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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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vorstellen, in welchem Schmutz die Stadt der Päpste, la Roma sporca , schwamm, um die es den Künstlern so leid thut: es gab nicht einmal Abtritte, die öffentliche Straße diente allen Bedürfnissen, die erhabenen Ruinen waren in Düngerhaufen verwandelt, die Umgebung der alten Fürstenpalaste von Ausscheidungen besudelt. Kurz, überall stieg eine Schichte von Abfall, Trümmern, von verwesenden Stoffen auf, die die Straßen in vergiftete Gossen verwandelte, von denen fortwährend Epidemien ausgingen. Die Notwendigkeit großer, städtischer Arbeiten drängte sich gebieterisch auf. Diese Maßregeln bedeuteten thatsächlich Rettung, Verjüngung, ein gesichertes und erweitertes Leben. Ebenso gerechtfertigt war der Gedanke, neue Häuser für die neuen Bewohner zu bauen, die von allen Seiten zustießen mußten. Die Bevölkerung der Stadt nahm blitzähnlich zu Hunderttausenden von Seelen zu. Rom würde sich sicherlich verdoppeln, verdreifachen, verfünffachen, die lebendige Kraft der Provinzen an sich ziehen und der Mittelpunkt des nationalen Lebens werden. Von nun an trat auch der Stolz hinzu; man mußte der gefallenen Regierung des Vatikans zeigen, wessen Italien fähig war, in welchem Glanz das neue Rom, das dritte Rom, strahlen würde, das die beiden anderen, das kaiserliche und das päpstliche, durch die Pracht seiner Straßen und die überströmende Flut seiner Einwohner übertreffen mußte.
    Trotzdem blieb wahrend der ersten Jahre die Baubewegung in den Grenzen der Vorsicht; man war klug genug, um nur den Bedürfnissen gemäß zu bauen. Mit einem Satze hatte sich die Bevölkerung verdoppelt, war sie von zweimalhunderttausend aus viermalhunderttausend Einwohner gestiegen; den größten Teil lieferte dazu die kleine Welt der Angestellten, der Beamten, die mit der Verwaltungsbehörde kamen, die ganze lärmende Menge, die vom Staate lebt oder zu leben hofft, ganz abgesehen von den Müßiggängern, von den Genüßlingen, die ein Hof stets nach sich zieht. Das war die erste Ursache des Rausches; niemand zweifelte daran, daß dieses Aufsteigen sich fortsetzen, ja sogar beschleunigen werde. Von nun an genügte die Stadt von gestern nicht mehr; man mußte ohne Zögern den Bedürfnissen von morgen Rechnung tragen, indem man Rom über Rom hinaus, auf alle die verlassenen, antiken Vorstädte ausbreitete. Man sprach auch von dem Paris des zweiten Kaiserreiches, das sich so vergrößert, in eine Stadt des Lichtes und der Gesundheit verwandelt hatte. Aber an den Ufern des Tiber gab es leider von der ersten Stunde an weder einen allgemeinen Plan noch einen klar sehenden Mann, der die Lage beherrscht und sich auf mächtige Finanzgesellschaften gestützt hätte. Was nun der Hochmut, der Ehrgeiz, das Rom der Cäsaren und der Päpste an Glanz zu übertreffen, die Absicht, aus der ewigen, prädestinirten Stadt den Mittelpunkt und die Königin der Welt zu machen, begonnen hatten, das beendete die Spekulation. Es war einer jener außerordentlichen Agiostürme, die, ohne daß etwas sie verkündet oder aufhalten kann, entstehen, wüten und alles zerstören und mitreißen. Jählings erhob sich das Gerücht, daß Grundstücke, die fünf Franken per Meter gekostet hatten, zu hundert Franken verkauft würden; da brach das Fieber los, das Fieber eines ganzen, von der Spielwut erhitzten Volkes. Ein Schwärm von Spekulanten aus Oberitalien hatte sich auf Rom, die edelste und leichteste Beute, gestürzt. Für diese armen, ausgehungerten Gebirgsbewohner begann in diesem wollüstigen Süden, wo das Leben so süß ist, die Hetzjagd der Begierden, so daß die verderblichen Wonnen des Klimas die moralische Zersetzung beschleunigten. Außerdem brauchte man sich anfangs wirklich nur zu bücken; das Geld war anfangs zwischen den Trümmern der ersten, niedergerissenen Viertel scheffelweise vom Boden aufzuheben, Findige Leute, die die Linien der neuen Straße witterten, hatten sich in den Besitz der von der Zwangsenteignung bedrohten Grundstücke gesetzt und verzehnfachten ihr Vermögen in weniger als zwei Jahren. Nun verbreitete sich die Ansteckung und vergiftete nach und nach die ganze Stadt; die Bewohner wurden nun ebenfalls mitgerissen, alle Klassen vom Wahnsinn erfaßt – die Fürsten, die Bürger, die kleinen Hauseigentümer bis zu den Krämern, Bäckern, Spezereiwarenhändlern und Schuhmachern. So erzählte man später von einem einfachen Bäcker, der mit fünfundvierzig Millionen Bankerott gemacht habe. Es war nichts mehr als ein verzweifeltes,

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