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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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verlieren, eines Tages gezwungen, die Grundstücke und selbst die unvollendeten Bauten zurückzunehmen; das führte eine ungeheure Verstopfung herbei, an der sie zu Grunde gehen mußten. Wenn die Million Einwohner gekommen wäre, um die Wohnungen zu beziehen, die man ihnen in einem so wunderlichen Hoffnungstraum vorbereitete, so wären die Gewinnste unberechenbar gewesen; Rom hätte sich in zehn Jahren bereichert und würde eine der blühendsten Hauptstädte der Welt geworden sein. Aber diese Einwohner wollten absolut nicht kommen; man konnte nichts vermieten, die Wohnungen blieben leer stehen. Da brach nun die Krise mit einer Heftigkeit ohnegleichen wie ein Donnerschlag herein. Aus zwei Gründen: erstens waren die von den Gesellschaften gebauten Häuser viel zu große Stücke, ein viel zu schwieriger Ankauf, vor dem der größte Teil der mittleren Rentner, die ihr Geld in Grundbesitz anlegen wollten, zurückschreckte. Der Atavismus hatte sein Werk gethan; die Bauherren hatten im Größenwahn eine Reihenfolge prächtiger Paläste gebaut, die dazu bestimmt waren, die der anderen Zeitalter zu erdrücken, aber düster und verlassen als die unerhörtesten Zeugen des ohnmächtigen Hochmuts stehen blieben. Es waren also keine Privatkapitalien zu finden, die an Stelle der Gesellschaften zu treten wagten oder zu treten vermochten.
    Außerdem sind anderswo, in Paris, in Berlin, die neuen Viertel, die Verschönerungen mit nationalem Kapital, mit erspartem Gelde geschaffen worden. In Rom hingegen wurde alles auf Kredit, mit Dreimonatswechseln und vor allem mit fremdem Gelde gebaut. Man schätzt die derart verschlungene, ungeheure Summe auf beiläufig eine Milliarde. Davon waren vier Fünftel französisches Geld. Es war einfach ein Geschäft von Bankier zu Bankier: die französischen Bankiers liehen den italienischen zu dreieinhalb oder vier Prozent, und diese liehen wieder den Spekulanten, den römischen Bauherren, zu sechs, sieben und sogar acht Prozent. Man kann sich daher die Katastrophe vorstellen, als Frankreich, nachdem es das Bündnis Italiens mit Deutschland erfuhr, seine achthundert Millionen in weniger als zwei Jahren zurückzog. Ein ungeheurer Rückfluß entstand, der die italienischen Banken leerte; die Grundgesellschaften, sowie alle jene, die in Gründen und Bauten spekulirten, waren nun ebenfalls gezwungen, zu tilgen und mußten sich an die Emissionsgesellschaften wenden, die Papier ausgeben konnten. Gleichzeitig schüchterten sie den Staat ein; sie drohten die Arbeit einzustellen und vierzigtausend feiernde Arbeiter aus das Pflaster Roms zu werfen, wenn der Staat nicht die Emissionsgesellschaften zwinge, ihnen die fünf bis sechs Millionen zu leihen, deren sie bedurften. Das that der Staat zuletzt, da ihn der Gedanke eines allgemeinen Bankerotts erschreckte. Natürlich konnten die fünf oder sechs Millionen zur Verfallszeit nicht eingelöst werden, da Häuser weder zu verkaufen noch zu vermieten waren; so begann nun der Zusammenbruch, nahm blitzschnell zu, und Schutt fiel auf Schutt: die kleinen Spekulanten fielen auf die Bauherren, diese auf die Terraingesellschaften, diese wieder auf die Emissionsgesellschaften, und diese zuletzt auf den öffentlichen Kredit, womit sie die Nation zu Grunde richteten. So kam es, daß eine einfache städtische Baukrise eine furchtbare finanzielle Katastrophe, eine nationale Gefahr ward. Eine ganze Milliarde war unnützerweise verschlungen; Rom war häßlich geworden und trug nun die Last der schmählichen, jungen Ruinen, der gähnenden, leeren Wohnungen für die erträumten fünf- oder sechsmalhunderttausend Einwohner, auf die man noch immer wartete.
    Uebrigens war in dem wehenden Sturmwind des Ruhms der Staat selbst vom Größenwahn erfaßt worden. Es handelte sich darum, in einem Gusse ein triumphirendes Italien zu schaffen, das in fünfundzwanzig Jahren jene Einheit und Größe erarbeiten sollte, zu deren gediegenem Schaffen andere Nationen Jahrhunderte gebraucht haben. Es entstand daher eine fieberhafte Thätigkeit, und verschwenderische Ausgaben für Kanäle, Häfen, Straßen, Eisenbahnen, übermäßig große, öffentliche Arbeiten in allen Städten wurden gemacht. Man schuf, man bildete die große Nation, ohne zu rechnen. Seit dem Bündnis mit Deutschland verschlang das Kriegs- und Marinebudget unnützerweise Millionen. Den fortwährend wachsenden Bedürfnissen wurde jedoch nur mittelst Emissionen Rechnung getragen; von Jahr zu Jahr wurden Anleihen gemacht. In Rom allein

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