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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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der Päpste, die nach dem Trienter Konzil, als die Gläubigkeit in voller Unversehrtheit wieder eingesetzt, die Kirche durch ihren Stolz, ihre Intransigenz, ihr Beharren an dem vollständigen Respektiren der Dogmen gerettet war, in unumschränktem Glauben regierten? Oder jenem Papste zur Zeit des Verfalles des Papsttums, da es nicht mehr als ein den Prunk der großen europäischen Monarchie regelnder Zeremonienmeister gewesen – jenem Benedikt XVI., dem unermeßlichen Geiste, dem tiefen Theologen, der, nachdem seine Hände gebunden waren und nicht mehr über die Königreiche dieser Welt verfügen konnten, sein schönes Leben mit dem Regeln der himmlischen Dinge verbracht hatte? Und so rollte sich die Geschichte dieses Papsttums, die wundersamste Geschichte, die es gibt, vor ihm auf: es hatte alle Wechselfälle des Glückes gekannt, die niedrigsten, die elendsten, wie die höchsten, die blendendsten; es besaß einen hartnäckigen Willen zum Leben, der es trotz allem, inmitten der Brände, Gemetzel und Zusammenbrüche der Völker am Leben erhalten hatte; es stand in der Person seiner Päpste stets streitbar und aufrecht da. Sie waren das seltsamste Geschlecht unumschränkter, erobernder und gebietender Herrscher, das es je gegeben. Alle, selbst die Gebrechlichen und Schwachen waren die Herren der Welt, alle strahlten in dem unvergänglichen Ruhm des Himmels, wenn man sie so in diesem uralten Vatikan heraufbeschwor, wo ihre Schatten des Nachts sicherlich erwachten und inmitten dieser Grabesstille, deren Schauer von dem leichten Streifen ihrer Füße über die Marmorfliesen herkommen mußte, durch die endlosen Gänge, die ungeheuren Säle strichen.
    Aber jetzt sagte sich Pierre, daß er den großen Papst, der Leo XIII. sein wollte, gar wohl kenne. Das war, ganz zu Anfang der katholischen Macht, Gregor der Große, der Eroberer und Organisator. Dieser war aus altem römischen Geschlecht und etwas von dem alten Kaiserblut pochte in seinem Herzen. Er verwaltete das vor den Barbaren gerettete Rom, ließ die geistlichen Domänen bestellen und teilte die Güter der Erde ein: ein Teil den Armen, ein Teil dem Klerus, ein Teil der Kirche. Dann war er der Erste, der die Propaganda schuf; er schickte seine Priester aus, die Nationen zu zivilisiren und zu pacificiren, und dehnte die Eroberung bis auf die Unterwerfung Großbritanniens unter das göttliche Gesetz Christi aus. Das war auch nach einem ungeheuren Zwischenraum von Jahrhunderten Sixtus V., der Finanzmann und Politiker, der Gärtnerssohn, der sich unter der Tiara als einer der umfassendsten und geschmeidigsten Geister einer an seinen Diplomaten fruchtbaren Zeit offenbarte. Er sammelte Schätze und war hart und geizig, um als Herr zu regieren, der in seinen Truhen stets das zum Krieg und zum Frieden notwendige Gold liegen hat. Er brachte Jahre in Unterhandlungen mit den Königen zu, er verzweifelte niemals am Siege. Ebensowenig wiedersetzte er sich seiner Zeit; er nahm sie hin, wie sie war, suchte sie dann zu Gunsten der Interessen des heiligen Stuhles abzuändern, war konziliant für alles und gegen alle und träumte bereits von einem europäischen Gleichgewicht, dessen Mittelpunkt und Herr er zu werden gedachte. Dabei war er ein sehr heiliger Papst, ein feuriger Mystiker, aber ein Papst, der der absoluteste, unumschränkteste Geist, zugleich ein zum Handeln entschlossener Staatsmann war, um das Reich Gottes auf dieser Erde zu sichern.
    Aber in der Begeisterung, die wider seine Absicht, ruhig zu bleiben, wieder in ihm aufstieg und alle Klugheit und allen Zweifel wegfegte, fragte sich Pierre übrigens, warum er derart die Vergangenheit prüfte? War denn der wahre Leo XIII. nicht der seines Buches – der große Papst, der sich ihm offenbart, den er seinem Herzen nach geschildert, so wie die Herzen ihn ersehnten und erwarteten? Zweifellos war es nicht ein streng ähnliches Porträt, aber in seinen großen Linien mußte es wahr sein, damit die Menschheit nicht an ihrer Rettung verzweifle. Und ganze Seiten seines Buches stiegen, flammten vor seinen Augen auf; er sah seinen Leo XIII. wieder vor sich, den weisen Staatsmann, den Vermittler, der an der Einheit der Kirche arbeitete und sie für den nahen Tag des unvermeidlichen Kampfes stark und unbesiegbar machen wollte. Er sah ihn vor sich, befreit von den Sorgen der weltlichen Herrschaft, gewachsen, geläutert, strahlend in moralischer Pracht, die einzige über den Nationen aufrecht stehende Autorität; denn er hatte die

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