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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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in einem rasenden Bacchanal über Frauen stürzenden Faune die Allmacht der Liebe verkündeten, deren Symbol die Alten zum Beweise der Ewigkeit des Lebens gern auf Gräber meißelten. Ein leichter, heißer Windhauch strich durch die sonnige, einsame Fülle des Gartens und brachte den durchdringenden Duft der Orangen und der Tobira mit sich.
    »Wenn man liebt, ist man stark,« murmelte er.
    »Ja, Sie haben ganz recht,« fuhr sie, bereits wieder lächelnd, fort. »Ich bin wirklich kindisch ... Aber daran sind Sie, ist Ihr Buch schuld. Ich verstehe es nur, wenn ich leide ... Aber trotzdem mache ich Fortschritte, nicht wahr? Nun gut, so mögen denn, da Sie es wollen, alle Armen meine Bruder sein und alle Frauen, die Schmerzen leiden wie ich, meine Schwestern.«
    Gewöhnlich verließ Benedetta zuerst den Garten, um in ihr Gemach zurückzukehren; Pierre blieb allein zurück und vergaß manchmal unter dem Lorbeerbaum in dem leichten, weiblichen Duft, den Benedetta zurückgelassen hatte, ganz der Zeit, Er träumte wirr von süßen und traurigen Dingen. Wie hart war das Leben der armen Wesen, die der ewige Durst nach dein Glück verzehrte! Rings um ihn war die Stille noch größer geworden; der große, alte Palast samt dem grasbewachsenen und von dem toten Portikus umgebenen Hof, wo die Marmorfunde, der armlose Apollo und der abgebrochene Rumpf einer Venus verwitterten, schlief seinen schweren Ruinenschlaf. Die Grabesstille wurde von nichts gestört, als nur von Zeit zu Zeit durch das plötzliche Dröhnen einer Prälatenkarosse, die dem Kardinal einen Besuch brachte; sie fuhr schulternd unter das Thor und wendete unter lautem Rädergerassel in dem einsamen Hofe.
    An einem Montag Abend befanden sich im Salon der Donna Serafina gegen viertel elf nur noch die jungen Leute. Monsignore Nani war nur erschienen, um wieder zu verschwinden; der Kardinal Sarno hatte sich eben entfernt. Neben dem Kamin auf ihrem gewöhnlichen Platze saß Donna Serafina selbst; sie hielt sich wie abseits, und ihre Augen starrten auf den leeren Platz des Advokaten Morano, der beharrlich fern blieb. Vor dem Kanapee, auf dem Benedetta und Celia saßen, standen plaudernd und lachend Dario, der Abbé Pierre und Narcisse Hubert. Der letztere unterhielt sich seit einigen Minuten damit, den jungen Fürsten zu necken; er behauptete, ihn in Gesellschaft eines sehr schönen Mädchens getroffen zu haben.
    »Aber, mein Lieber, verteidigen Sie sich doch nicht, sie ist wirklich herrlich ... Sie ging neben Ihnen, und ihr bogt in ein einsames Gäßchen ein, in den Borgo Angelico, glaube ich. Aus Diskretion bin ich euch nicht weiter nachgegangen.«
    Dario lächelte unbefangen, wie ein glücklicher Mensch, der seinem leidenschaftlichen Kultus der Schönheit nicht entsagen kann.
    »Gewiß, gewiß, ich leugne es ja nicht, ich war es ... Nur ist die Sache anders, als wie Sie denken ...«
    Er wendete sich zu Benedetta, die ebenfalls ohne einen Schatten eifersüchtiger Unruhe lachte. Sie schien im Gegenteil über die Augenweide entzückt zu sein, die sich ihm einen Augenblick geboten hatte.
    »Du weißt, es handelt sich um jenes arme Mädchen, das ich vor etwa sechs Wochen, in Thränen schwimmend, getroffen habe ... Ja, es ist jene Perlenarbeiterin, die wegen der Arbeitseinstellung so schluchzte und dann, als ich ihr einen Franken geben wollte, mit ganz hochrotem Gesichte vor mir herlief, um mich zu ihren Eltern zu führen ... Du erinnerst Dich doch, die Pierina!«
    »Gewiß, die Pierina.«
    »Stellt euch nun vor, ich habe sie seither vier- oder fünfmal auf der Straße getroffen. Und es ist wahr, sie ist so außerordentlich schön, daß ich stehen bleibe und mit ihr spreche ... Neulich habe ich sie so bis zu einem Fabrikanten begleitet; aber sie hat wieder keine Arbeit gefunden und fing darum abermals zu weinen an. Meiner Treu, da habe ich sie geküßt, um sie ein wenig zu trösten ... Ach, sie war starr und – glücklich, so glücklich!«
    Alle lachten jetzt über die Geschichte. Aber Celia war die erste, die wieder ruhig ward.
    »Dario,« sagte sie mit sehr ernster Stimme, »Sie wissen, sie liebt Sie. Man darf nicht so schlecht sein.«
    Dario war zweifellos ihrer Meinung, denn er sah abermals Benedetta an und schüttelte heiter den Kopf, als wolle er sagen, daß er nicht liebe, wenn er auch geliebt werde. Ein Perlenarbeiterin, ein Kind aus dem Volke! Nein, nein! Sie konnte eine Venus sein, aber als Geliebte war sie nicht denkbar. Er unterhielt sich selbst sehr über das

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