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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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dieser kleinen Tische bemerkte Pierre Narcisse, der neben einer jungen Frau saß, und Prada trat näher, als er Lisbeth erkannte.
    »Sie sehen, Sie finden mich in guter Gesellschaft wieder,« sagte der Botschaftsattaché galant. »Nachdem Sie mich verloren hatten, hatte ich nichts Besseres zu thun, als der gnädigen Frau den Arm zu reichen, um sie hierher zu führen.«
    »Es war eine gute Idee, um so mehr als ich großen Durst hatte«, meinte Lisbeth mit ihrem hübschen Lachen.
    Sie hatten sich Eiskaffee geben lassen und aßen ihn langsam, mit Hilfe von kleinen Vermeillöffeln.
    »Ich sterbe auch vor Durst, und kann ihn gar nicht löschen,« erklärte der Graf. – »Sie laden uns doch ein, lieber Herr Habert, nicht wahr? Dieser Kaffe wird mich vielleicht etwas beruhigen. – Ah, liebe Freundin, gestatten Sie mir, Ihnen den Herrn Abbé Froment, einen der hervorragendsten jungen französischen Priester, vorzustellen.«
    Alle vier blieben lange Zeit so sitzen; sie plauderten und machten sich über die vorüberziehenden Gäste ein wenig lustig. Aber Prada blieb trotz seiner gewöhnlichen Galanterie gegen seine Freundin nachdenklich; zeitweise vergaß er sie, gab sich wieder seinem Weh hin und seine Augen kehrten wider Willen zu der Nebengalerie zurück, aus der das Geräusch der Musik und des Tanzes zu ihm herüberdrang.
    »Nun, lieber Freund, woran denken Sie denn?« fragte Lisbeth liebenswürdig, als sie ihn einen Augenblick so blaß, so verloren dasitzen sah. »Sind Sie unwohl?«
    Er antwortete nicht, sondern sagte plötzlich:
    »Seht ihr, das ist das echte Liebespaar – das ist die Liebe und das Glück!«
    Und er deutete leicht auf die Marquise Montefiori, die Mutter Darios, und ihren zweiten Gatten, diesen Jules Laporte, diesen ehemaligen Sergeanten der Schweizer Garde, der fünfzehn Jahre jünger als sie war, den sie sich mit ihren immer noch prächtigen Flammenaugen auf dem Corso geangelt, aus dem sie triumphirend einen Marquis Montefiori gemacht hatte, um ihn ganz zu besitzen. Es machte sie so glücklich, den schönen Mann, auf den sie stolz war, zu zeigen, daß sie ihn auf Bällen und Soireen nicht losließ, der Sitte entgegen an seinem Arm hängen blieb und sich von ihm ans Buffet führen ließ. Nun tranken beide stehend Champagner und aßen Sandwichs – sie, trotzdem sie die Fünfzig hinter sich hatte, noch von außerordentlicher, massiver Schönheit, er, mit seinem flatternden Schnurrbart von stolzem Anstand – ein glücklicher Abenteurer, dessen fröhliche Brutalität den Damen gefiel.
    »Sie wissen, sie hat ihn aus einer häßlichen Geschichte ziehen müssen,« fuhr der Graf fort. »Ja, er brachte Reliquien unter, schlug sich kümmerlich durch, indem er für die französischen und Schweizer Klöster den Makler machte, und hatte ein ganzes Geschäft mit falschen Reliquien in Gang gebracht. Hiesige Juden fabrizirten kleine, altertümliche Reliquienschreine mit Stücken von Hammelknochen, alles mit dem Siegel und der Unterschrift der glaubwürdigsten Autoritäten. Man hatte diese Geschichte, in der sich auch drei Prälaten bloßgestellt hatten, vertuscht ... Ah, der Glückliche! Seht doch, wie sie ihn mit den Augen verschlingt! Und er, sieht er nicht wie ein richtiger Grandseigneur aus, wie er den Teller hält, von dem sie ein Stück Geflügelbrust ißt!«
    Dann fuhr er mit dumpfer, grimmiger Ironie fort, von den römischen Liebschaften zu erzählen. Die römischen Frauen waren unwissend, störrisch und eifersüchtig. Wenn eine Frau einen Mann erobert hatte, behielt sie ihn das ganze Leben; er wurde ihr Gut, ihre Sache, über die sie zu jeder Stunde nach Gefallen verfügte. Er führte endlose Liebesverhältnisse an – unter anderen das Donna Serafinas und Moranos – die wirkliche Ehen geworden waren, und spöttelte über diesen Mangel an Phantasie, über diese vollständige und allzu schwerfällige Hingabe, diese spießbürgerlich machenden Küsse, die nur inmitten der unangenehmsten Katastrophen enden konnten, wenn sie überhaupt je endeten.
    »Aber was haben Sie denn, was haben Sie denn, lieber Freund?« rief Lisbeth abermals lachend. »Was Sie uns da erzählen, ist ja im Gegenteil sehr reizend! Wenn man liebt, muß man sich immer lieben.«
    Sie sah mit ihrem feinen, duftigen blonden Haar, in ihrer zarten, blonden Nacktheit köstlich aus und Narcisse verglich sie schmachtend, mit halbgeschlossenen Augen, mit einer Figur Botticellis, die er in Florenz gesehen. Die Nacht rückte vor und Pierre war wieder

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