, in dem das Erbe von sieben langen Jahrhunderten nationalen Stolzes gipfelt, von dem eine Nachkommenschaft universellen, unzählbaren und endlosen Stolzes durch die Jahrhunderte ausgehen sollte. Denn von nun war es geschehen; das Blut des Augustus sollte in den Adern aller Beherrscher Roms wieder erwachen und pochen, indem es sie mit dem sich ewig erneuenden Traum von der Weltherrschaft verfolgte. Einen Augenblick war dieser Traum verwirklicht worden: Augustus, der Kaiser und Pontifex, hat die Menschheit besessen, in der Hand gehalten – gänzlich, rückhaltslos, wie einen eigenen Besitz. Später, nach dem Verfall, als die Macht sich spaltete und wieder zwischen König und Priester geteilt ward, haben die Päpste keinen andern leidenschaftlichen Wunsch, keine andere, jahrhundertelange Politik gekannt, als die Staatsgewalt, die gesamte Herrschaft wieder zurück zu erobern. Das atavistische Blut, die rote, gierige Flut des Ahnenblutes, brannte in ihrem Herzen.
Dann – nachdem Augustus tot und sein Palast geschlossen, geheiligt, zum Tempel geworden war – sah Pierre den Palast des Tiber aus dem Boden steigen. Es war an dieser selben Stelle, unter seinen Füßen, unter den schönen Wintereichen, die ihn beschirmten. Er dachte ihn sich mit Hosen, Portiken, Sälen, fest und groß – trotz der finstern Laune des Kaisers, der fern von Rom, inmitten eines Volkes von Angebern und Wüstlingen lebte. Die Macht hatte ihm Herz und Gehirn bis zum Verbrechen, bis zu den außerordentlichsten Wahnsinnsanfällen vergiftet. Dann stieg der Palast des Caligula empor, eine Vergrößerung des Tiberianischen Palastes. Man hatte Arkaden angebracht, um den Bau zu erweitern, über das Forum eine auf das Kapital mündende Brücke geschlagen, da der Fürst im Stande sein wollte, nach seinem Gefallen mit dem Jupiter reden zu können, für dessen Sohn er sich ausgab. Der Thron hatte auch ihn wild, zu einem wütenden, in der Allmacht zügellosen Narren gemacht. Dann kam noch Claudius Nero, der, alle überbietend, den Palatin nicht groß genug fand. Er verlangte einen ungeheuren Palast und bemächtigte sich der köstlichen, bis zum Gipfel des Esquilin hinaufteigenden Gärten, um dort sein goldenes Haus zu errichten – einen Traum von ungeheuerlicher Pracht, den er nicht zu Ende führen konnte. Die Ruinen dieses Palastes verschwanden rasch während der Unruhen, die dem Leben und Tode dieses vom Hochmut bethörten Ungeheuers folgten. Dann fielen binnen anderthalb Jahren Galba, Otho, Vitellius einer über den andern in den Kot und in das Blut, nachdem der Purpur auch sie zu Ungeheuern und Dummköpfen gemacht, nachdem sie sich am kaiserlichen Troge gleich unreinen Tieren mit Genüssen vollgestopft hatten.
Nun kommt mit den Flaviern anfangs die Ruhe der menschlichen Vernunft und Güte; Titus, Vespasian bauen wenig auf den Palatin, aber dann beginnt mit Domitian wieder der düstere Allmachtswahnsinn unter der Herrschaft von Furcht und Angeberei, von absurden Greueln, Verbrechen, unnatürlichen Ausschweifungen. Bauten von wahnsinniger Eitelkeit entstanden, deren Pomp mit dem der Tempel der Götter wetteiferte: so das von dein Palaste Tibers durch ein Gäßchen getrennte Haus des Domitian, das sich gewaltig wie eine Apotheose erhob, mit seinem Audienzsaal mit dem, goldenen Thron und den sechzehn Säulen aus phrygischem und numidischem Marmor, den acht mit wunderbaren Statuen geschmückten Nischen, mit seinem Tribunal – seinem großen Speisesaal, seinem Peristyl, seinen Gemächern, die von Granit, Porphyr, Alabaster strotzten. Die Steine wurden von berühmten Künstlern bearbeitet und verschwendet, um die Welt zu blenden. Dann, Jahre später wurde noch ein letzter Palast der ungeheuren Masse hinzugefügt, der Palast des Septimius Severus, wieder ein Bau der Hoffart. Bogen trugen hohe Säle, Stockwerke erhoben sich über Terrassen, Türme beherrschten die Dächer. Ein ganzes babylonisches Getürme erhob sich hier an der äußersten Spitze des Berges, gegenüber der Via Appia, damit, wie es hieß, die Landsleute des Kaisers, die aus Afrika, seinem Geburtslande, kommenden Provinzbewohner, schon vom Horizont aus sich über sein Glück wundern und ihn in seiner Glorie anbeten könnten.
Und nun sah Pierre alle diese im hellen Sonnenlicht heraufbeschworenen, auferstandenen
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