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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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aus der geringen gehenden Hand in die erhabene empfangende Hand gelangt. Abgesehen davon, müßte eine solche freiwillig von der Herde an den Hirten entrichtete Steuer für den Unterhalt der Kirche genügen, wenn jeder der zweimalhundertundfünfzig Millionen Christen bloß seinen Heller wöchentlich gäbe. Derart würde der Papst allen, jedem einzelnen seiner Kinder und daher niemand verpflichtet sein. Ein Pfennig ist so wenig und so bequem, so rührend! Leider ging die Sache ganz anders zu. Der größte Teil der Katholiken gab gar nichts; reiche Leute schickten große Summen aus politischer Leidenschaft, und vor allem wurden die Opfergaben in den Händen der Bischöfe und gewisser Kongregationen zentralisirt, so daß diese Bischöfe, diese mächtigen Kongregationen als die wirklichen Geber erschienen und daher offen die Wohlthäter des Papsttums, die unentbehrlichen Kassen wurde«, aus denen es sein Leben schöpfte. Die Armen und Einfältigen, deren Scherflein den Opferstock füllten, wurden gleichsam beiseite gedrückt; der Papst hing von den Vermittlern, von hohen weltlichen oder geistlichen Herren ab und war daher gezwungen, sie mit Rücksicht zu behandeln, ihre Vorstellungen anzuhören, manchmal sogar ihren Leidenschaften zu gehorchen, wenn er die Gaben nicht versiegen sehen wollte. Trotzdem er also von dem toten Gewicht der weltlichen Macht befreit war, war er doch nicht frei; er war von seinem Klerus abhängig und mußte allzu viele Interessen und Begierden in Anschlag bringen, als daß er der stolze, lautere, rein geistige Herr hatte sein können, der Herr, der im Stande gewesen wäre, die Welt zu retten. Und Pierre erinnerte sich an die Grotte von Lourdes in den Gärten, an die Fahne von Lourdes, die er eben gesehen hatte; er wußte auch, daß die heiligen Vater von Lourdes jedes Jahr den Betrag von zweimalhunderttausend Franken von den Einnahmen ihrer Jungfrau abzogen, um sie dem heiligen Vater zum Geschenke zu schicken. Lag darin nicht der Hauptgrund ihrer Allmacht? Er erbebte und war sich plötzlich bewußt, daß er trotz seiner Anwesenheit in Rom, trotz der Stütze des Kardinals Bergerot geschlagen, daß sein Buch verdammt werden würde.
    Zuletzt, als er hinter dem Gedränge der Pilger auf den Platz vor St. Peter trat, hörte er, wie Narcisse fragte:
    »Also glauben Sie wirklich, daß die Geschenke heute diesen Betrag überschritten haben?«
    »O, ich bin ganz überzeugt. Es sind mehr als drei Millionen,« antwortete Monsignore Nani.
    Alle drei blieben einen Augenblick unter der rechten Kolonnade stehen und betrachteten den ungeheuren, sonnebeschienenen Platz, wo sich die dreitausend Pilger wie kleine, schwarze Flecken ausbreiteten. Die aufgeregte Menge sah wie ein in Revolution befindlicher Ameisenhaufen aus.
    Drei Millionen! Diese Zahl klang Pierre in den Ohren. Er hob den Kopf und sah die von der Sonne ganz vergoldeten, in das unendliche Himmelsblau ragenden Fassaden des Vatikans auf der andern Seite des Platzes an, als wolle er durch die Mauern hindurch Leo XIII. folgen, wie er durch die Galerien und durch die Säle in sein Gemach zurückkehrte, dessen Fenster er da oben erblickte. Im Geiste sah er, wie er sich mit den drei Millionen belud, sie mit sich trug, mit den gebrechlichen Armen an die Brust drückte: Alles, das Gold, das Silber, die Banknoten, bis zu den Juwelen, die die Frauen hingeworfen hatten. Und auf einmal sprach er unbewußt ganz laut.
    »Was wird er denn mit diesen vielen Millionen machen? Wohin geht er damit?«
    Narcisse und sogar Monsignore Nani vermochten ihre Belustigung über diese derart zum Ausdruck kommende Neugierde nicht zu unterdrücken. Doch nur der junge Mann antwortete:
    »Seine Heiligkeit nimmt sie in sein Zimmer mit oder läßt sie wenigstens vor sich her tragen. Sahen Sie denn nicht, wie zwei Personen aus dem Gefolge alles aufhoben, alle Taschen und Hände voll hatten? Und jetzt hat sich Seine Heiligkeit ganz allein eingeschlossen; er hat das Gefolge verabschiedet und sorgfältig die Riegel an den Thüren vorgeschoben. Wenn Sie ihn nun hinter diesen Mauern erblicken konnten, so würden Sie sehen, wie er seinen Schatz mit glücklicher Sorgfalt zählt und wieder zählt, die Goldrollen in Ordnung bringt, die Banknoten in kleinen gleichen Päckchen in Couverts steckt und zuletzt alles in geheimen Fächern, die nur ihm allein bekannt sind, ordnet und verschwinden laßt.«
    Während Narcisse sprach, hatte Pierre abermals die Augen zu den Fenstern des Papstes aufgeschlagen,

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