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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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als wollte er den Knoten durchschneiden, den der patriotische Pfarrer Pisoni inmitten so schöner Illusionen geknüpft hatte. Sie wurde immer lebhafter und setzte die Gründe ihrer Hoffnung aus einander.
    »Monsignore Nani kann alles. Darum bin ich auch so glücklich, weil meine Angelegenheit in seinen Händen ist ... Lieber Freund, seien Sie auch vernünftig; empören Sie sich nicht, ergeben Sie sich. Ich versichere Sie, daß es eines Tages zu Ihrem Guten sein wird.«
    Pierre hielt den Kopf gesenkt und dachte nach. Rom hatte ihn gefesselt; er konnte dort zu jeder Stunde seine immer noch wachsende Neugier befriedigen, und der Gedanke, noch zwei bis drei Wochen hier zu bleiben, mißfiel ihm nicht. Zweifellos fühlte er, daß alle diese Verzögerungen möglicherweise ein Zerstückeln seiner Willenskraft, eine Aufreibung herbeiführen konnten, aus der er geschwächt, entmutigt, nutzlos hervorgehen würde. Aber was hatte er zu fürchten, da er sich immer wieder schwor, nichts von seinem Buche aufzugeben und den heiligen Vater nur zu sehen, um seinen neuen Glauben noch lauter zu beteuern? Er that nochmals ganz leise dieses Gelübde und dann gab er nach. Als er sich entschuldigte, daß er im Paläste Ungelegenheiten machte, rief Benedetta:
    »Nein, ich bin entzückt, Sie zu haben! Ich behalte Sie, ich bilde mir ein, daß Ihre Anwesenheit uns allen Glück bringen wird – jetzt, da es sich zu drehen scheint.«
    Es wurde nun abgemacht, daß er nicht mehr um St. Peter oder den Vatikan streichen würde, wo der fortwährende Anblick seiner Sutane Aufmerksamkeit erregt haben mußte. Da er gewisse Bücher, gewisse Teile der Geschichte in Rom selbst noch einmal durchzulesen wünschte, versprach er sogar, eine Woche lang den Palast fast gar nicht zu verlassen. Dann plauderte er noch eine Weile, glücklich über die große Stille, die im Salon herrschte, seit die Lampe ihn mit ihrem ruhigen Schein erleuchtete. Es hatte eben sechs Uhr geschlagen; auf der Straße herrschte dunkle Nacht.
    »War Seine Eminenz heute nicht leidend?« fragte er.
    »Ja wohl,« antwortete die Contessina. »O, nur ein wenig Ermüdung, wir haben uns nicht beunruhigt ... Der Oheim hat mir durch Don Vigilio sagen lassen, daß er sich in seinem Zimmer einschließen und ihn bei sich behalten würde, um ihm Briefe zu diktiren. Sie sehen also, es wird nicht viel sein.«
    Wieder trat Stille ein; nicht das geringste Geräusch regte sich in der einsamen Straße oder in dem leeren, alten Palaste, der stumm und träumerisch wie ein Grab war. Aber in diesem Augenblick stürmte jemand mit wirbelnden Röcken und vor Schreck aussetzendem Atem in diesen so sanft schlummernden, nun von der Milde eines Hoffnungstraumes erfüllten Salon. Es war Viktorine, die, nachdem sie die Lampe gebracht und sich entfernt hatte, nun atemlos, entsetzt zurückkehrte.
    »Contessina, Contessina –«
    Benedetta hatte sich erhoben; sie war plötzlich ganz bleich, ganz kalt geworden, als hätte ein Unglückswind zur Thüre hereingeweht.
    »Was? Was ... warum läufst Du so, warum zitterst Du so?«
    »Dario, Herr Dario, unten ... Ich bin hinunter gegangen, um nachzusehen, ob man die Laterne unter dem Thor angezündet hat, weil es oft vergessen wird. Und dort, unter dem Thor, im Dunkeln bin ich gegen Herrn Dario gestoßen. Er liegt am Boden, er hat irgendwo einen Messerstich ...«
    Die Liebende stieß einen Schrei aus.
    »Tot!«
    »Nein, nein, verwundet.«
    Aber sie hörte nicht zu, sondern fuhr fort, mit immer lauter werdender Stimme zu rufen:
    »Tot, tot!«
    »Nein, nein, er hat mit mir gesprochen ... Um Gottes willen schweigen Sie! Er hat mir auch Schweigen geboten, denn er will nicht, daß man davon erfährt; er hieß mich Sie holen, Sie, Sie allein. Aber da der Herr Abbé hier ist, wird er mit uns hinuntergehen und uns helfen. Wir werden ihn brauchen können.«
    Pierre hörte ebenfalls entsetzt zu. Als sie dann die Lampe nehmen wollte, sah man, daß ihre rechte, zitternde Hand mit Blut besteckt war; zweifellos hatte sie den am Boden liegenden Körper betastet. Dieser Anblick war für Benedetta so schrecklich, daß sie wieder wie toll zu stöhnen begann.
    »Schweigen Sie doch, so schweigen Sie doch! ... Gehen wir hinunter, ohne Geräusch zu machen. Ich nehme die Lampe, weil wir doch sehen müssen ... Rasch, rasch!«
    Unten, quer unter dem Thor vor dem Eingang in die Vorhalle, lag Dario auf dem Pflaster, als hatte er, nachdem er in der Straße angefallen worden war, nur noch die Kraft gehabt,

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