Rom - Band II
sich nur für Liebessachen. »Und hübsch ist sie mit ihren großen, sanften Augen, o, sehr hübsch! Nicht schön wie Pierina, nein, das ist unmöglich; aber hübsch zum Ansehen, eine wahre Augenweide!«
Benedetta schien mit einer unwillkürlichen Bewegung Pierina wieder zu entfernen; Tonietta hingegen nahm sie hin, denn sie wußte wohl, daß sie nur eine einfache Zerstreuung, eine momentane Augenweide war, wie ihre Freundin sagte.
»Ach,« fuhr sie lächelnd fort, »mein armer Dario richtet sich also mit weißen Rosen zu Grunde! Ich muß ihn damit ein wenig necken ... Wenn unsere Angelegenheiten nicht bald geordnet werden, werden sie mir ihn zuletzt noch stehlen, mir ihn nicht lassen ... Glücklicherweise habe ich die besten Nachrichten. Ja, der Prozeß wird wieder aufgenommen; meine Tante ist eben deswegen ausgegangen.«
Als Celia sich erhob, gerade da Viktorine eine Lampe hereinbrachte, wendete sich Benedetta zu Pierre, der ebenfalls aufgestanden war.
»Bleiben Sie. Ich habe etwas mit Ihnen zu sprechen.«
Aber auch Celia zögerte noch; sie ereiferte sich jetzt für die Scheidung ihrer Freundin, wollte wissen, wie die Sache stand, und ob die Heirat der beiden Liebenden bald stattfinden würde. Zuletzt umarmte sie sie wie toll.
»Du hast also jetzt Hoffnung? Du glaubst, daß der heilige Vater Dir die Freiheit wieder geben wird? O, Liebste, wie freue ich mich für Dich! Wie hübsch wird es sein, wenn Du mit Dario beisammen sein wirst... Ich, Liebste, bin ebenfalls sehr zufrieden, denn ich merke sehr wohl, daß mein Vater und meine Mutter meinen Eigensinn satt bekommen. Erst gestern sagte ich zu ihnen – Du weißt, mit meiner ruhigen Miene: ›Ich will Attilio haben und ihr werdet ihn mir geben‹ Da wurde mein Vater schrecklich zornig, überhäufte mich mit Beleidigungen, drohte mir mit der Faust und schrie, daß, wenn er mir auch einen ebenso harten Kopf vererbt habe, wie den seinen, er ihn doch zerbrechen würde. Und mit einemmale wendete er sich wütend zu meiner Mutter, die schweigend und gelangweilt da saß, und sagte: ›Ei, gib ihr also ihren Attilio, damit sie uns in Frieden läßt.‹ O, wie froh bin ich, wie froh bin ich!«
Ihr lilienreines Madonnengesicht drückte eine so unschuldige und himmlische Freude aus, daß Pierre und Benedetta lachen mußten. Endlich entfernte sie sich in Begleitung der Kammerfrau, die im ersten Salon auf sie wartete.
Als Benedetta mit dem Priester allein war, hieß sie ihn, sich wieder niedersetzen.
»Lieber Freund, man hat mich beauftragt, Ihnen einen dringenden Rat zu erteilen ... Wie es scheint, verbreitet sich das Gerücht von Ihrer Anwesenheit in Rom, und bringt man die beunruhigendsten Geschichten über Sie in Umlauf. Ihr Buch soll ein feuriger Aufruf zum Schisma, Sie selbst sollen nichts als ein ehrgeiziger und lärmender Schismatiker sein, der, nachdem sein Werk in Paris veröffentlicht worden, sich beeilt hatte, nach Rom zu kommen, um es durch Entfesselung eines ganzen schrecklichen Skandals zu lanciren ... Wenn Sie noch immer ein Gewicht darauf legen, Seine Heiligkeit zu sehen, um sich zu verteidigen, so gibt man Ihnen den Rat, sich in Vergessenheit zu bringen, zwei bis drei Wochen vollständig zu verschwinden.«
Pierre hörte verblüfft zu. Ei, wenn man ihn, wie um seine Geduld zu erschöpfen, so von Schlappe zu Schlappe führte, dann würde man ihn ja zuletzt wirklich wütend machen, dann würde man ihn wirklich auf den Gedanken an das Schisma, an einen richtenden und befreienden Skandal bringen! Er wollte widersprechen, protestiren. Dann aber machte er eine Geberde der Erschöpfung. Wozu denn das in Gegenwart dieser jungen Frau, die doch gewiß aufrichtig und gutgesinnt war?
»Wer hat Sie ersucht, mir diesen Rat zu geben?«
Sie antwortete nicht, sondern begnügte sich zu lächeln. Ihm ging eine plötzliche Ahnung auf.
»Monsignore Nani, nicht wahr?«
Nun begann sie, ohne offen darauf antworten zu wollen, gerührt das Lob des Prälaten zu singen. Er willigte jetzt ein, sie in dem endlosem Prozeß behufs Annullirung ihrer Ehe zu leiten und hatte lange mit ihrer Tante, Donna Serafina, darüber beratschlagt; diese hatte sich eben in den Palast des S. Offizio begeben, um ihm über gewisse Schritte, die zuerst eingeleitet worden waren, Bericht zu erstatten. Auch Pater Lorenzo, der Beichtvater von Tante und Nichte, sollte der Unterredung beiwohnen, denn der Gedanke an die Scheidung war im Grunde sein Werk; er hatte die beiden Frauen immer dazu angetrieben,
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