Rom - Band III
Augen an, deren geistvoller Ausdruck die Helle und Schärfe des Stahles besaß. In die große Stille, in die schwere, heiße Luft des kleinen Saales, dessen Spiegel die zahllosen Kerzen widerstrahlten, fuhren plötzlich lautere Klänge des Orchesters. Langsame, wiegende Walzertöne erklangen und erstarben wieder.
»Mein lieber Sohn, der Zorn ist immer etwas Böses ... Erinnern Sie sich, daß ich Ihnen gleich nach Ihrer Ankunft versprochen habe, meinerseits einen Versuch zu machen, sobald Sie sich vergeblich bemüht hätten, vom heiligen Vater empfangen zu werden? Hören Sie mich an, ereifern Sie sich nicht,« fuhr er fort, als er sah, daß der junge Priester in Aufregung geriet ... »Seine Heiligkeit wird leider nicht immer klug beraten. Er hat Personen um sich, deren Ergebenheit es manchmal an der wünschenswerten Verständigkeit mangelt. Ich habe Ihnen das bereits einmal gesagt, ich habe Sie vor unbedachten Schritten gewarnt ... Daher trug ich, bereits vor drei Wochen, dafür Sorge, Ihr Buch dem heiligen Vater selbst zu übergeben, damit er geruhe, einen Blick darauf zu werfen. Ich ahnte, daß man es nicht bis zu ihm hatte gelangen lassen. Und nun ward ich beauftragt, Ihnen folgendes zu sagen: Seine Heiligkeit haben die außerordentliche Güte gehabt, Ihr Buch zu lesen und nun den förmlichen Wunsch ausgesprochen, Sie zu sehen.«
Ein Aufschrei der Freude und des Dankes erstickte in Pierres Kehle.
»Ach, Monsignore, Monsignore!«
Aber Nani hieß ihn lebhaft schweigen und blickte sich mit außerordentlich unruhiger Miene um, als fürchte er, daß man sie hören könne.
»Still, still, das ist ein Geheimnis! Seine Heiligkeit wünscht Sie ganz privatim zu empfangen, ohne jemand ins Vertrauen zu ziehen ... Hören Sie mich wohl an. Es ist zwei Uhr morgens, nicht wahr? Noch heute, Punkt neun Uhr abends, werden Sie im Vatikan erscheinen und bei allen Thüren nach Herrn Squadra fragen. Ueberall wird man Sie passiren lassen. Oben wird Herr Squadra Sie erwarten und einführen ... Aber kein Wort davon! Daß ja keine Seele etwas von diesen Dingen ahnt!«
Das Glück, die Dankbarkeit Pierres strömten endlich über und er ergriff die weichen, fetten Hände des Prälaten.
»Ach, Monsignore, wie soll ich Ihnen meine ganze Dankbarkeit ausdrücken? Wenn Sie wüßten – in meiner Seele war Nacht und Empörung, seit ich mich als das Spielzeug dieser mächtigen Eminenzen fühlte, die sich über mich lustig machten! ... Aber Sie retten mich; ich bin von neuem siegesgewiß, da ich mich endlich zu den Füßen Seiner Heiligkeit, des Vaters aller Wahrheit und aller Gerechtigkeit, werfen kann. Er muß mich lossprechen – mich, der ihn liebt, der ihn bewundert, der überzeugt ist, nie für etwas anderes als für seine Politik, seine liebsten Gedanken gekämpft zu haben ... Nein, nein, es ist unmöglich! Er wird nicht unterzeichnen, er wird mein Buch nicht verdammen!«
Nani, der seine Hände freigemacht hatte, bemühte sich, ihn mit einer väterlichen Geberde zu beruhigen; dabei wich ein leichtes, verächtliches Lächeln über eine so unnütze Verschwendung von Begeisterung nicht von seinen Lippen. Es gelang ihm, den Priester zu besänftigen und er beschwor ihn, sich zu entfernen. In der Ferne hatte das Orchester wieder zu spielen begonnen. Dann, als der Priester sich entfernte, indem er ihm nochmals dankte, sagte er einfach:
»Mein lieber Sohn, erinnern Sie sich, daß nur der Gehorsam etwas Großes ist.«
Pierre, der jetzt nur noch ans Fortgehen dachte, fand Prada fast sofort im Waffensaal wieder. Ihre Majestäten hatten den Ball soeben in feierlichem Gepränge, von den Buongiovannis und den Saccos begleitet, verlassen. Die Königin hatte Celia mütterlich umarmt, während der König Attilio die Hand drückte – Ehren, über die beiden Familien strahlten. Aber viele Gäste folgten dem Beispiel der Herrscher und entfernten sich in kleinen Gruppen. Auch der Graf, der, seltsam entnervt, noch grimmiger und bitterer geworden zu sein schien, war ungeduldig.
»Endlich! Ich habe auf Sie gewartet. Nun, machen wir, daß wir fortkommen, nicht wahr? ... Ihr Landsmann, Herr Narcisse Habert, bat mich, Ihnen zu sagen, daß Sie ihn nicht suchen mögen. Er ist hinunter, um meine Freundin Lisbeth zum Wagen zu begleiten ... Ich brauche entschieden Luft. Ich will einen Gang machen; ich gehe mit Ihnen bis in die Via Giulia.«
Dann, als beide ihre Kleider in der Garderobe an sich nahmen, konnte er nicht umhin, höhnisch zu lachen, indem er mit seiner
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