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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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entgegenstreckten ... Ach, Rom, wunderbares, herrliches Rom! Man möchte in größter Not, arm wie Hiob, hier leben, in der beständigen Freude, seinen Zauber einzuatmen!«
    Diesmal konnte Pierre nicht umhin, sich zu wundern, da er sich seiner nüchternen Stimme, seines so hellen und trockenen Geschäftsgeistes erinnerte. Dann kehrten seine Gedanken wieder zu den Prati del Castello zurück, und eine furchtbare Traurigkeit überflutete sein Herz bei dieser letzten Beschwörung von so viel Elend und so viel Leiden. Er sah abermals den schändlichen Schmutz vor sich, in dem so viele Geschöpfe zu Grunde gingen, diese furchtbare soziale Ungerechtigkeit, die die Mehrzahl zu einem verfluchten, freudlosen, brotlosen Tierleben verdammte. Als dann seine Blicke wieder zu den Fenstern des Vatikans zurückgingen und er zu sehen meinte, wie sich hinter den Scheiben eine weiße Hand erhob, da dachte er an den päpstlichen Segen, den Leo XIII. von dieser Höhe über Rom, über die Campagna und über die Berge hinweg den Gläubigen der gesamten Christenheit erteilte. Aber dieser Segen erschien ihm mit einemmal wie ein Hohn und ohnmächtig, da er so viele Jahrhunderte nicht einen einzigen Schmerz der Menschheit zu unterdrücken vermocht hatte, da es ihm nicht einmal gelungen war, für die Unglücklichen, die da unter dem Fenster sich quälten, ein wenig Gerechtigkeit zu schaffen.

IX.
    Da Benedetta Pierre hatte sagen lassen, daß sie ihn zu sprechen wünsche, ging er an diesem Abend, als es dämmerte, hinab und traf sie in ihrem kleinen Salon in Gesellschaft Celias. Beide plauderten mit einander im Lichte des sich neigenden Tages.
    »Weißt Du, ich habe eure Pierina gesehen,« rief das junge Mädchen gerade, als er eintrat. »Ja, ja, und obendrein noch mit Dario. Das heißt, sie mußte ihm aufgepaßt haben; er hat sie bemerkt, als sie in einer Allee am Pincio auf ihn wartete, und lächelte ihr zu. Ich begriff es sofort ... O, was ist das für eine Schönheit!«
    Benedetta lächelte ruhig über diese Begeisterung. Aber eine etwas schmerzliche, traurige Falte legte sich um ihren Mund. Denn wenn sie auch sehr vernünftig war, so litt sie doch zuletzt durch diese Leidenschaft, die, wie sie fühlte, sehr naiv und sehr stark war. Daß Dario sich die Zeit vertrieb, da sie sich ihm verweigerte, da er jung und kein Mönch war, begriff sie. Aber dieses unglückliche Mädchen liebte ihn zu sehr, und sie befürchtete, daß er sich vergessen könne; so große Schönheit entschuldigte alles. Sie verriet auch das Geheimnis ihres Herzens, indem sie dem Gespräche eine andere Wendung gab.
    »Setzen Sie sich, Herr Abbé ... Sie sehen, wir lästern gerade. Man klagt meinen armen Dario an, daß er alle Schönheiten von Rom ins Unglück stürzt. So erzählt man sich auch, daß man in ihm den Glücklichen sehen muß, der die weißen Rosensträuße schenkt, die Tonietta seit vierzehn Tagen auf dem Corso spazieren führt.«
    Celia geriet sofort in Eifer.
    »Aber, meine Liebe, das steht doch ganz fest! Anfangs hat man gezweifelt; man sprach von dem kleinen Pontecorvo und Moretta, dem Lieutenant. Du kannst Dir denken, was da geredet wurde ... Heute weiß alle Welt, daß die Flamme Toniettas Dario in eigener Person ist. Uebrigens hat er sie in ihrer Loge in Costanzi besucht.«
    Als Pierre sie so reden hörte, erinnerte er sich dieser Tonietta, die der junge Fürst ihm auf dem Pincio als eine der wenigen Halbweltlerinnen gezeigt hatte, mit denen die gute römische Gesellschaft sich beschäftige. Er erinnerte sich auch der galanten Eigenheit, die sie berühmt machte, jener uneigennützigen Laune, die sie manchmal für einen vorübergehenden Geliebten faßte; von diesen nahm sie dann nichts an als jeden Morgen einen Strauß weißer Rosen, so daß, wenn sie dann oft wochenlang hinter einander auf dem Corso mit diesen weißen Rosen erschien, unter den Damen der guten Gesellschaft eine große Aufregung, eine brennende Neugierde auf den Namen des Erwählten und Angebeteten entstand. Seit dem Tode des alten Marquis Manfredi, der ihr seinen kleinen Palast in der Via dei Mille hinterlassen hatte, war die Tonietta wegen ihres tadellosen Wagens und der kostbaren Einfachheit ihrer Kleidung berühmt, die nur von den etwas phantastischen Hüten beeinträchtigt wurde. Es war nun beinahe einen Monat her, daß der reiche Engländer, der sie aushielt, auf Reisen war.
    »Sie ist sehr nett, sehr nett,« wiederholte Celia überzeugt mit ihrer reinen Madonnenmiene. Sie interessirte

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